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  • Assarbad

mehr als 1000 Beiträge seit 16.09.2001

"Gut ist, wenn sie sich mit globalen Interessen decken"

Da wird lang und breit lamentiert, daß es nicht einmal innerhalb der
EU möglich ist die (Außen-)Politik auf einen (größeren) gemeinsamen
Nenner zu bringen, und dann spricht der Autor hier von "globalen
Interessen". Schade, daß die "globalen Interessen" sich nach dieser
Lesart gar nicht von "westlichen Interessen" unterscheiden. Selbst
"westliche Interessen" beschränken sich nur noch auf einen nominellen
kleinsten Nenner (Demokratie, Freiheit, Christentum).
Nominell deshalb, weil die Missionierung des Irak und der vorherige
Kreuzzug kaum etwas mit dem heutigen Verständnis von Christentum zu
tun haben. Selbst der Vatikan sieht Bushs Anwandlungen, mit der
Rechtfertigung von "Gott gesandt" (i.e. in Gottes Auftrag zu handeln)
zu sein, mit wachsendem Unbehagen. Dabei galt doch gerade der Vatikan
"im Westen" immer als moralische Instanz ... die nun von
Gotteskrieger Bush und seinem Gefolge abgelöst wird.

Das "Empire" behauptet Demokratie zu bringen und schafft es
nichteinmal einen Präsidenten demokratisch (im Ursinn!) zu wählen.
Spätestens nach dem Scheitern des Wahlmannsystems auf so gloriose Art
und Weise, hätte eine echte Demokratie eine Wiederholung der Wahlen
schon zur Wahrung des "demokratischen Gesichts" durchgeführt. Nicht
so in den USA: der Kandidat mit mehr als einer halben Million weniger
Stimmen bekommt das (Kriegs-)Feld überlassen ...

Naja und Freiheit kann man sich auch schenken, wenn Demokratie sich
über Rede-/Meinungsfreiheit zu definieren behauptet, auf der anderen
Seite aber eben jene Meinungen (nämlich die des Volkes = demos)
lapidar ignoriert. Und ich gehe davon aus, die zerfetzten Toten,
Krüppel usw aus Afghanistan- und Irakkrieg haben nicht viel von der
neu gewonnenen Freiheit. Schön auch, daß wir (i.e. "der Westen")
Freiheit so großzügig verteilen, während (unsere) bürgerliche
Freiheiten seit 9/11 stetig abgebaut werden ...

Christentum, nun etwa 1000 Jahre nach den ersten Kreuzzügen (üblicher
Geschichtsrechnung) sollte man aus der Geschichte wohl gelernt haben.
Zumal mindestens Juden, Moslems und Christen sowieso den gleichen
Gott anbeten ... obwohl ich mir bei den "amerikanischen Christen" da
nicht mehr so sicher bin.
[Vielleicht sollte ich hinzufügen, daß ich Atheist bin. Ich glaube
also nichtmal an eine "höhere Macht".]

Zuguterletzt sei dem Autor mal empfohlen Emmanuel Todd's (fast
brandneues) Buch "Weltmacht USA - Ein Nachruf" zu lesen, statt sich
allein in (US-)amerikanischen Quellen zu informieren und daraus
Schlüsse ziehen zu wollen.
(Erschienen 2003 bei Piper: ISBN 3-492-04535-9)

Gruß,

Oliver
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