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133 Beiträge seit 29.01.2003

einige Korrekturen

sascha brossmann schrieb am 11. September 2003 12:47

> Andersdenkender schrieb am 11. September 2003 11:14
> > (einen haufen faschistoide gewalt verherrlichenden mist)
>
> > Pinoschets Regierung war zwar totalitär, seine IDeologie und
> > Wirtschaftspolitik war es aber nicht, sondern von Liberalökonomen
> > praktiziert, die zuvor an der Uni Chicago studiert hatten.
>
> und was war das ergebnis? die mär von den chicago boys die sich dort
> angeblich erfolgreich zum handlanger eines massenmörders gemacht
> haben ist lustigerweise erst vor kurzem auf spiegel online gründlich
> demontiert worden:
> http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,264362,00.html
>
> <zitat>
> Bei aller Erfolgsrhetorik wirkt die Bilanz der Chicago Boys im
> Rückblick eher enttäuschend: Das durchschnittliche Wachstum zwischen
> 1973 und 1990 lag bei mageren 2,9 Prozent - nicht besser als der
> weltweite Durchschnitt. Damit nicht genug: Der Durchschnittslohn sank
> während der Pinochet-Ära, und der Anteil der Bevölkerung unter der
> Armutsgrenze stieg dramatisch von 20 auf 44 Prozent.
>
> "Unter der Demokratie haben wir bessere Resultate geschafft", sagt
> Ricardo Ffrench-Davis, ehemaliger Chef-Volkswirt der chilenischen
> Zentralbank und heute Berater der Uno-Kommission für Lateinamerika
> (ECLAC). In den goldenen Jahren von 1990 bis 1997 wuchs die
> chilenische Wirtschaft um durchschnittlich sieben Prozent. Dann kam
> die Asienkrise, seither hat sich das Wachstum auf durchschnittlich
> zweieinhalb Prozent verlangsamt - was aber immer noch doppelt so hoch
> ist wie der Rest Lateinamerikas.
> </zitat>
>
> > So ist es, dass es Chile heute gut geht im Gegensatz zu anderen.
>
> eine positive ökonomische entwicklung chiles setzte erst nach dem
> ende der pinochet-diktatur ein. und zwar mit der rücknahme einiger
> der 'reformen' unter pinochet.
>
Hier muss ich mich aber mal einhaken. Man merkt ganz klar, dass der
Spiegel-Artikel eben nur von einem Spiegel-Journalisten, und nicht
von einem Ökonomen publiziert wurden. Das die Reformen unter Milton
Friedman und Co. eine gewisse Langzeitwirkung hatten, weiss jeder
VWL-Student, der nur eine Vorlesung in International Economics
besucht hat. Ausnutzung komparativer Vorteile bedeutet massive
Spezialisierung unter gleichzeitiger Freisetzung immobiler
Produktionsfaktoren (v.a. Arbeitskräfte). Die Anpassungsprozesse sind
langwierig und dauern oft eine ganze Generation (wer nicht bereit
oder fähig ist, umzulernen, wartet bis zur Pensionierung in der
Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfe). Der Spiegel-Autor hat in seinem
Artikel nicht dargelegt, woher die Verbesserung der chilenischen
Ökonomie stammte. Die Koinzidenz mit den Reformen unter Lagos können
genau so gut zufällig sein. So etwas empirisch nachzuweisen
unterscheidet eben Wissenschaft von unbedarftem Vulgärjournalismus in
ökonomischen Fragen.
Ich will mich damit keinesfalls als Anhänger der Neoklassik outen,
deren Reformansätze sind wirklich unmenschlich. Nur, auf die lange
Sicht der Dinge sind die Sachen eben erfolgreich. Chile hat heute ein
paar recht erfolgreiche Exportindustrien, von denen der Rest
Südamerikas nur träumen kann. Dass die Verteilung zwischen Arm und
Reich nach wie vor unsäglich ist, steht auf einem anderen Blatt, ist
aber primär keine Frage der Allokation, sondern der Distribution und
damit unabhängig von dem zugrundeliegenden Wirtschaftssystem.

> > Wo aber wäre Chile heute unter Allende?

Der gute Allende hat ein wirtschaftliches Programm am Start gehabt,
dass Chile langfristig sicher nicht gut bekommen wäre. Was in
protektionistisch geführten Ländern heute los ist, kann man sehr gut
an Chiles Nachbarstaaten ablesen, die mit ihren Altlasten zu kämpfen
haben.


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