Die Welt der Diplomatie wirkt oft recht eigenartig auf den normalen Bürger, und wird oft auch mit Höflichkeit verwechselt. Letztlich sind die diplomatischen Umgangsformen lauter Signale, die der Diplomat benutzt, um über den Zustand der Beziehungen zu informieren, bzw. sich zu informieren.
***
Eine Provokation zielt laut Wikipedia darauf ab, eine Handlung oder Reaktion hervorzurufen.
In der Welt der Diplomatie ist eine Provokation darüber hinaus ein starkes Signal.
Der Besuch von Nancy Pelosi auf Taiwan war z.B. eine gewollte Provokation. Ein Fingerzeig (Mittelfinger) in Richtung China, der die Ein China Politik zwar nicht offiziell in Frage stellt, aber auf Empfindlichkeiten Chinas ganz bewußt keine Rücksicht nimmt.
Bei solchen Aktionen ist die Frage, warum die USA das machen angebracht. Denn zuallererst ist es eine Handlung der USA, bzw. eine Handlung einer ranghohen Politikerin der USA.
Wer sich der "Frage" widmet, ob die USA das Recht dazu haben, hat das entscheidende Moment verpasst. Genau genommen ist das ja auch keine Frage, sondern das entschiedene Pochen darauf, dass man sich das natürlich herausnehmen kann. Kurz: man ergreift Partei, weiß aber eigentlich gar nicht wofür. Das bekommt man heraus, wenn man sich fragt, warum die USA so verfahren.
Eine andere Provokation war die dummdreiste Antwort von Stoltenberg, die NATO würde auch künftig "eine Politik der offenen Tür" verfolgen. Da kam es dem Mann schon auch darauf an, möglichst arrogant und herablassend und in der Sache falsch (die NATO hat nie eine Politik der offenen Tür verfolgt) Russland Bescheid zu geben, dass das Anliegen nicht einmal einer ernsthaften Befassung wert sei.
In der Welt der Diplomatie ist das eine sehr ernste Angelegenheit, wenn man einem anderen Staat derart den Respekt verweigert.
Der Sache nach, war das nicht nur eine komplette Absage an Russlands Sicherheitsinteressen, sondern auch die Ankündigung, Russland gar nicht erst ernst zu nehmen, also die Aufkündigung des normalen Umgangs. Die bewusst schnoddrige Art ist hier das diplomatische Signal. Und auch in Moskau verstanden worden. In der Welt der Diplomatie ist das eine Feindschaftserklärung.
Eine Bedrohung ist das insofern, als dass der Stand der Beziehung eben auf ein Niveau von Feindschaft herabgestuft wird. Vergleichbar mit dem "unfreundlichen Ausland" als Kategorie.
Noch keine Kriegserklärung, aber auch nicht weit entfernt davon.
Insofern ist die Idee von Sachs, Russland hätte andere Möglichkeiten gehabt angesichts des diplomatischen Umgangs unrealistisch.