Ansicht umschalten
Avatar von cdonat
  • cdonat

mehr als 1000 Beiträge seit 21.10.2002

Türkei und EU

EitelSonnenschein schrieb am 16. Dezember 2002 10:21

> 1. Die Türkei muß die Ernsthaftigkeit der demokratischen
> Veränderungen erst einmal unter Beweis stellen.

Die sind zimlich alt. Die Türkei ist sein Attatürk ein laizistischer
Staat mit einer grundsätzlich demokratischen Ordnung. Der Begin der
Beitrittsverhandlungen wurde ja auch so weit hinausgezögert, um der
Türkei die Möglichkeit zu geben, die bestehenden Defizite
abzuarbeiten. 

> Nicht ein oder zwei
> Jahre, sondern mehrere Jahrzehnte. Deutschland mußte sich nach dem
> zweiten Weltkrieg auch erstmal beweisen;

Die Türkei hat das aber schon länger bewiesen als es Deutschland
musste, bevor es die Montanunion mit gründen durfte.

> die Türkei hat zwar keinen
> Weltkrieg geführt,

Doch. Zumindest im ersten waren sie fleissig mit dabei. Da haben sie
sich auch nicht wirklich handzahm verhalten. Du könntest dich darüber
einmal mit einem Armenier unterhalten.

> befand sich politisch bislang aber im Mittelalter,

Unfug - siehe oben.

> Menschenrechte wurden wenig beachtet.

Das ist eines, das größte, der Defizite. Es ist hier auch schon
vieles geschehen. Darum hegt man in der EU jetzt die Hoffnung, dass
es bald funktionieren kann. Wäre dieses Problem nicht so gross, dann
wäre die Türkei wahrscheinlich schon längst EU Mitglied.

> 2. Abgesehen davon ist es ohnehin fraglich, ob das Land in die EU
> gehört. Vom geografischen und kulturellen Standpunkt aus gesehen.

Die Türkei ist in der Region die einzige laizistische Demokratie nach
europäischem Vorbild. Während bei uns über Lehrerinen mit Kopftüchern
und Kruzifixen in Klassenzimmern diskutiert wird, ist türkischen
Lehrerinen das Kopftuch schon seit langem verboten, damit das
staatliche Bildungssystem eben die laizistische Ausrichtung des
Staates abbildet. Wo siehst du kulturelle Probleme bei der
Integration der Türkei? Geographisches sollte in politischen Fragen
keine Rolle spielen. Es ist kein Problem die Europäische Union in
eine Eurasische Union umzubenennen, falls das deinen geographischen
Bedenken Rechnung trägt. Namen sind Schall und Rauch.

> 3. Die Gründe, weshalb die Türkei auf den EU-Beitritt drängt,
> scheinen die milliardenschweren Subventionen zu sein.

Na und? Was spricht dagegen, diesen Markt zu bestellen. Jeder Bauer
investiert zuerst in seinen Acker, bevor dort etwas verwertbares
wächst, wovon er langfristig profitiert. Sehe die Miliarden, die
jetzt erst in die neuen EU Staaten, später dann in weitere
Erweiterungen fliesst einfach als Investition mit begründeter
Hoffnung auf zukünftige Gewinne.

> 4. Der Grund, weshalb die EU erwägt, die Türkei aufzunehmen, scheint
> der Druck der USA zu sein.

Unfug. Der Beitritt der Türkei zur EU ist schon viel länger in der
Diskussion. Die US-Regierung hat sich jetzt plötzlich eingemischt, in
der Hoffnung, eine europäische Trotzreaktion auszulösen. Langfristig
kann die USA kein Interesse an einer starken und großen EU haben.
Schliesslich ist die EU z.Z. der einzige ernstzunehmende Konkurrent
auf den Weltmärkten. Ein Beitritt der Türkei wäre eine langfristige
Stärkung, sowohl ökonomisch und noch viel mehr militärisch. Eine
militärisch ebenbürtige Macht ist aber genau das, was die USA am
meisten fürchten. Auch könnte eine starke EU ein politischer Faktor
werden, der den USA ernsthaft paroli bieten könnte.

> Der Beitritt nur
> der USA, militärisch, die ihre Machtpolitik so einfacher
> weitertreiben zu können und weniger auf Saudi-Arabien angewiesen
> sind.

Genau das ist der Punkt. Durch einen Beitritt zur EU wäre der
Einfluss auf die türkische Militärmacht stärker von Washington nach
Brüssel gerückt. Der Einfluss der USA sinkt dabei.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten