logiko schrieb am 12.03.2022 23:33:
Adorno hat in der Dialektik der Aufklärung das Wort „Neger“ benutzt. Insofern wäre es lächerlich, ihn in die Ecke der Neulinken zu stecken, die Sprachvorschriften über den Klassenkampf stellen
Hm ... dazu:
"Dialektik der Aufklärung ist eine im Untertitel als Philosophische Fragmente bezeichnete Sammlung von Essays von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno aus dem Jahr 1944 und gilt als eines der grundlegenden und meistrezipierten Werke der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule. Wikipedia"
Bis weit in die 60er gab es im deutschen Sprachraum keine Berührungsängste mit dem Wort Neger, gerade in intellektuellen Kreisen war der Wortursprung aus dem Lateinischen bekannt, Lateinisch "nigreos" = "schwarz". Die Schriften stammten aus dem Jahr 1944, also noch weit vor dem Zeitpunkt, als selbst die "Schwarzen, People of Color, Farbigen, etc." dieses Wort als ein Problem ansahen. Daher glaube ich nicht, das man die heutigen, damit verbundenen Assoziationen auf Werke aus dieser Zeit für die Einsortierung der Autoren sinnvoll nutzen kann, wenn man das unberücksichtigt lässt.
Dem Mittelteil stimme ich durchaus zu. Eine Frauen-Quote in DAX-Vorständen hat für die Emanzipation der LIDL-Kassierein, sicher keinen relevanten Effekt - vielleicht sogar im Gegenteil. Auch das die USA mal nen "farbigen" US-Präsidenten hatte, hat für das tägliche Leben der meisten "People of Color" kaum bis gar keinen Effekt gehabt. Vielleicht sogar einen negativen. Die jedem Recht widersprechenden Drohnen-Morde der USA, hat mit Obama einen Höchststand damals erreicht. Condoleeza Rice, auch PoC, war mit Abstand nach Henry Kissinger, die aggressivste Außenpolitikerin der USA - und diese Role-Modells haben damit in die Gesellschaftsteile der Afroamerikaner indirekt auch vermittelt, sei noch aggressiver, noch Systemtreuer als jeder Weiße, dann kannst du es auch schaffen, "dazu zu gehören" ... auch ne super Art von "Emanzipation".
"Putin den klassischen Despoten des völkischen Imperialismus mit einem Befreiungskämpfer zu verwechseln"
Naja, erst jemand oder etwas unrealistisch Überhöhen, was so die Mehrheit nicht macht, um dann diesen, das, von diesem selbst gebastelten Thron argumentativ zu stürzen, nennt man ja klassisch, einen Strohmann aufbauen.
Was aber richtig ist, die Sowjetunion galt während des Kalten Kriegs als Korrektiv und Notanker für viele Länder der 3. Welt, zumeist Ex-Kolonien des Westens, um sich aus der Umklammerung des Westens zu lösen. Ob nun Nasser in Ägypten, der durch die Hilfe der Sowjetunion Ägypten aus der nach-kolonialen Bevormundung der Engländer und Franzosen befreite, die ihm die Verstaatlichung des Suezkanals sehr übel nahmen. Oder Kuba, das sich mit der Unterstützung der Sowjetunion aus den Fängen der US-Mafia und des Batista-Regimes löste [1] - Und in Afrika gab es viele Länder, die sich eng mit der Sowjetunion verbunden haben, nicht weil sie so irre waren, das sie glaubten es dort mit Heiligen zu tun zu haben, die nur Gutes im Sinne haben - aber die Sowjetunion war damals ein mächtiger Player, und die einzige realistische Alternative als Bündnispartner, wenn man sich aus dem westlichen Kolonialismus wirklich befreien will. Denn, die vom Westen gewährten "Unabhängigkeiten", waren oft keine. Die ökonomischen Player in diesen Ländern, waren und sind bis heute, Konzerne des Westens. Allein die bis heute ungebrochene Existenz des CFA-Franc, weist darauf hin, wer und was heute noch in vielen afrikanischen Staaten die Strippen zieht.
In dieser Logik, kann man eine gewisse Affinität des globalen Südens für Russland, insbesondere für ein starkes Russland, durchaus nachvollziehen. Es ist ein Lehrspruch aus Macchiavelli's "Il Principe" - Der Feind meines Feindes, ist mein Freund. Ganz banal, nicht mehr, und nicht weniger.
[1] Das Mafia-Paradies – Kuba vor der Revolution 1959
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Mafia-Paradies_%E2%80%93_Kuba_vor_der_Revolution_1959
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.03.2022 10:03).