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  • de Sade (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 13.10.2017

Weiße Löcher

In einem Brief von Hegel an einen Kollegen schildert er 1810 seine nächtlichen Alpträume und äußert die Befürchtung wahnsinnig zu werden.
Was ging dem voraus? Hegel und seine Zimmergenossen Hölderlin und Schelling im Tübinger Stift hatten fasziniert die Vorgänge der ausbrechenden französischen Revolution verfolgt. Dann machte die Revolution einen Salto Mortale in den Terreur. !800 verstummte schließlich Hölderlin und dieses Verstummen wurde als Wahnsinn gedeutet.
Was aber spielte sich wirklich ab? Die Revolution setzte ein ungeahntes Potential frei, das der menschlichen Individualität, nicht mehr eingeschnürt von Konventionen. Dieses Potential aber macht auch Angst (Enge). Die Menschen sehen sich vor der Aufgabe, zu Koautor seiner eigenen Geschichte zu werden. Wie aber geht das? War es vorher gelungen, die eigene Schöpfungspotenz in sog. Göttern zu entsorgen. Nach erfolgter Religionskritik war dieser Weg zu verbaut. Die Menschen mussten sich mit ihrer Schöpfungspotenz auseinandersetzen. Aber die aufkommenden Wissenschaften boten mit den unumstößlichen Naturgesetzen boten einen Ausweg. Für wesentliches aber blieb dieses Konzept die Antwort schuldig. Da war NICHTS. Und dieses NICHTS ist das zentrale Problem. Ein Abgrund und eine Chance. Dieses NICHTS ist die Quelle, das Künftige mit zu gestalten. Die Menschen werden neben der naturwissenschaftlichen Erkenntnis zum Mitgrund des Künftigen (dazu Gotthard Günther "Erkennen und Wollen", zu finden auf vordenker.de) Mitgrund zu sein heißt aber auch Mitverantwortung. Damit exponieren sich die Menschen. Worauf wie ant-worten?
Dieser Herausforderung verweigern sich die Menschen mehrheitlich bis heute.

Zurück zu Hegel. Hegel erfand das "System" aus abstrakten dialektische Begriffen und mit einem abstrakten ICH. Damit meinte er, sich dem vermeintlich drohenden Wahnsinn zu entziehen zu können. Dass das nicht gelang, geht aus seinen eigenen Notizen und Beobachtungen seiner Hörer hervor. Eine Unruhe blieb ihm erhalten. Er ahnte wohl dunkel, das sich das wirkliche, spontane, souveräne Leben nicht ein für allemal ausschalten lässt. Das wirkliche Leben lässt sich nicht auf den Begriff bringen, ja es lässt sich nicht einmal in Worte fassen, denn die beruhen auf Verallgemeinerungen.
(Das Verstummen Hölderlins?)
Die "Lösung": die innere Leere mit Surrogaten und Simulationen "füllen", Waren eben.
Die Angst mit der Leere wieder Bekanntschaft zu schließen, läßt die Menschen verzweifelt an dem realen Irrsinn einer suizidalen Lebensweise (Selbstmord aus Angst vor dem Tod Leben) festhalten.

Diese Leere? Weiße Löcher, die permanent Geist herausschleudern, Geist, der zur Befähigung zu schöpferischen Tun gerät. Damit lassen sehr viele unserer aktuellen Probleme mit Leichtigkeit lösen.
Weiße Löcher und Schwarze Löcher
Wenn das schöpferische Tun immer mehr in materiellen Formen gerinnt, kommt der Punkt, an dem diese Materie wieder mittels Schwarzer Löcher wieder aus dem Verkehr gezogen werden. Im Inneren dieser mysteriösen "Objekte" könnte die Materie in Geist transformiert werden und aus den Weißen Löchern wieder ins Universum hinaus geschleudert werden.
Noch radikaler: vielleicht verschwindet einst das gesamte Universum in einem gigantischen Schwarzen Loch, um in einem ebenso gigantischen Weißen Loch
als Urknall wieder geboren zu werden.

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