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mehr als 1000 Beiträge seit 05.06.2007

Jenga

Wer kennt und liebt es nicht, das Spiel mit den Holzklötzchen, bei dem reihum ein Spielstein aus dem Turm gezogen wird um ihn oben wieder darauf zu legen, bis der Turm ins Schwanken gerät und von irgendeinem Spieler zum Einsturz gebracht wird?

Wir spielen ein vergleichbares Spiel, es hat einen anderen Namen, aber das Prinzip ist das gleiche. Der Turm muss immer wachsen und die Spielsteine dafür werden aus der stabilen Basis gezogen. Die Aktionen dazu werden im Laufe des Spiels immer wagemutiger, das Risiko steigt von Stein zu Stein, aber Aufhören ist nicht, und das unabwendbare Ende rückt immer näher.

Beim Spiel mit Kindern verliert dieser vorhersehbarer Zusammenbruch schnell an Attraktivität und sie verwenden die Klötze um dauerhaft stabile Konstruktionen, wie Häuser für Gummibärchen, mit Wohnzimmer, Küche und Garten zu erstellen. Kinder übergehen die Spielanweisung auf der Packung und die Phantasielosigkeit der erwachsenen Spielteilnehmer einfach und realisieren mit den vorhandenen Ressourcen etwas, was ihren eigenen Werten und Vorstellungen entspricht. Sie wissen, was für sie gut ist, was sie wirklich wollen und setzen es dann einfach gemeinsam um.

Wir bauen Türme, weil uns nichts anderes einfällt. Wir ziehen Klötze aus dem Turm und legen sie oben wieder darauf, weil das die Regeln sind. Und wenn er einfällt, lachen wir schadenfroh, wenn es jemand anderem passiert, oder spielen den souveränen Verlierer, wenn wir es verbockt haben. Aber nur die wenigsten kommen auf die Idee ein Spiel ohne Verlierer zu probieren.

Die Schuldzuweisungen an die anderen Mitspieler und die Flucht in technologische, gesetzgeberische und militärische Lösungen zeugen nur von unserer Unkreativität mit dem noch Vorhandenen etwas Vernünftiges anstellen zu wollen. Wer darauf hinweist oder alternative Spielideen vorschlägt ist ein Spielverderber und wird vom Spiel ausgeschlossen. Es werden Türme gebaut, basta!

Solange uns die Regeln von außen aufgezwungen werden und wir das widerspruchslos hinnehmen, wird der Turm wachsen, bis er umfällt. Wir müssen so frech und respektlos wie Kinder werden und die Klötze, die wir unten herausziehen nicht mehr oben darauf zu legen, sondern daneben etwas stabiles Neues errichten.

Selbst wenn es keinen Plan dafür gibt und sich die Struktur nur vage zu bilden beginnt, ist die schlechteste Lösung immer noch, den Stein wieder oben aufzulegen.

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