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  • Normsoli

25 Beiträge seit 16.04.2022

Mal wieder die Wahrheit

Pilatus spielt hier vorausschauend auf Popper an, also auf das wissenschaftstheoretische Problem der Letztbegründung. Man könne, so die übliche nur vermeintlich wissenschaftliche Position, nichts wirklich sicher wissen. Durch diesen Ausweg versuchen zum Beispiel religiöse Menschen ihre Existenzbehauptung von Gott zu retten. "Man kann nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen, dass es Gott gibt".

Ebenso kann man allerdings auch nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen, dass es in der Wirklichkeit irgendwo Donald Duck gibt.

Aber mit jemandem, der nicht ausschließen kann, dass morgen früh auf dem Weg zur Arbeit Donald Duck in sein U-Bahn-Abteil zusteigt und hysterisch keifend alle Mitfahrer ins Bein beißt... mit so jemandem möchte ich bitte nicht alleine in einem Raum gelassen werden. Noch nichtmal wenn er fixiert ist.

Wer übrigens Gleiches über ein unsichtbares Gespenst behauptet, das das ganze Universum grad so gebracht hat wie der Klapperstorch die kleinen Kinder bringt, sitzt im Rundfunkrat und darf dort mitbestimmen, wie in den Medien über Religion berichtet wird. Aber das nur am Rande.

Agnostiker übertragen eine Aussage aus der grundlegenden Ebene wissenschaftstheoretischer Letztbegründungsüberlegungen (man kann eine Nicht-Existenz von X nicht beweisen, also auch nicht wissen, man kann gar nix wirklich sicher wissen) auf den Alltag. Die Aussage mag zwar korrekt sein, aber wie ... sagen wir mal ... wie hochproblematisch es ist, diese Letztbegründungsüberlegungen unverdaut und unverstanden auf den Alltag zu übertragen, wird eben deutlich, wenn man für X nicht Jahwe einsetzt sondern Donald Duck.

Man kann sich den Fehler, den Agnostiker durch die Übertragung von unverdauten und unverstandenen Überlegungen zur wissenschaftstheoretischen Letztbegründungsproblematik auf den Alltag machen (und den möglicherweise auch Pilatus gemacht hat), recht gut am Beispiel der Relativitätstheorie veranschaulichen:

Von Einsteins Relativitätstheorien sind zur breiten Masse der Bevölkerung ein paar Erklärungen durchgedrungen. Zum Beispiel die Erklärung, dass eine Rakete, die mit annähernd Lichtgeschwindigkeit fliegt, irgendwie kürzer und schwerer wird.

Zu den Menschen, zu denen das durchgedrungen ist, ist allerdings meist auch durchgedrungen, dass diese relativistischen Effekte im Alltag keine Rolle spielen. Kein gesunder erwachsener Mensch glaubt, er könne seinen alten Golf in eine Parklücke parken, die 20 Zentimeter kürzer als sein Golf ist, wenn er nur schnell genug hineinfährt.

Was selbst die breite Masse der Bevölkerung verstanden hat, ist, dass Einsteins Relativitätstheorie nur in bestimmten Zusammenhängen eine Rolle spielt. Im Alltag aber nicht.

Nun ist die Relativitätstheorie nicht die einzige Theorie, deren sinnvoller Anwendungsbereich auf bestimmte Kontexte beschränkt ist. Auch die wissenschaftstheoretischen Überlegungen zur Letztbegründungsproblematik sind nur in bestimmten Kontexten relevant. Dort mag die Überlegung "Eigentlich können wir nichts sicher wissen" eine ebenso sinnvolle Erkenntnis sein und ebenso sinnvoll Berücksichtigung finden wie relativistische Effekte in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit. (Btw.: Ich gehe hier viel zu milde mit der Wissenschaftstheorie um! Aber mei, es ist halt Ostern und die Häschen sind so niedlich...)

Wer aber nun glaubt, die in diesen Kontexten möglicherweise zu recht konstatierte Unsicherheit auf den Alltag übertragen zu dürfen, begeht den gleichen Fehler wie derjenige, der wegen der relativistischen Effekte versucht, seinen Golf sehr sehr schnell in eine zu kleine Parklücke zu parken.

Wer sich im Alltag wegen Überlegungen zur Letztbegründungsproblematik nicht ausschließen traut, dass Comic-Figuren "echt" sein könnten, der ist nun mal der gleiche Narr wie unser Golffahrer, dem gerade zu recht der Führerschein entzogen wird.

Der Clou ist, dass der Golffahrer rein theoretisch(!) ebenso recht hat wie der Agnostiker oder wie Pilatus in diesem 2000 Jahre alten blutrünstigen Splatterroman.

Laut Relativitätstheorie wird sein Golf ja tatsächlich ein theoretisches Stückchen kürzer wenn er die Parklücke schnell anfährt (bei 50 km/h vielleicht um ein Billionstel eines Atomdurchmessers?), und laut mancher Wissenschaftstheorien können wir letztendlich wirklich nichts mit absoluter Sicherheit wissen (Was immer noch eine Diskussion von "wissen" nötig machen würde. Ich bin überzeugt, dass wir einiges sehr wohl sicher wissen können ["Synthetische Urteile a priori", und so weiter]).

Das Pech von Agnostikern, möglicherweise Pilatus und dem jetzt nicht mehr Golf fahrenden Golffahrer ist, dass sie die jeweilige Information (aus der Relativitätstheorie resp. aus der Wissenschaftstheorie) nicht vernünftig haben verdauen können. Wer sich "wegen Positivismus" keine Position im Theismus/Atheismus-Streit einnehmen traut und Wahrheit deshalb für willkürlich hält, parkt auch "wegen Relativität" seinen Golf ganz ganz schnell in eine zu kleine Parklücke.

Sobald ein Agnostiker seinen Golf "wegen Relativität" tatsächlich in eine zu kleine Parklücke reinkriegt, gehe gerne ich selbst ins Irrenhaus. Sobald Agnostizismus eine vernünftige Position ist bei der Frage, ob es vernünftige Gründe gibt, die reale Existenz von Comicfiguren (Donald Duck, Jahwe, Lupo) anzunehmen, auch.

Sobald die Möglichkeit von Wahrheit auszuschließen ist, sobald man also nicht sicher wissen kann, dass man 5 Äpfel hat, wenn man zu 2 Äpfeln noch 3 Äpfel dazu legt, sobald man nicht sicher wissen kann, dass Russen keine mit ihnen kollabierenden Ukrainer erschießen, ukrainische Radikale, die ganz offiziell und von Selenskyj angekündigt zur Erschießung von Kollaborateuren nach Butscha entsand worden sind, schon, muss entweder ich selbst oder die Welt ins Irrenhaus.

Ich wehre mich noch immer gegen die Einsicht, dass seit etwa Februar 2020 die Mehrheit der durch Medien ferngesteuerten Menschen dieses Niveau von allgemein verordnetem Wahnsinn erreicht oder sogar überschritten hat.

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