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  • aquadraht

mehr als 1000 Beiträge seit 17.11.2000

Re: Churn-Rate von 20 "anzustreben"? Kapiere ich gar nicht.

Ich habe mich auch einmal ein wenig durch diesen BWL-Schwachsinn mit
dern "churn rate" gelesen und kann Flari_'s Frage - auch im Sinne
einer Kritik - durchaus bekräftigen.

Das soll keine niedermachende oder Fundamentalkritik am interessanten
und informativen Artikel sein. Aber ich finde, wenn man einen solchen
verwirrenden und auf weiten Strecken unsinnigen Begriff in die
Debatte wirft, der ja durchaus Wirkungsmacht in der Energiepolitik
hat, ist es erforderlich und wichtig, ihn genauer zu analysieren und
zu erklären. Ich skizziere kurz mein Verständnis.

Das Unwort "churn" ist, das kann man mit Suchmaschinen im Netz
herausfinden, ein Mischwort aus change und turn, also wechseln und
umdrehen und soll die Abwanderung aus einer Kundenbeziehung
bezeichnen. Daraus sind dann verschiedene Begriffe abgeleitet, wie
"churn management" für die Plege der Kundenbindung und dergleichen. 

Ausserdem wird der Begriff genutzt, um die "Offenheit" und
"Geschlossenheit" von Märkten zu beschreiben. Ein Markt mit einer
"churn rate" von (ich bin mir nicht sicher, welches) 0 oder 1, bei
dem die Beziehung Produzent-Käufer ein Leben lang erhalten bleibt
(also man fährt immer mit der U-Bahn und nimmt nie ein Taxi, Gas
kommt immer von den Stadtwerken etc.) wäre ein komplett
geschlossender Markt , einer, wo ein Kunde jedesmal woanders einen
Kaffee kauft, die "churn rate" etwa in einer Jahresperiode und 2
Kaffee am Tag bei 730 läge, ein komplett offener. An den Beispielen
sieht man schon, dass Märkte natürlich nicht gleich sind und der
Strommarkt näher an einem geschlossenen Markt liegt. Entsprechend dem
neoliberalen Dogma wird die Herstellung grösstmöglicher Offenheit als
Wert und erstrebenswertes Ziel angesehen.

Ich habe nun beim oberflächlichen Durchblättern nicht ganz gefunden,
wie die "churn rate" über die Perioden, die Produkte ("Zeitpakete"
von KWh elektrischer Leistung) und den Produktumschlag
operationalisiert wird. Das ist mathematisch nicht ganz trivial und
führt rein intuitiv schon auf Widersprüche, ich denke nur an das
irrrationale Ergodizitätsdogma, die Grundillusion der gesamten
Neoklassik *). Nach der Erklärung im Artikel scheint es sich hier
nicht oder nicht nur an die Bindung von Konsumenten an bestimmte
Erzeuger zu handeln, sondern um das kumulierte Umschlagsvolumen eines
"Zeitpakets", das dann durch die Marktteilnehmer geteilt wird. Oder
kurz gesagt, je öfter verkauft, desto "liquider" der Markt.

Kann man das so in etwa sagen?

a^2

*) Das Ergodizitätsdogma besagt, dass bei ökonomischen Prozessen
genau wie in der Gasdynamik und ähnlichen physikalischen
Gesetzlichkeiten und Modellen das Scharmittel gleich dem Zeitmittel
ist. Diese völlig illusorische, widersinnige und empirisch ständig
widerlegte Illusion ist die Grundlage der gesamten Neoklassik und
ihrer pseudomathematischen Scholastik. 

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