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  • Axel Farr

995 Beiträge seit 06.05.2002

Der Artikel ist ziemlich einseitiges Amerika-Bashing

Der Artikel fokussiert sich extrem auf die Rolle Amerikas bei der Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland und lässt alles außen vor, was irgendwie nicht ins Konzept passt:

- Konzept der "Region deutscher Länder": Anfangs war es gar nicht sicher, dass ein deutscher Staat gebildet werden sollte. So wurden 1946 von den Amerkanern in deren Besatzungszonen die Bundesländer Hessen und Bayern mit eigener Verfassung gegründet.
- Abstimmung der Aliierten untereinander: Die drei Westalliierten versuchten zunächst, die Pläne für Deutschland mit der Sowjetunion zu koordinieren, so wie das z.B. auf der Konferenz von Jalta gelungen war. Da es aber jetzt nichts mehr zu verteilen gab, war ein Herr Stalin mit nichts zufriedengestellt zu bekommen, folglich haben die sowjetischen Vertreter keinem der Vorschläge zustimmen können - also haben die drei Westalliierten versucht, ihr eigenes Ding zu machen. Vor allem Frankreich brauchte lange, um der Idee eines (West-)deutschen Gesamtstaates noch irgend etwas abgewinnen zu können, bekam dafür aber zunächst die Verwaltungshoheit über das Saargebiet zugesagt.
- Die Amerikaner haben beileibe nicht nur die CDU-Granten hoffiert. Da in Hessen mit der CDU lange kein Staat zu machen war, hatte Hessen bis in die 1980er Jahre stets einen sozialdemokratischen Ministerpräsident - nicht unbedingt zum Missfallen der Amerikaner. Die Amerikaner erlaubten den Hessen sogar, per Volkseintscheid über einen Sozialisierungsparagrafen in der Verfassung abzustimmen (der dann auch in die Verfassung hineinkam). Der musste aber vor dem Beitritt zur BRD wieder ad acta gelegt werden, da die Bundesrepublik in ihrem Grundgesetzt den Schutz des Eigentums drin hatte, das hat sich dann etwas gebissen. Hier haben dann die Hessen den Schwanz eingezogen..

Der Autor spinnt seine Story so, als ob immer alles nur aus Amerika geplan und durchdacht worden sei. Das ist genau dieselbe dumme Masche wie es die Nazis mit der angeblichen Weltverschwörung der "Weisen von Zion" (ergo "der Juden") gesehen haben, das haut wieder in die Kerbe wie die Wortschöpfung des "militärisch-industriellen Komplex der Amerikaner" etc.

Man kann zwar versuchen, die Welt auf diese Weise "eindimensional" zu erklären, aber man braucht sich dann nicht zu wundern dass es bei diesen Erklärungsversuchen viele Wiedersprüche gibt und dass man leider sehr selektiv argumentieren muss, damit überhaupt jemand das Zeug ernst nimmt. Funktionieren tut es nur, weil unser Gehirn darauf geschult ist, Muster zu erkennen - wenn aber keine da sind, wird trotzdem eines erkannt.

Es gibt keinen allmächtigen Lenker oder eine allmächtige Idee hinter "Amerika". Amerikanische Politik ist primär eine Politik, um amerikanische Interessen zu vertreten. Daher hat sich in Amerika auch in der Zwischenkriegszeit kaum jemand gefunden, der sich nach Beginn der Weltwirtschaftskrise noch ernsthaft mit Europa beschäftigen wollte - man hatte ja im Inland genug zu tun. Und das wäre auch so weitergegangen, wenn nicht 1940 die Japaner sich so über die amerikanischen Sanktionen geärgert hätten, dass sie Pearl Harbor bombardierten und ihren Eroberungsfeldzug durch die europäischen Kolonien in Ostasien gestartet hätten.

Nachdem der Krieg gewonnen war, wollten die Amerikaner sich eigentlich wieder in ihr Schneckenhaus zurückziehen. Die halbe Welt war wegen der Kriegskredite schwer bei ihnen verschuldet, aber durch den Krieg war auch ein enormer Bedarf an Wiederaufbauleistung da - und ein riesiger Markt an Möglichkeiten, weil Europa fünf Jahre lang keine nennenswerte Industrieproduktion hatte unf vieles im Krieg zerstört war. Hier sehe ich den Grund, warum sich Amerika anders als nach dem ersten Weltkrieg nicht wieder aus der Welt zurückgezogen hat.

Erst nachdem in Europa aufgefallen war, dass zwar die Westalliierten ihre Truppen auf einen Bruchteil des Kriegbestandes reduziert hatten, aber die rote Armee immer noch in immenser Stärke im Osten stand und Stalin sich eben nicht an die Abmachung hielt, in den befreiten Gebieten unter sowjetischer Hoheit auch freie Wahlen abzuhalten, sondern die Satellitenstaaten Osteuropas entstanden - da änderten die Amerikaner ihren politischen Kurs, etwa zur gleichen Zeit erlebten sozialistische Ideen in Amerika selbst in der McCarthie-Ära ihren Untergang.

Altnazis waren übrigens auch in der DDR gern gesehen und haben es auch dort (nicht nur in Militär und Geheimdienst) in hohe Posten geschafft. Auch sie brauchten nur glaubwürdig nachzuweisen, dass sie mit dem alten System gebrochen hatten. Viele Nazi-Haftanstalten wurden nach Kriegsende von den Sowjets wieder für den gleichen Zweck wie vorher verwendet. Ob man Widerstandskämpfer war oder nicht hat einem im Ostblock nicht unbedint vor Anklage und Strafe (teilweise inklusive der Todesstrafe) retten können.

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