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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Den täglichen Straßenkampf gibts nur dort ...

... wo man auf die Erfordernisse einer Gruppe Verkehrsteilnehmer keine Rücksicht nimmt - und mit völlig kruden Thesen untermauert. Aktuell politisch korrekt ist ja der Autofahrer diese Gruppe. Weil die ja bei rund 2,- Euro den Liter Sprit noch zum Vergnügen rumfahren und nicht etwa, weil sie auf Arbeit müssten oder so Luxus.

Der Straßenkampf findet fast ausschließlich in Städten statt, wo man jahrelang die Infrastruktur kaputtgespart und fehlgefördert hat. Fehlförderung? Vierspurige Hauptverkehrsadern auf zwei Spuren reduzieren, damit die Straßenbahn eine eigene Trasse bekommt. Warum eigentlich, früher ging's auch, dass Straßenbahn und Auto sich den gleichen Verkehrsraum teilten! Ich verweise da auf Dresden.
Aber auch bei den Kleinstädten wird völliger Unfug gefördert: da gibt's keine Straßenbahn, aber man kann breite Straßen mit Parkplätzen ganz einfach "kaputtfördern" per Sanierung: da wird links und rechts der Fußweg zum Kombiweg für Radler und Fußgänger. Parken kann man da halt nimmer, dumm gelaufen also für die Autofahrer, die da hinmüssen. Die Fußwege sind völlig überdimensioniert, da fährt alle halbe Minute mal ein einzelner Radler lang und Fußgänger findet man da auch in ähnlicher Dichte, weil die Straße nunmal durch kein Wohngebiet führt und die einzige öffentliche Einrichtung ein Schwimmbad ist. Die Straße selbst ist eine Umgehungsstraße, um die Innenstadt zu entlasten. Die Ecke läd also nicht zum Flanieren ein und es gibt kaum einen Grund, da mit dem Rad lang zu fahren. Aber man kann halt Autofahrer schikanieren und nur dafür gibt's die Förderung.

In der besagten Kleinstadt lebe ich und, es soll nicht wundern, je ein Drittel des Gemeinderats gehen an Grüne, SPD und der Rest teilt sich auf CDU, FW und zwei unabhängige Ratsmitglieder. Der Parteienfilz ist unerträglich, der führt zu allerlei lustigen Entscheidungen und hat in der kleinen Stadt mit keinen 15k Einwohnern, den "Straßenkampf" eingebracht, den es bis so ca. 2018/19 nicht in der Form gab. Der jüngste und letzte Streich war, die Innenstadt zur 30er-Zone zu erklären, ohne aber die drei Fußgängerampeln zu entfernen, die eigentlich hätten nach der StVO weichen müssen.

Unsere kleine Stadt WILL "Radlerstadt" sein und die Öffis fördern, aber die einzige Öffi-Förderung ergab einen Bus, der im Bummeltempo die ganze Stadt über eine mäandernde Ringlinie abfährt und damit keine kurzen Verbindungen herstellt. Zu Fuß brauche ich ca. 40 Minuten zu den Schwiegereltern am anderen Ende der Stadt, mit dem Bus 60 Minuten, mit dem Lastenrad ca. 20 Minuten. Mit dem Auto bin ich in 5 Minuten da.
Für die Radfahrer selber ist aber zu wenig passiert, denn es gibt die gleichen bruchstückhaften Radwege wie auch in den großen Städten, in denen man irgendwie ohne Sinn und Verstand die knappe Infrastruktur nochmal aufteilen muss. Am Ende schafft man es doch tatsächlich, so schlechte Lösungen zu finden, dass zwar der Autofahrer das ganz kurze Streichholz zieht, Radfahrer aber noch immer keine sinnvolle Lösung für ihre Anforderungen vorfinden (vor allen Dingen an Bushaltestellen und an engeren Straßen) und Fußgängern zeigt man abseits der schöneren Teile der Stadt auch gern mal den Mittelfinger, weil "keine Fußwege".

Der Straßenkampf ist politisch forciert, weil nicht eine einzige brauchbare Lösung eingeführt wird und bewusst Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausgespielt bzw. eben einzelne Gruppen auch diskriminiert werden.
Dabei wären Lösungen durchaus möglich und greifbar - aber eben nicht für umme zu haben und nicht ohne gewisse Rücknahmen bereits eingeführten Unsinns.

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