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  • Leser2015

478 Beiträge seit 19.11.2015

Übungsdesign reiner Zufall oder Reaktion auf Hinweis

Beide Artikel von Paul Schreyer zu diesen Übungen sind
hochinteressant, Denkverbote wären falsch.

Wenn man sich auf die Hypothese einlässt, dass der enge zeitliche
Zusammenhang zwischen einem Terroranschlag und einer vorherigen
Katastrophenübung mit einem Design für genau diesen Anschlag kein
Zufall ist, so fragt sich zunächst, wer hier auf wen oder was
Rücksicht genommen haben könnte.

Dass Terroristen einen Plan aus humanitären Gründen kurzfristig einer
Rettungsübung anpassen, ist aus motivationalen Gründen viel
unwahrscheinlicher als der umgekehrte Fall, dass ein Übungsdesign
einem angekündigten Anschlag angepasst wird. Dabei müssten die
Übungsverantwortlichen, sofern sie zuvor tatsächlich (nicht
zufälliges) Täterwissen hatten, nicht zwangsläufig in eine
Terrorgruppe verstrickt sein.

Unter den zwei Prämissen eines Nichtzufalls und einer
Nichtverstrickung gibt es nur eine Möglichkeit: Anschlagshinweise an
Ermittlungsbehörden oder Katastrophenhelfer, die zwar als unseriös
eingestuft wurden, doch die Entscheider als potentielle Anschlagsart
im Übungsdesign berücksichtigen wollten.

Falls also Entscheider konkrete Anschlagshinweise aus vermeintlich
unseriösen Quellen erhielten, so werden sie dies im Nachhinein nur
ungern zugeben, um nicht dafür verantwortlich gemacht zu werden,
besonders wenn der spätere Anschlag äußerst folgenreich war. Man
könnte versuchen, sich in Interviews ohne Schuldzuweisung darlegen zu
lassen, welche Überlegungen das Übungsdesign begründeten.

Grundsätzlich sollte man auch die Möglichkeit echter Präkognition -
also eines denkbar unseriösen, weil bislang wissenschaftlich
unbewiesenen Erkenntniswegs - nicht ausschließen, denn
Ermittlungsbehörden unterhalten Kontakte in religiös-esoterische
Kreise, wie etwa Ermittlungsversuche zur NSU-Mordserie belegen. Wäre
damals etwas herausgekommen, hätte man schlicht auf den Quellenschutz
verwiesen.

Läge einem Übungsdesign eine vage Ahnung zugrunde, so würde man auch
in unserer abrahamitisch geprägter Kultur von einem Wunder sprechen,
einem göttlichen Zeichen, um Opferzahlen zu senken. In einem solchen
Fall würde der Hinweisgeber zwar als wissenschaftlich unseriös
betrachtet werden, aber als guten Willens und schützenswert, was ihn
selbst und den Entscheider moralisch entlastete.

Hinzu käme die übergeordnete Sorge, dass jeder offizielle Glaube an
Zeichen und Wunder sowohl am juristisch relevanten Konzept des
Täterwissens als Indiz für Verantwortlichkeit wie auch im Ergebnis am
öffentlichen Friede nagte, denn Ermittler oder Justiz könnten dann im
Zweifel für den Tatverdächtigen auf wissenschaftlich denkbare
Kausalketten verweisen.

-> Meine Sicht auf die Übungen: Falls weder Zufall noch Versagen, so
bliebe nur echte Präkognition.

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