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  • navy

mehr als 1000 Beiträge seit 09.02.2003

Kosovo "Bevölkerung kann nur überleben, weil Schattenwirtschaft existiert"

Und noch ein heutiger Bericht über den Kosovo. Die Zustände sind wie
bekannt in einem UN Protektorat und in eine Region, in der Milliarden
an angeblicher Aufbau Hilfe versichern.

Heute eröffnete das Albanische Parlament im übrigen eine Untersuchung
wegen Korruptions Vorwürfen in Zusammenhang mit der
Albtelekom=Vodafon.

Absolut Alles wird im Balkan von Aussen und vor allem von US und
Deutschen Firmen korrumpiert. Identisch im Kosovo. Das sind nicht
Balkan Zustände, sondern UN Zustände.

"Bevölkerung kann nur überleben, weil Schattenwirtschaft existiert"  


 - Soziale Lage im Kosovo

Bonn, 20.2.2004, DW-RADIO, Bahri Cani


Das Armenhaus im Südosten Europas heißt Kosovo, das zeigen auch die
neuesten Angaben der Europäischen Kommission: Laut einer im Januar
veröffentlichten Studie beträgt das durchschnittliche
Jahres-Einkommen dort nur 900 Euro pro Einwohner. Zum Vergleich:
Bosnien-Herzegowina hat ein Durchschnittseinkommen von fast 1.400
Euro, Albanien 1.600, Mazedonien sowie Serbien und Montenegro rund
2.000 - und weit vorne liegt Kroatien mit mehr als 5.400 Euro pro
Einwohner. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass im Kosovo
Schwarzarbeit und Kriminalität grassieren. Bahri Cani hat mit dem
zuständigen Sozialminister in Prishtina gesprochen.


Schon vor dem Krieg 1999 war Kosovo das Armenhaus Südosteuropas.
Durch die Zerstörungen hat sich die Situation noch mehr
verschlechtert. Von der Euphorie und den große Hoffnungen, die nach
dem Krieg an jeder Ecke zu hören waren, ist fast nichts mehr zu
spüren. Heute lebt jeder zweite Einwohner Kosovos in Armut.


Der Minister für Arbeit und soziale Sicherheit, Ahmet Isufi, sagt,
dass es für die Kosovo-Regierung unmöglich sei, diese Armut
erfolgreich zu bekämpfen. Denn er habe einen sehr beschränkten Etat:


"Die soziale Lage im Kosovo ist sehr schwierig. Momentan leben über
50 Prozent der Einwohner in Armut, 12 Prozent davon sogar am Rande
des Existenzminimums. Unser Ministerium versucht, die Situation zu
bewältigen, aber mit unseren derzeitigen zur Verfügung stehenden
Kapazitäten ist das nicht zu bewältigen."


Konkret heißt das: Im Kosovo brauchen mehr als 52.000 hilfsbedürftige
Familien täglich Unterstützung, um überleben zu können. Von der
Sozialhilfe leben auch 6.500 Kriegs-Invaliden und Hinterbliebene von
im Kriege Gefallenen. Diese Hilfe beträgt jedoch nur 62 Euro pro
Monat. Besonders betroffen sind die Rentner, die monatlich mit nur 36
Euro auskommen müssen.


Aber auch für diejenigen, die Arbeit haben, ist die Situation nicht
viel besser: Angestellte bekommen im Kosovo durchschnittlich ein
Bruttogehalt von etwas weniger als 180 Euro monatlich. Das ist nur
etwas mehr als die Hälfte dessen, was man offiziell als monatliche
Ausgaben berechnet hat: Eine kosovarische Familie, die im
Durchschnitt 6,3 Mitglieder zählt, braucht demnach 336 Euro.


Um leben zu können, gleiten viele Kosovaren in die wirtschaftliche
Grau-Zone ab. Minister Isufi ist sich dessen bewusst:


"Realistisch gesagt kann unser Volk nur deshalb überleben, weil bei
uns eine sehr breite Schattenwirtschaft existiert. Es gibt auch
andere Geldquellen, die wir nicht registriert haben. Auf der anderen
Seite geht ein Fünftel des Haushaltes von Kosovo für Sozialhilfe
drauf. Das ist immer noch sehr wenig."


Wie auch in anderen Ländern auf dem Balkan grassiert im Kosovo die
Kriminalität. Auf der anderen Seite hat sich eine kleine Schicht von
sehr reichen Leuten herauskristallisiert. Und auch ihr Reichtum
entspringt meistens der "Schattenwirtschaft". Isufi beschreibt die
Situation so:


"In den letzten vier Jahren gab es im Kosovo kein gesetzliches System
für eine wirksame Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Im Kosovo
herrschen im Moment drei Hausherren: Die internationale Verwaltung,
die kosovarische Regierung und die kosovarische Treuhand-Anstalt, die
über Privatisierungen entscheidet. In dieser Situation, in der wir
drei Hausherren haben, sind Missbrauch und Kriminalität Tür und Tor
geöffnet."


Das Kosovo führt in der Negativliste auch beim Thema
Arbeitslosigkeit. Einige Experten schätzen, dass die Arbeitslosigkeit
mehr als zwei Drittel der arbeitsfähigen Menschen betrifft. Minister
Isufi nennt die offiziellen Zahlen:


"Eine Statistik, die wir zusammen mit dem Amt für Statistik erstellt
haben, zeigt, dass die Arbeitslosigkeit im Kosovo bei rund 57 Prozent
liegt. Das ist die höchste Prozentzahl Europas und macht uns sehr
viel Sorgen, weil das Kosovo die jüngste Bevölkerung mit einem
Durchschnittsalter von 24 Jahren hat. Eines der größten Probleme ist
der ins Stocken geratene Privatisierungsprozess."


Die Privatisierung im Kosovo wird von der Treuhand-Anstalt
durchgeführt, die rund 500 Unternehmen im Visier hat. Der Prozess hat
im Mai letzten Jahres begonnen. Weil jedoch Belgrad Beschwerden
eingelegt hat mit der Begründung, dass es bei vielen Unternehmen im
Kosovo Unklarheiten über die Eigentumsrechte gibt, wurde die
Privatisierung im Oktober 2003 gestoppt. Nach mehreren Gesprächen im
UN-Sicherheitsrat hat die Treuhand-Anstalt im Januar erklärt, dass
der Prozess weiter gehen könne. Allerdings wurden bis jetzt weniger
als 20 Firmen privatisiert. Hinzu kommt: Wegen der vielen
Unklarheiten über Eigentumsrechte, den endgültigen Status des Kosovo
und wegen mangelnder Sicherheit gibt es im Kosovo fast keine neuen
Investitionen.


Fast alle Hoffnungen und Träume der jungen Leute, die aus Deutschland
oder anderen westlichen Staaten in ihre kosovarische Heimat
zurückgekehrt sind, haben sich in Luft aufgelöst. Viele haben die
Versprechen auf eine bessere Zukunft satt. Sie träumen einen anderen
Traum: wieder in die "Heimat" zurückzukehren - doch diese "Heimat"
ist irgendwo im Westen. (fp)

http://www.dw-world.de/german/0,3367,2991_A_1119659_1_A,00.html



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