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  • Keorangar

mehr als 1000 Beiträge seit 24.06.2011

Alle meine Käfer und wer will schon einen Golf?

Den Sinn des wirren Artikel habe ich zwar noch nicht so ganz verstanden, aber einige Sätze sind ja verstehbar.

Der Renault 4 CV soll also eine Kopie des Käfers gewesen sein?

Nachfolger des Käfers wurde der Golf, das erfolgreichste und vielleicht auch beliebteste deutsche Auto bisher. Und wenn jemand etwas kopiert hat, dann ganz bestimmt das Volkswagenwerk.

"Ein Auto wie einen GOLF kann man nicht fahren, es wird sich in Deutschland nie durchsetzen, aufgrund des Frontantriebs und des vorne liegenden Motors neigt der GOLF zum Untersteuern und Ausbrechen bei rasanter Kurvenfahrt."

Wer sich einmal die Mühe macht, diverse deutsche Automagazine und Zeitungen der 60er Jahre ausführlich zu lesen, wird diesen Satz ungefähr wortwörtlich sehr oft finden.

Mit einem kleinen Unterschied: den GOLF habe ich hineingemogelt, den gab es ja noch nicht. Die von der deutschen Autopresse krisierten Autos hießen Renault R 16, Morris und Austin 1100 / 1300, Hillmann und Autobianchi, Hersteller bzw. Modelle, die ab ca. 1959 auf den Markt kamen und das Golf-Prinzip 15 Jahre vorweg nahmen. Trotz Erfolge im Motorsport zerrissen die Motorjournalisten auch die Zweitakter von DKW und Audi oft, bei denen das vorne saß, was beim Käfer hinten sitzt.

ER LÄUFT UND LÄUFT UND LÄUFT ...

Technisch war der Käfer, als er nach dem Krieg endlich in Serienproduktion ging und der Deutsche mit Verspätungen seinen Kdf Wagen kaufen konnte, bereits völlig veraltet. Warum der Käfer zu einem Kultauto werden konnte, sorry, ich verstehe es bis heute nicht.

Immerhin konnte man sich auf einen Käfer verlassen: nach 100.000 Kilometer ist ein neuer Motor fällig, wurde man in den 60er Jahren von Ex-Käfer Besitzern gewarnt. Käfermotoren späterer Baujahre konnten aber auch schon mal mit 89.000 km völliger Schrott sein (siehe unten, Karmann Ghia, der hatte ja auch nur einen Käfermotor).

Der erste Käfer, in dem ich als Kind mitfahren durfte, gehörte meinem Onkel. Nach einem Jahr verkaufte er den Käfer. Ein Renault R4 bietet mehr Platz, verbraucht viel weniger Benzin und bequemer als der R4 ist der Käfer auch nicht, meinte er damals.

Ach den R4 habe ich doch oben ganz vergessen, auch so ein Vorbild, nachdem VW den Golf kopierte.

Den ersten R4 fuhr ich 1972 als Fahrschüler. Über den kann ich nicht klagen, denn bereits nach 4 Fahrstunden durfte ich auf den Opel Ascona umsteigen. Damit blieben mir Autobahnfahrten bei hohem Tempo erspart.

Als ich den Führerschein hatte, entschied ich mich für einen Simca 1000. Motor und Antrieb wie beim Käfer hinten, Motor allerdings mit Wasserkühlung. Tja, die Franzosen, die wussten, wie man ein Auto mit Heckmotor und Heckantrieb baut, in dem man trotzdem bequem und flott fahren kann. Der Motor leistete 40 PS, der Simca 1000 kostete damals ca. 6000 DM. der einfachste Käfer mit 34 PS kostete ca. 8000 DM. Dafür gab es keinen Platz im zu kleinen Kofferraum vorne, wo der Simca reichlich Platz hatte. Käfer galten damals vielen Fahren als seehr gefährlich, bei den Modellen mit der geraden Frontscheibe saß man mit dem Kopf sehr dicht vor der Windschutzscheibe. Bei Unfällen gab es immer wieder entsprechend schwere Kopfverletzungen. Beim Simca saß man vorne weit weg von der Windschutzscheibe. Ähnlichen Komfort boten damals nur die Käfer mit sogenannter" Panoramascheibe, die kosteten aber schon um die 3000 bis 4000 DM mehr als ein Simca 1000. Wer den Simca 1000 nicht mochte, konnte auch einen Simca 1100 kaufen, nicht teurer als 1500er Käfer und: Motor und Antrieb vorne! Wie später beim Golf kopiert.

KÄFER UND VOLLGAS AUF DER AUTOBAHN: EIN ABENTEUER

Vielleicht wurde der Käfer deshalb zum Kultmobil, weil er nicht nur fuhr und fuhr, wenn er fuhr, sondern auch so ganz anders, als manche anderen Autos.

Der Simca musste zur ersten Inspektion, ein Freund lieh mir seinen Käfer. Nicht das neuste Modell, aber so bekommt man Eindrücke, wie man Miite der 1950er Jahre Auto, pardon Käfer fuhr. Rüdiger hatte den Käfer von seinem Vater übernommen. Ein Käfer mit kleinem Heckfenster und dem 30 PS Motor. Abends holte ich den Käfer ab, fuhr nur innerstädische Straßen und fand ihn ganz o.k. Am nächsten Morgen regnete es. Vor der Abfahrt die beschlagenen Scheiben putzen kannte ich vom Simca. Bis zur Autobahnauffahrt waren es drei Minuten. Anhalten, Frontscheibe innen noch einmal putzen, weil die Lüftung nichts nutzte und Heizung, ach ja, er hatte eine, sie wurde warm, als ich an meinem Arbeitsplatz ankam.

Auf der Autonahn erfuhr ich dann, warum man in vielen alten Krimis sieht, wie Leute auch auf geraden Straßen ständig am Lenkrad drehen: es gibt Autos, die wollen einfach nicht geradeaus fahren, wenn man geradeaus lenkt. Bei diesem Käfer setzte dieses Fahrverhalten schon bei Tempo 70 ein, ab Tempo 90 sorgten die Lenkkorrekturen für Vollbeschäftigung.

Einige Monate später bat mich ein anderer Freund, ihm beim Abholen seines Käfers aus der Lackierei zu helfen. Warum man 1973 einen 1963er Käfer für viel Geld neu lackieren ließ, verstand ich auch nicht. Na ja, mein Freund hatte Beziehungen. Wir fuhren mit dem Auto seines Chefs hin. Zurück sollte ich den Käfer fahren. Mein Freund fuhr, wie man damals sagte, wie eine besengte Sau. Da ich die Strecke nicht kannte, bemühte ich mich, dran zu bleiben. Selbst bei innerstädtischen Straßen in einem Käfer ein absolutes Kunststück. In den wenigen Monaten, die ich den Führerschein hatte, hatte ich auch schnell fahren gelernt, u.a. bei kleinen Amateurrenen und den damals beliebten Slaloms, oft auf den Parkplätzen von Supermärkten ausgetragen. Die armen Polizisten der 60er Jahre, die in genau so einem Modell, wie ich es damals fuhr, Verbrecher jagen mussten, müssen Genies gewesen sein, wenn sie eine Verfolgsungsjadg in einem Käfer gewannen. Nachdem mein Freund mich zweimal "verloren" hatte, übergab er mir das Auto seines Chefs, mit den Worten: "Darf ich nicht, kurz bevor wir ankommen, müssen wir wieder wechseln!"

Man glaubt nicht, wieviel Spaß ein Käfer machen kann, wenn er ein Buggy ist, der Motor frisiert, die Reifen so fett, dass endlich von einer Straßenlage die Rede sein kann. Wenn nur dieser VW mit meinem Freund am Steuer etwas schneller gefahren wäre, hätte es noch mehr Spaß gemacht.

MEINE KÄFER

Mein erster Käfer war ein Karmann Ghia 1500. Der Autogott habe ihn seelig. 1977 gebraucht gekauft, dummerweise erwischte ich nur einen mit Automatik, lebte nur noch ein Jahr lang und schied mit einer Motorleistung von 89000 km aus meinem Leben. Beim Vollgas auf der Autobahn gab der 45 PS Käfermotor, mit dem auch dieses Auto untermotorrisiert war, ein häßliches, sehr lautes und metallisches Geräusch von sich. Schlagartig verstummte das Motorgeräusch und einm Blick unter die Haube zeigte mir sofort, dass abgerissene Ventile den Motor sozusagen "erschossen" hatten. Durchschuss bis unter die Motorhaube. Ein Ex-Nachbar und Käfer Fan meinte viele Jahre später, wäre nicht selten gewesen bei diesen Baujahren. Tja, und dabei hieß es doch in den 1970er Jahren noch, das die Baujahre ab 1972 erst mit 1000000 km einen neuen Motor wünschen.

Etwas später hatte ich noch zwei andere Käfer. Nicht, dass ich plötzlich Käfer Fan war, es hatte rein praktische Gründe. Ich trennte mich von meiner damaligen Freundin und sie sich von mir. Wir einigten uns auf Gütertrennung: sie bekam unser Auto, ich die Möbel. ich brauchte nun ganz dringend ein Auto, um die Möbel nach und nach in meiner knappen Freizeit so schnell wie möglich in meine neue Wohnung zu transportieren. Da man alle Möbel auseinanderschrauben konnte, passten sie sogar in einen Käfer.

Ein Freund von mir hatte einen Freund und der hatte einen der letzten Käfer mit der 6 Volt Anlage. Das Auto, pardon, der Käfer lief auch sehr gut. Bei der Probefahrt. Ich holte ihn an einem Winterabend ab. Nach zehn Minuten fahrt setzte ein Schneesturm ein, nach 12 Minuten Fahrt konnte ich einmal pro Minute anhalten, weil die Heizungen im Käfer so berühmt wie berüchtigt und wirkungslos sind, was VW erst bei den späteren Modellen etwas verbesserte. Zum ständigen Eiskratzen gibt es eine Alternative: Heizung aus, Lüftung aus, Fenster auf, um Beschlag der Frontscheibe durch Atemluft zu vermeiden. Als ich zu Hause ankam, war ich glücklich, dass ich einen Käfer hatte, wo der Motor hinten ist. Auf dem letzen Stück innerstädtischer Schnellstraße ist eine kleine Steigung, wirklich nur eine leichte Steigung. Und da lagen sie alle fest und ließen die Räder durchdrehen: die Opel Besitzer, die Mercedes Fahrer usw. Ich hatte keine Lust in diesem Verkehrsstau unnötig stecken zu bleiben, bin auf den inzwischen völlig verschneiten, sehr breiten Gehweg ausgewichen. 20 cm Schneee in zwei Stunden waren das damals, ein seltener Rekord. Mit dem Käfer und Sommerreifen kein Problem, dass mauss man dem Auto, pardon Käfer lassen.

Ansonsten überzeugte diese himmelblaue Modell durch viele durchdachte Einzelheiten, die man bei VW zu seiner Zeit für modern hielt. Ein Rolldach, das man man sogar öffnen, aber bei einem älteren, bebrauchten Modell kaum noch schließen konnte. Eine 6 Volt Stromanlage, die bald nur noch Ärger machte, auch wegen Ersatzteilmangel, weil damals kaum noch einer einen 6 Volt Käfer hatte.

Der letze Käfer, den ich etwas später hatte, war ein 1972er Käfer, beim Kauf auch schon zehn Jahre alt. Vergleicht man ihn mit seinem 6 Volt Bruder, kann mannicht viele Verbesserungen feststellen: Wassereinbrüche an denselben Stellen, Suche nach den Ursachen und undichten Stellen sehr schwierig. Und vor allem die Heizungen, genauer gesagt, die Heizbirnen, ein Käfer-eigenes Konstruktionsprinzip, in Heizbirnen Luft mit Abgasen zu erhitzen. Kaufte man damals einen gebrauchten Käfer, der älter als fünf Jahre war, konnte man immer damit rechnen, dass die Heizbirnen schon ein Leck hatten und zusätzlich Abgase in den Fahrgastraum beförderten. Bei meinem zweiten grauen Käfer verzichtete ich auf die Benutzung der Heizung, bis er seinen nächsten TÜV-Termin hatte, dann mussten diese Dinger umständlich und nicht gerade günstig ausgetauscht werden, sonst hätte derTÜV-Mann Stempel und Unterschrift verweigert.

DER KÄFER, DAS RAUMWUNDER

Wenn man einen Käfer hatte und damit in den 1950er und 1960er Jahren, als er seine Hochzeit hatte, oder später zum Einkaufen fuhr, sah das so aus: Papa und Mama fuhren alleine, die Kinder blieben zu Hause. Sehr praktisch, konnten sie nicht nach Geldverschwendung für Süßigkeiten und Spielzeug schreien, wie Kinder das heute vor den Lockangeboten tun.

In den sogenannten Kofferaum, beim Käfer vorne unter der gewölbten Fronthaube, konnte ein Kasten Bier Platz finden, daneben passten noch ein andere Einkäufe, die sich mir Bierkasten und Reserverad den knappen Raum teilten. Wer z.B. zwei Kästen Bier oder gar drei Kästen Bier und noch einen Kasten Wasser mitbringen wollte, musste dafür natürlich den Rücksitz verwenden.

Als Urlaubsauto war der Käfer ideal. Onkel und Tante liebten Camping. Dummerweise hatten sie nicht nur ein Zelt, sondern auch zwei Söhne. Und sogar noch Koffer.

Ein VW Käfer mit einem Dachgepäckträger, der auch dann montiert war, wenn man ihn nicht brauchte, und durch höheren Luftwiderstand den Benzinverbrauch erhöhte, war kein seltener Anblick, denn es konnte immer sein, dass man spontan etwas transportieren wollte, was nicht in einen Käfer passen wollte.

Wenn in einen Käfer nicht genug hinein passt, liegt das allerdings nicht an der eigenartigen Konstruktion der Fronthaube, die man auch höher und eckiger hätte bauen können und schon gar nicht am Platzmangel im Innenraum. Man muss den Platzbedarf nur sehr genau kalkulieren.

Als ich den zweiten, grauen Käfer hatte, habe ich mein Eoinkommen beim Zweitstudium mit Handel von Flohmarktartikeln, "modernen" Antiquitäten u.ä. augebessert, leider war bei diesen Fahrten nie einer vom Guinnes Buch der Rekorde dabei.

Die größte Ladung, die ich damals befördert habe, sah so aus: mit Mühe und Not konnte auf der Rücksitzbank eine Kommode, ca. 1,50 Meter lang, 50 cm tief und 60 cm hoch, verstaut werden. Bei nach vorne geklappten Frontsitzen wurden dann die Schubladen und Stauflächen hinter den beiden Türen mit Kleinteilen befüllt. Anschließend wurde zwischen Kommode und Vordersitzen noch etwas verstaut, woran ich mich nicht erinnere, auf die Kommode passte auch noch etwas, woran ich mich mehr erinnere. Links oder rechts von der Kommode war noch etwas Platz für Kleinkram. Sicht nach hinten? Gleich null. Wozu auch, meinem Käfer hatte ich rechts einen zweiten Außenspiel verpasst.

Im sogenannten Kofferrraum verstaute ich Porzellan, in Bekleidungsstücke eingewickelt. Zum Schluss hievte ich alleine ohne Hilfe ein sehr schweres, zweisitziges Sofa auf den Dachgepräckträger. Damals ging das noch, heute würde meine Wirbelsäule streiken. Das Auto, pardon der Käfer war damit nicht überladen, nur der Dachgepräckträger. Geht doch alles, und sa stellte sich mein Onkel so an, obwohl der kein Sofa zum Zelten mitnahm.

Mit dieser Ladung ging es dann wegen der Dachlast langsam bei Nacht und Nebel nach Hause und der Käfer zeigte endlich einmal zu welch ausgezeichnetem Geradeauslauf er fähig ist, wenn er nur richtig beladen wird und man Tempo 30 fährt, damit nichts vom Dach fällt.

Dieseem grauen Käfer verdanke ich viel, z.B. meine Selbstausbildung zum erfahrenen Schweißer, um ihn noch einmal über den TÜV zu kriegen, aber wo immer ich ein Loch stopfte, woanders rostete schon ein neues nach nur zehn Jahren. Man nennt das Zeit-Geldwertverhältnis oder Nullsummenspiel: der oben erwähnte R4 rostete 30 % schneller und früher, kostete, aber auch nur 30 % weniger.

Eine besonderes Feature meines grauen Käfers war das "eingebaute Fussbad". Als ich ihn gebraucht kaufte, hatte er es noch nichtund plötzlich war es da. Möglicherweise vom Werk so eingestellt, dass man erst nach 11 Käferjahren ein Fussbad bekommt. Die Ursache konnten weder ich noch Freunde, die sich mit Autos viel besser auskennen, nie finden. Anfangs störte uns das Fussbad nicht besonders, der Pegel war sehr niedrig. Dann fuhren meine Freundin und ich 200 km nach Ostwestfalen. Bei Wolkenbruch und Dauerregen hin und zurück. Auf dem Hinweg hatten wir nur ein Fussnagelbad, so einen Zentimeter Pegel. Bei der Rückfahrt musste ich an einer Ampel bremsen und dann kam das Wasser, dass sich unter der Rücksitzbank gesammelt hatte, mti einem Schwall nach vorne, ca. 5 cm Pegel. Käfer: aus Freude am Fahren! Kann man mehr Freude haben, als im Wolkenbruch die Rücksitzbank auszubauen, nachzusehen, ob die Batterie noch lebt oder schon ersoffen ist? Ja, wenn VW den Käfer mal mit allem, was nach Jahren des Gebrauchs möglich ist, beworben hätte, ich glaube, dann hätte man so einige Jubiläen wie eine Millionen und 10 Millionen Käfer vielleicht nicht begehen können.

PS: Alle Begebenheiten entsprechen den Tatsachen. Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder verschrotteten Käfern sind unbeabsichtigt oder Zufall, aber nicht auszuschließen.

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