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  • Abtrünniger Zauberer

mehr als 1000 Beiträge seit 26.01.2012

Hahnebüchene Argumentation

Niemand, der sich mit der Thematik auskennt, würde behaupten, dass mit E-Autos wirklich keine Treibhausgas-Emissionen verbunden wären. Aber oft hört man, dass E-Autos deutlich weniger CO₂ verursachen als Autos mit Verbrennermotoren.

Im Verbrauch definitiv. Wenn du einen Dieselgenerator nimmst und damit ein E-Auto lädst kommst du mit derselben Menge Diesel weiter als mit einem Verbrennerauto.
Über Lebenszeit, also inklusive Herstellung des Autos, ist es wohl auch schon so bei heutigem Strommix.

Das verdient eine genauere Betrachtung. Wichtig ist die Frage, woher der Strom für das E-Auto kommt. Wenn ein E-Auto zum Laden an der Wallbox angeschlossen wird, wird er dem öffentlichen Netz entnommen. Wird die Sonne deshalb heller scheinen und ein Strompanel jetzt mehr Strom liefern? Wird sich jetzt ein Windrad schneller drehen?

Aha. Ein Strohmann wird aufgebaut.

Beides Mal "Nein". Die Strommenge aus Wind und Sonne wird durch den Ladevorgang nicht steigen. Sie wird durch exogene Faktoren bestimmt, wie durch die Windstärke und die Sonnenintensität am Standort der Anlage.

Und abgefackelt. Wozu das ganze?

Der Strom für das E-Auto wird also von einer regelbaren Stromquelle kommen müssen.

Ah. Um eine Behauptung zu untermauern und zu suggerieren: EE sind nicht regelbar.
Sind sie aber: EE generell sind immer "nach unten" regelbar. Ist die Leistung höher als der Verbrauch wird "abgeregelt". Das wird insbesondere bei PV bald immer häufiger passieren.
Die Behauptung ist falsch. So lange genügend Energie im Netz ist bekommt das Auto genau wie alle anderen Strom aus dem Netz.

Regelbar sind fossile Kraftwerke.

Falschbehauptung. Weil sie fossil sind müssen sie noch lange nicht regelbar sein. Kohlekraftwerke sind sehr träge. Hier wird ein falsches Bild aufgebaut: Nicht für jeden Verbraucher wird Produktion rauf und runter geregelt. Das ist Blödsinn.

Da deren CO₂-Ausstoß mit der erzeugten Strommenge steigt, müssen auch die dort zusätzlich entstehenden Co2-Emissionen dem Gerät zugerechnet werden, das den Strom verbraucht. Ob dies eine Kaffeemaschine, ein Rasierapparat, eine Glühbirne oder das Laden eines E-Autos ist, spielt dabei keine Rolle.

Genau. Das verteilt sich auf alle - ergo Strommix. Der Autor suggeriert aber bereits hier, dass es nur den E-Autos anzulasten wäre.

Das Stromangebot von Windkraftanlagen und Photovoltaik ist unstet und entspricht in der Regel nicht dem Bedarf, der von den Verbrauchern im Zeitablauf nachgefragt wird: "In der Jahresübersicht 2020 zum Beispiel schwankt der Tageswert regenerative Erzeugung zwischen 16,6 Prozent am 10. Dezember 2020 und 92,2 Prozent am 16. Februar 2020."

Jaja, die bösen EE und ihre Volatilität. *gähn*

Wie gleicht man die Schwankungen der Nachfrage aus? Fossile Kraftwerke müssen die schwankende Einspeisung von Wind- und Solarenergie und die schwankende Nachfrage flexibel ausgleichen.

Oder die Überproduktion in der Mittagssonne von PV wird gedrosselt, (Pump-)speicher werden gefüllt oder geleert, überschüssiger Strom ins Ausland verschifft... Selbst der Status Quo hat mehr zu bieten als das falsche Bild, was hier aufgebaut wird, dass wenn Ernie sein E-Auto anschließt Bert im Kohlekraftwerk mehr Kohle aufschippt.

... Strommixberechnungen...

Keine Begründung wird gegeben, warum man den Europäischen Strommix verwendet.

Vielleicht, weil es werbetechnisch besser aussieht? Immerhin soll es ja auch dahin gehen, nicht fossiler werden sondern EE sollen weiter ausgebaut werden.

Wenn heute jemand ein E-Auto mit einem Kabel an eine Ladestation anschließt, wird der Strom, der von Windrädern oder Solar-Anlagen erzeugt wird, nicht steigen. Der Strom muss also woanders herkommen. Man wird auf fossile Kraftwerke zurückgreifen müssen. Jedes E-Auto, das heute neu in Betrieb genommen wird, muss notwendigerweise mit Strom fahren, der in einem Kohle- oder Gaskraftwerken erzeugt wird.

Gleicher Strohmann wie vorher: Wenn jemand ein E-Auto lädt wird der Strom von Windrädern oder Solaranlagen nicht weniger und nur mehr, wenn dazu vorher abgeregelter Solarstrom wieder zugeschaltet wird. Das ist Status Quo. Damit dort mehr Strom generiert wird aus EE muss selbige ausgebaut werden. Das ist doch logisch. Für jedes E-Auto, das heute neu in Betrieb genommen wird, muss notwendigerweise EE ausgebaut werden. Nicht Gas- und Kohlekraftwerke hinzugebaut werden. Letzteres ist, siehe Moorburg, eh sehr unwahrscheinlich. Gas Putin sei Dank wohl auch. Es bleibt also nur dabei, dass weiter EE ausgebaut werden muss.
Die Realität wiederspricht dem Autor auch eklatant im Status Quo: Gerade Solarpanelbesitzer holen sich E-Autos, um "mehr" aus ihrer Anlage zu holen und möglichst viel Eigenverbrauch zu haben. Sie werden also gerade mit Solarenergie getankt. Menschen, die keine eigene Solaranlage haben und sich ein E-Auto holen holen sich das meist zum pendeln zum Arbeitsgeber, bei welchem sie tagsüber laden. Also bereits im Status Quo werden E-Autos ein halbes Jahr lang eher von Solarenergie geladen denn irgendwelchen fossilen Energien. Jetzt schon.

Wenn wir von einem mittleren Wert von 20 kWh auf 100 km ausgehen, und die spezifische Emission für die Stromerzeugung aus fossilen Quellen – wie oben errechnet – mit rund einem Kilogramm CO₂ pro kWh ansetzen, ergibt sich folgende Berechnung:

Das ist unlauter. Der Autor hat sich mit einem wiederholten Strohmann versucht davon abzulenken, warum er nicht den allgemeinen Strommix nimmt - aber bleibt einer Erklärung schuldig warum nicht. Stattdessen rechnet er NUR fossile den E-Autos zu. Warum? E-Autos sind Verbraucher wie alle anderen auch. Sie verbrauchen den Strom, der angeboten wird. Man könnte noch rechnen, dass E-Autos zu bestimmten Tageszeiten geladen werden oder so, aber dazu fehlt hier völlige Grundlage an Daten. Stattdessen wird einfach behauptet, durch E-Autos müssten mehr Fossile verbrannt werden. Zu welcher Tageszeit will der Autor das festmachen? Wenn Pendler bspw. beim Arbeitgeber laden laden sie tagsüber von 9 Uhr bis ca. 16 Uhr - also genau korrelierend mit PV Anlagen. Die "Umsonst-Tanker" bei Supermärkten ebenso tagsüber zu korrelierenden Zeiten. Der Fernseher/Computer etc. zuhause dagegen wird um 19 Uhr angestellt und um 1 Uhr morgens aus. Das hat der Autor nicht einmal in Betracht gezogen, dabei spricht hier vieles für E-Autos. Ebenso wie der Status Quo, bei welchem besonders PV-Besitzer gerne auf E-Auto wechseln (siehe oben).

Um von fossiler Energie unabhängiger zu werden, hilft das E-Auto nicht.

Schlimmer: Um von fossiler Energie unabhängiger zu werden ist das E-Auto leider unabdingbar. Wir haben nichts besseres zur Zeit, was schnell genug das Verbrenner-Auto ersetzen kann. Und nur wenn Mobilität elektrisch wird ist es mit EE überhaupt zu machen. Gerade für die Energiewende bedeuten E-Autos eine Erleichterung: Energie kann in E-Autos gespeichert werden um sie später in Bewegungsenergie umzusetzen. Gerade dadurch können E-Autos sogar Netzstabilisierend wirken, wenn ihre Ladezyklen dementsprechend angepasst werden.
Verbrenner-Auto beibehalten hilft jedenfalls überhaupt nicht: Die Erzeugung von E-Fuel ist viel zu ressourcenverschwendend. Soviel EE haben wir erst recht nicht.

Angesichts der Klimakrise und der Energieprobleme aufgrund der Ukraine-Krise sollte das Schönrechnen des E-Autos ein Ende haben. Eine Analyse auf Basis der tatsächlichen physikalischen Gegebenheiten zeigt, dass es zu keinen nennenswerten Minderungen der CO₂-Emissionen führt (das Gegenteil ist wahrscheinlicher). Begriffe wie „Zero Emission“ stiften Verwirrung.

Steile Behauptung, die durch nichts im Artikel bestätigt wurde. Verbrennerautos mit EE zu beliefern ist vom Autor nicht einmal erwähnt worden, wäre aber die einzige Alternative zum E-Auto. Wie der Strom für das E-Auto hergestellt wird ist wichtig, klar. Aber darauf hat das E-Auto keinen Einfluss und ist dank seiner Parameter (siehe oben, Speichermöglichkeit, korrelierende Ladezeiten etc.) kein großes Hindernis für EE - im Gegenteil. Die Idee, dass für E-Autos Kohlekraftwerke oder Gaskraftwerke gebaut werden erscheint gerade in Angesicht der jetzigen Krise als sehr weit hergeholt. Es sieht doch stark nach einem heftigen Ausbau von EE aus.

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