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  • FlinxInFlux

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Re: Ursachen: Berliner Republik, Verkehrsprojekt Deutsche Einheit, S21 ....

Mathematiker schrieb am 21.09.2023 10:08:

Die heutige Situation hat viele Ursachen. Dazu gehört sicherlich, dass man in den 1990er-Jahren die Bahn für den Börsengang fit machen wollte. Es wurde gespart, wo es ging, Geld nur für schöne Dinge ausgegeben

Nein. Das Problem war nicht der Schwenk in Richtung Wirtschaftlichkeit, sondern die Politik, die sich ihre Blütenträume von der Bahn kofinanzieren lies.

Beides ist richtig und (grob gesagt) hat es die förderale Politik in Deutschland verbockt. Das hat eher weniger mit "Berliner Republik" zu tun.

Die Bahn-Manager wollten die teuren Neubaustrecken nach Berlin nicht.

West- und Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung miteinander zu verbinden (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit) war ohne Alternative. Die Argumente der "Bahn-Manager" hätte ich gerne mal gehört.

Bei etlichen dieser Strecken ist zudem völlig unklar, ob das nicht Weiße Elefanten sind, also der Betrieb mehr kostet, als er einbringt.

Welche sollen das sein?

Problematischer sind eher förderale Forderungen, die zweifelhafte Extrabahnhöfe zur Folge hatten (Paradebeispiel: der ICE-Bahnhof Montabauer).

Statt die Investitionskosten vollständig durch den Bund zu finanzieren, hat man die Kosten größtenteils durch die Bahn finanzieren lassen.
Dafür musste woanders gespart werden....

Völlig korrekt. Wie im Artikel geschrieben machte man das so, um die Bahn für den Börsengang fit zu machen. Obendrein ließ sich der Bund auch noch "Gewinne" auszahlen, die man lieber hätte investieren sollen. (Das Ganze erinnert an den Umgang des fanzösischen Staat mit der EdF, wo man jahrelang AKW-Sanierungen eingespart hatte und trotz Schuldenberg immer wieder pressewirksam Scheingewinne verkünden zu können.)

Nein, wenn man die Bahn wirklich als Wirtschaftsunternehmen geführt hätte, hätte sich diese auf ihre Hauptstrecken mit dem größten Gewinn fokussiert und dort die Strecken und Technik in Schwung gehalten. Erstes Semester BWL.

Man muss wahrscheinlich konstatieren, dass auf verschiedenen Ebenen völlig gegensätzliche Vorstellungen vorherrschten, was die Deutsche Bahn sein und wem sie dienen soll. Inzwischen sollten alle Beteiligten kapiert haben, dass die Bahn als reines Wirtschaftsunternehmen nicht funktionieren kann und eine öffentliche (und damit auch politische) Funktion hat.

Aber in Berlin gehen nunmal die Uhren anders. Da gibt es "Deutschland-Tickets", Deutschland-Takt und die skurrile Idee für die Verkehrswende auch noch den letzten Dorfbahnhof mit einem hohen Takt zu versehen, schließlich soll auch der Bauer die Bahn für die Fahrt in die große Stadt nehmen. Koste es, was es wolle...

Das ist im Prinzip ohne Alternative. Wir haben in Deutschland die Situation, dass gleich mehrere transnationale Bahnprojekte an uns scheitern bzw. um Jahrzehnte zurückgeworfen werden. Das ist so, weil Betroffene vor Ort - egal ob im Allgäu (Brenner-Nordzulauf), auf Fehmarn (Querung nach Dänemark/Schweden) oder im Seevetal (südlich von Hamburg) - alle Möglichkeiten ausreizen, diese Projekte (über die es teilweise Staatsverträge gibt) nicht nur auszubremsen, sondern antreten, die Projekte zu verhindern.

Diese Renitenz hat widerum viele Ursachen. Eine konkrete Ursache ist aber sicherlich der Fakt, dass ab Mitte der 90er auf dem Land viele Verbindungen eingestellt wurde (--> Wirtschaftlichkeit) und die Leute gzwungen wurden, komplett auf das Auto umzusteigen). Daher fragen die sich heute, warum sie sich neue Bahnstrecken in der Nachbarschaft gefallen lassen sollen, von denen sie selbst nichts haben. Im Fall des Brenner-Nordzulaufs oder der Fehmarnbelt-Querung geht es zudem auch noch um Güterverkehr bei dem Deutschland nur Transitland ist.

Und wie bei der seeligen Gong-Show aus den Kindertagen des Privatfernsehens, wartet man eigentlich nurnoch darauf, dass bald jemand den Gong schlägt, bzw. den Stecker zieht, weil die vielen Milliarden € Defizit der Bahn, vom Steuerzahler nicht mehr zu stemmen sind.

Dieses Land hat einfach fertig!

Wenn man das so machen würde DANN hätte das Land "fertig". Jahrzehntelang wurde mit ungeheuren Summen der Individualverkehr subventioniert. Die Ausgaben für den Autobahnausbau beim "Verkehrsprojekt Deutsche Einheit" waren höher als für den Bahnausbau. Aus meiner Sicht ist es unabdingbar, dass der Ausbau des ÖPNVs wieder größere Priorität bekommen muss.

Flinx

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