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Avatar von kodu
  • kodu

mehr als 1000 Beiträge seit 18.09.2008

Es gibt schwerwiegendere Gründe

Was die Ostdeutschen damals nicht ahnen konnten: Mit ihrem lauten Ruf nach der D-Mark besiegelten sie den Untergang ihrer eigenen Betriebe.

Naja...Wenn ich mich richtig erinnere, stand genau das damals in der öffentlichen Diskussion. Man hätte es also sehr wohl erahnen können. Aber die Ostdeutschen, berauscht von der Aussicht auf die wohlstandverheißende D-Mark, waren in ihrer Mehrheit nicht zu überzeugen. Sie haben sich für den kurzfristigen Vorteil entschieden. Der Sanierungsfähigkeit ihrer Planwirtschaft schenkten sie keinen Glauben.

Nach meiner Beobachtung gibt es drei Faktoren, die die Ostdeutschen letztlich bis heute spüren:

- Ganz Deutschland hatte den Krieg verloren, bezahlen musste ihn hautsächlich der
Osten.
- Die rigide Treuhandanstalt unter Frau Breuel, einer grabeskalten (so habe ich sie
wahrgenommen) Hamburger Bankierstochter, die auch überlebensfähige DDR-
Betriebe gnadenlos zerschlug.
- und - was m.E. am stärksten nachwirkt - der zweifache erzwungene Exodus junger, in der DDR hervorragend ausgebildeter Menschen - die im Westen den Wohlstand mehren durften - zuerst nach dem Mauerfall und später nochmal durch die völlig verkorkste AGENDA2010, die die Menschen ein zweites Mal nach Westen trieb.

Heute fehlen diese Menschen der Gesellschaft im Osten als Fachkräfte UND als bürgerliche Mitte, wo die AfD in den Umfragen vorn liegt, denn Enttäuschung ist auch über 30 Jahre später noch eine starke Emotion.
Wenn man sich z.B. mal Sachsen ansieht, das vor dem Krieg allein für ein Drittel des gesamtdeutschen Exports verantwortlich war, die naturwissenschaftlich-technische Tradition die Kreativität, die Sorgfalt und Tüchtigkeit seiner Handwerker, dann kann man erahnen, wie groß die Enttäuschung der Menschen in einstmals glanzvollen Städten, wie Görlitz oder Bautzen oder Zittau oder Zwickau ... gewesen sein muss, als man feststellte, was der Westen für sie im Angebot hatte: 50% Arbeitslosigkeit (ich dachte zunächst, mich verlesen zu haben) gab es tatsächlich, aufgefangen durch "staatliche "Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen" .
Welches Potenzial dieses Land hat, zeigen seine andauernden Erfolge im Bildungsvergleich. Man kann nur Glück und Mut wünschen und vielleicht auch die Vernunft, sich nicht der - ebenfalls weitgehend westlich dominierten - AfD und ihren Hintermännern auszuliefern, sondern etwas eigenes typisch ostdeutsches, lebensbejahendes und positives anzugehen zu versuchen. "Bist Du Gottes Sohn, so hilf Dir selbst!" pflegte mein Vater zu sagen. So isses! Das ist der einzige Weg raus aus dem Dilemma.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (03.10.2023 10:28).

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