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  • Mathematiker

mehr als 1000 Beiträge seit 22.02.2014

Der große Graben

Es gibt in Europa eine große kulturelle Grenze.
Zwischen den germanischen und romanischen Völkern und den Slawen.
Deutschland ist hier Grenzgebiet. Ostdeutschland war einmal ein Slawischer Siedlungsraum, der im Rahmen der Ostsiedlung germanisiert wurden. (Heute gibt es dort nurnoch kleine slwaische Minderheiten.)
Der Hauptunterschied befindet sich ihr auf dem Mentalitätsebene. Die Slawen ticken halt etwas anders, als ihre westlichen und nördlichen Nachbarn.

Interessanter ist da schon die große, kulturelle Differenz zwischen Russen und Deutschen.
Deutschland ruht auf einem sehr alten und zeitweise bedeutensten Reich der europäischen Geschichte: Dem ersten Kaiserreich (HRR).
Dieses weist so einige geschichtliche Besonderheiten auf:
Es hatte eine protodemokratische Struktur:
1.) Ein Wahlkaisertum. D.h. jeder neue Kaiser wurde gewählt.
2.) Durch die verschieden Gremien (z.B. Reichstag) gab es eine Verschränkung der Macht, die zum Vorbild für die USA wurde und Vorbild für unser aktuelles förderales System wurde. D.h. Im Reich gab es keine absolutistische Herrschaft. (Die kam erst nach dessen Zerfall für kurze Zeit.) Man war im Reich permanent mit dem Diskutieren und Austarieren der Macht beschäftigt.
3.) Die Grenzen, die im laufe der Jahrhunderte immer kleiner wurden. In der Endphase des Reichs hatten zwei Gliedstaaten (Preußen und Österreich) den größten Teil ihrer Staatsgebiet außerhalb der Grenzen des Reichs und diese Gebiete wurden auch nicht als Teil des Reichs behandelt.

Und Russland?
Tja, der Begriff Rus stammt zwar von nordischen Ruderern, diese Oberschicht wurde aber slawisiert. Entscheidener ist aber die Eroberung des damals noch völlig unbedeutenen Landstrichs durch die Mongolen. (Mongolensturm.)
Dies führte zu einer starken absolutistischen Autokratisierung, die sich auch nicht nach dem Abwurf des Tributjochs und der Unterwerfung der Völker im Osten, Süden und Westen änderte. Es war immer alles auf den Zar ausgerichtet und die (Groß-)Fürsten zogen ihre Macht einzig und allein aus der Nähe und der Gunst des Zaren.
Zivilgesellschaft konnte man immer praktisch vergessen. Und daran hat sich bis heute auch nichts geändert. Auch die Bolschewisten tickten nicht anders. Da wird maximal der Herrscher ausgewechselt. Da hatten sich die deutschen Kommunisten in ihrem Hotel Moskau die Augen gerieben, als sie die Realität erfahren durften.
Und: In seiner kurzen Geschichte ist Russland immer imperialistisch und auf Expansion aus gewesen. Klar, dass so ein Reich immer auch eine Bedrohung ist.

Die Mischung aus Abgrenzung und Umarmung hatte in den deutsch-russischen Beziehungen sogar eine verwandtschaftliche Basis. Das komplizierte Verhältnis zwischen Wilhelm II. und Nikolaus II. verhinderte jedoch nicht den Ersten Weltkrieg, im Gegenteil.

Oh Mann. Die Hochadelssippe war überall miteinander verwandt. Auch z.B. mit den britischen Königshaus. (Die sind praktisch deutschstämmig.)
Gebracht hatte das alles nichts, weil man damals das Great Game spielte.
Der preußische Tollpatsch trat zwar auch in jedes Fettnäpfchen, stellte aber seinem K.u.K.-Kumpel auch eine lohnende Beute für die russische Expansion dar. Die Alliierten hatten damals ganz klar ausgemacht, wer welche Beute bekommen sollte.
Und niemand dachte ernsthaft daran, dass das Reich im Zweifrontenkrieg lange hätte Stand halten können. Der Zar hatte sich verrechnet. Seine Truppen wurden geschlagen und mit dem Dritten im Bunde (Osmanische Reich) kam dann auch das große Elend und die Revolution, weil man strukturell unfähig war, längere Kriege zu führen.
Das logistische Elend führte zur Revolution.
(Erinnert auch wieder an den Ukrainekrieg.)

Und die kolportieren Bilder aus dem Artikel? -> Rundablage.

Die zeitweilige Begeisterung der Deutschen für Russland nach dem Zweiten Weltkrieg ergab sich aus dessen Machtposition und hinterher aus einer Mischung von Überheblichkeit und Romantisierung. Zudem wurden die Ossis in der DDR ja auch noch pausenlos mit Propaganda zugegleistert. Dazu passt auch dieser launige Propagandafilm vom Anfang des Artikels.
Was glaubte die SPD, was sie und Deutschland für einen Einfluss auf den Putin hatte?
Und das wurde zur grandiosen Bauchlandung.

Und das ist auch der große Graben zwischen Deutschland und Russland oder glaubt hier jemand ernsthaft der Olaf Scholz (oder gar ein Joe Biden) könnte hier so die Puppen tanzen lassen, wie es ein Putin kann?

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