Karyptis schrieb am 12.07.2023 22:48:
Tatsache ist, dass speziell die Deutschen ziemlich fleißig, kreativ und produktiv sind und in der Folge große Mengen an Wohlstand erzeugen in Form von weltweit gefragten Gütern und Dienstleistungen.
Diese Tatsache ist nicht ausreichend um den deutschen Handelsüberschuss zu erklären. So was sollte der Wechselkursmechanismus ausgleichen.
Nach Einführung des Euros ist der Handelsüberschuss Deutschlands drastisch angestiegen. Nach deiner Theorie müsste also der Fleiß, die Kreativität und die Produktivität Deutschlands quasi explodiert sein.
Eine ebenfalls substanzielle Menge an Wohlstand wird auch einfach ans Ausland verschenkt, im Schnitt 150 Mrd € pro Jahr, das ist der Handelsbilanzüberschuss, für den Deutschland nur wertlose Schulden/Forderungen erhält. Dieser verschenkte Wohlstand kommt dem Ausland zugute. Zur Erinnerung: Ein Handelsbilanzüberschuss kann ausschließlich in Form von Schulden des Auslands bezahlt werden - und diese Schulden werden traditionell nie zurückbezahlt sondern gern regelmäßig erlassen.
Wenn jemand aus der Eurozone etwas z.B. in die USA verkauft, dann erhält er dafür US-Dollars. Diese kann er sofort bei seiner Bank in Euros umtauschen. Damit ist seine Forderung beglichen und die kann auch nicht ausfallen.
Seine Bank muss nun entscheiden, was sie mit den Dollars tut. Kauft sie verbriefte Subprime-Kredite, dann sind diese ausgefallen. Kauft sie US-Staatsanleihen oder Apple-Aktien, dann ist ein Ausfall dafür bisher nicht beobachtet worden.
Grundsätzlich ist zu fragen, auf was dein Vorhalt hinauslaufen soll. Handelsüberschüsse erbringen einer Volkswirtschaft mehr Wachstum und Beschäftigung. Davon profitieren die Arbeitnehmer durch mehr Jobs, die Unternehmen durch mehr Gewinn und der Staat durch mehr Steuereinnahmen. Jeder weiß doch, dass Forderungen auch mal ausfallen können. Dennoch werden täglich Millionen von Forderungen und Verbindlichkeiten eingegangen. Das ist ein wesentlicher Aspekt unserer Ökonomie.
Damit hier keine Missverständnisse entstehen: Handelsüberschüsse erbringen nicht nur für den Exporteuer ein Forderungsausfallrisiko, sondern für seinen Handelspartner eine höhere ständig ansteigende Verschuldung und ein Verlust von Industriearbeitsplätzen. Deshalb sollte gerade für ihn "freier Handel muss fairer Handel sein und bedeutet damit ausgeglichener Handel" ein wichtiges Anliegen sein.
Die gute Frage ist dann nur noch, wie dieser ausgeglichene Handel zu erreichen wäre.