Danke für diesen guten Artikel, man ist ja bei der sonst anfallenden Medienmeinung anspruchsloser geworden.
Zwei entscheidende Aussagen in dem Artikel sollten konkretisiert werden:
1. Wieso hat niemand versucht, die Ukraine als neutralen Staat nach dem Beispiel Österreichs oder Finnlands ökonomisch und politisch einzubinden, aber russischen Einkreisungsängsten durch entsprechende Sicherheitsgarantien gleichfalls Rechnung zu tragen?
2. Das ist Neoliberalismus pur: Mehr Geld in Digitalisierung und Rüstung stecken, die "Schuldenbremse" wieder in Gang setzen und Steuererhöhungen ausschließen. So bringt man den Wohlfahrtsstaat in eine finanzielle Zwickmühle, aus der nur Sozialabbau herausführt.
Die 2. Aussage zuerst, denn diese ist typisch Kapitalismus: Um längerfristig Expansion für den Wachstumszwang sicherzustellen wird aufgerüstet. Aufrüstung wird so zu einer Investition für den nationalen Gesamtkapitalismus.
Wachstumszwang ist ein Systemzwang und kein böser Wille einzelner! Ein "Sachzwang", für den angeblich niemand kann.
Der Zwang zu ewigem Wachstum entsteht einerseits aus der Verpflichtung, die Zinsen der Kredite für Investitionen zu bedienen aber andererseits sind Kredite und Zinsen selber nur deshalb möglich, weil die Bank selbst einen Anteil, an der durch Ausbeutung der Arbeitskraft zu erwartenden zukünftigen Profite der Unternehmen einfordert.
Die kapitalistische Konkurrenz selber zwingt jedes Unternehmen dieses Spiel mitzuspielen, denn sonst droht Insolvenz. "Bei Strafe des Untergangs" (Karl Marx). Aus diesem Grund "trägt der Kapitalismus den Krieg in sich wie die Wolke den Regen" (Jean Jaurès).
Ein dauerhafter Friede wird ohne eine Überwindung der Klassengesellschaft, ohne Sozialismus nicht möglich sein.
Jetzt kommt in Europa und vor allem in Deutschland noch ein anderer Fakt hinzu(zu 1.):
Die Schutzmacht des europäischen Kapitalismus gegenüber der Systemkonkurrenz bis 1989, fordert ihren Preis ein:
Die Vereinigten Staaten als Gewinner des 2. Weltkrieges und als Weltmacht zur Gewährleitung des deutschen Kapitalismus während der Systemkonkurrenz, untersteht natürlich ebenso dem kapitalistischen Wachstumszwang. Während des Kalten Krieges verhinderte sie erfolgreich die Ausbreitung der sozialistischen Idee durch die Sowjetunion, die selber ökonomisch rückständig aber gefährlich war. Der deutsche und europäische Kapitalismus versteckte sich hinter der militärischen US-Weltmacht um weiterhin zu funktionieren, denn die Arbeiterbewegung war stark.
Seit 1989 gibt es aber diese Systemkonkurrenz nicht mehr und es gibt objektiv keinen Grund für das europäische und russisch-asiatische Kapital die Vereinigten Staaten von Amerika nicht als einen ganz gewöhnlichen kapitalistischen Konkurrenten zu betrachten, was Russland und China auch tun.
Warum aber sollten die USA die von ihnen abhängigen Staaten einfach fallenlassen? Warum sollten die USA ein geeintes Europal als ökonomische Konkurrenz zulassen, wenn sie es nicht müssen. Friedliche Handelswege von Westeuropa bis nach Asien waren schon Anfang des 20. Jahrhunderts eine große Gefahr für die Vormachtstellung der ehemaligen Seemächte(siehe Heartland Theorie des britischen Geographen Halford Mackinder 1904, bzw. Zbigniew Brzeziński).
Und so steht tatsächlich für Deutschland auch die nationale Frage auf der Tagesordnung. Damit tut sich die Linke schwer, denn dieser Fakt wird ja auch tatsächlich von rechten Ideologen ausgenutzt. Dennoch ist sie da!
Was die deutsche Politik gegenwärtig charakterisiert, ist ja noch nicht einmal im kapitalistisch-ökonomischen Interesse Deutschlands. In kapitalistischem Wettbewerbsinteresse wäre in der Tat eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland und China!
Waren es früher die Handelswege, so ist jetzt noch der notwendige Energietransport hinzugekommen. Natürlich ist die Öffnung der Nord-Stream 2 Pipeline in deutschem Interesse! Und der Technologietransfer, Rohstoffe, Absatzmärkte und, und, und... Und dann käme die Frage der weltweiten Leitwährung auf. Ein echter Horror für die USA!
Wenn die Linke es nicht schafft, dieses Thema für sich aufzubereiten, wird sie weiter ihren Einfluss an die Rechten verlieren. Europäische und deutsche Unabhängigkeit ist die Vorbedingung für eine soziale Befreiung von den Zwängen des Kapitalismus.
Demokratie ist mit Wohlstand verknüpft. Ohne Bildung und mit leerem Bauch landen auch wir sehr schnell wieder in einer Diktatur. Deshalb ist das Gerede von der westlichen Demokratie ideologisches Gefasel. Es geht um den Reichtum der sich als "westlich" bezeichnenden ehemaligen Kolonialstaaten, die sich eine Demokratei leisten können und die aufholenden armen Länder, die alle mehr oder weniger Diktaturen sind. Ein wirtschaftlich reiches Russland wird demokratisch werden und auch ein reiches China.
Und die wichtigste Frage bei der so hochgelobten Demokratie ist doch wohl: Warum sollte die menschliche Arbeit, die Produktion von Wohlstand, von dieser ausgeschlossen bleiben?
Nichts anderes ist die Idee des Sozialismus, der Rätedemokratie, die nichts anderes will, als die ökonomischen Sachzwänge durch den menschlichen Willen zu ersetzen!
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (17.03.2022 10:00).