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  • joribo

mehr als 1000 Beiträge seit 06.09.2013

Re: Infos zum Lärm von Windrädern

die WKA wird vermessen nach IEC61400. Dabei kommt dann der Schallleistungspegel, errechnet aus den Schalldruckpegeln raus. Infraschall ist mit drin in der Impuls-Zuschlagsbewertung und Einzeltöne erhalten einen Einzeltonzuschlag (weil ein singender Ton störender ist als ein rauschender).
Der Schalleistungspegel wird für diverse Windgeschwindigkeiten und zugehörige Leistungen ermittelt, auch in 4 verschiedenen Richtungen (Rotorkopfpositionen).

Mit dem Päckchen Daten füttert man dann das Schallvorhersageprogramm bevor der Windpark Genehmigung bekommt. Das Program rechnet dann aus an welchem Ort der Schalldruckpegel wie gross ist bei welchem Wind und damit Leistung der Anlagen, und korreliert auch dabei die Windrichtungen. Die Landkarten werden dann mit Linien gleichen Schalldruckpegels und farbig ausgedruckt, zB über 45 dBA rot und weniger gelb und ganz wenig grün. Die Bebauung ist logischerweise mit eingezeichnet und man sieht wieviel Schalldruckpegel welches Haus zu welchen Windbedingungen abkriegt.

Dann kommt die Bewertung ob die WKA zulässig sind oder nicht. Dafür gilt TA-Lärm und BIMSCH. Da gibt es zB Tabellen dass der zusätzliche Lärm in reinem Wohngebiet tags x dBA und nachts Y dBA sein darf. Oder im Industrie/Wohn-Mischgebiet was anderes oder in besonders ruhigen Gegenden (Naturschutz oder Altersheim oder Krankenhaus) noch weniger.

Nun sieht man ob der geplante Windpark schon mal die gesetzlichen Grenzen überschreitet und unter welchen Bedingungen. Etwa zB Ostwind mit mehr als 10 m/sec. Ok, sofern das das einzige Problem ist wird man den Windpark aus Schall-Gesichtspunkten genehmigen aber unter der Auflage dass bei Ost-Richtung und starkem Wind die Anlagen gedrosselt werden. Oder am Wochenende nachts generell nur xyz Leistung machen dürfen.

Gelegentlich gibt es Ausgleichsmassnahmen, etwa dass der Windparkbetreiber den Anwohnern Schallschutzfenster spendiert. Das ist aber inoffiziell und eine gütliche Einigung.

Ein gösseres Problem ist es wenn vor Ort eine zweite Lärmquelle ist, die die Grenzen bereits ausnutzt, sodass der Windpark dann drüber kommt. Das relativiert sich teilweise dadurch dass sich Schallpegel logarithmisch addieren dh der Zusatzlärm des Windparks kann ggfs im Lärm der Autobahn untergehen.

Nehmen wir an, dass der Windpark vom Schall her genehmigt werden kann, kommt noch Schattenwurf dazu, ähnlich mit Software simuliert wie der Schall.

Und das Naturschutzgutachten. Fliegt da der Rotmilan, ist schon mal schlecht. Der einzige Rote der in Deutschland geschützt wird.
In Finnland ist das das Liito-orava, eine Kreuzung zwischen Segelflugzeug (ASK13) und Eichhörnchen (...was es alles gibt!) . Ihr wisst ja dass Regenwurm und Igel gekreuzt Stacheldraht gibt. Hier vermasselt das Liito-orava die Baugenehmigung für den Windpark.
Gelegentlich wird genehmigt aber Ausgleichsmassnahmen gefordert, etwa dass man ein Feuchtbiotop dazubaut zum Windpark.

Nehmen wir an dass der Windpark dann unter Auflagen genehmigt und gebaut wurde. Dann kommt ein Expertenteam mit Messgeräten und vollzieht in der Realität genau das nach was zuvor auf der Schall-Landkarte rot-gelb-grün war. Man wird zB aussen am Haus am Schlafzimmerfenster messen. Oder konkreten Beschwerden nachgehen.

Stellt sich raus dass der Beschwerder Recht hat und die Schalldruckwerte gehen über das gesetzlich zugelassene hinaus, wird man nicht abreissen sondern die Auflagen verschärfen, dh den "noise-mode" erweitern auf einen grösseren Wind- oder Richtungsbereich. Das kostet Energie. Macht aber nicht so viel aus wie man denken könnte, denn moderne WKA haben Lastkollektivsammler und können reduzierte Leistung dann durch längere Lebensdauer ausgleichen. Sofern die Bugenehmigung keine harte Zeitgrenze hat.

Infraschall ist bereits in der Vermessung einer Protoptypen- oder Referenzanlage berücksichtigt. (Wie gesagt, bevor der Windpark gebaut wird).
In fast allen Fällen ist es gar kein Infraschall. Sondern eine Amplitudenmodulation der Antriebstranggeräusche, die mit der Blattdurchgangsfrequenz in Portionen abgestrahlt werden. Dh pulsierende Geräusche im Hörbereich, nicht Infraschall.
Das ist physikalisch ganz was anderes.
Aber immerhin, Impuls-Tonalität wird ebenso bestraft wie Einzeltöne (die bekommen 3 dBA-Strafzuschlag). Man kann also nicht sagen dass das vergessen wurde. Es wird ggfs subjektiv anders bewertet von Anwohnern.

Eine psychologische Bewertung, etwa wie sehr sich jemand ärgert über einen kommenden Windpark, findet nicht statt. Was aber oft passiert sind Klagen wegen Wertminderung der Häuser die nach Bau des Windparks im Verkaufswert sinken. Das sind geldwerte Nachteile und das muss man m.E. ernst nehmen.

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