"Bis 1990 hatten sie in einem Elektroporzellanwerk in Großdubrau nördlich von Bautzen gearbeitet. 850 Beschäftigte stellten dort Isolatoren für Hochspannungsleitungen her.
Ja, die übliche Ossi-Story, solche Geschichten wurden mir zu Hunderten erzählt. Super VEB Rote Rüben, super Produkt, super Verkaufzahlen, Weltniveau halt.
Acht Wochen nach dem 3. Oktober 1990 erfuhren sie, dass ihr Werk geschlossen wird. »Offizielle Begründung: Es gebe im Westen genug Betriebe, die Isolatoren herstellten.«
Und acht Wochen vor dem 03.Oktober war die DM eingeführt worden. Und damit endete die ganze Herrlichtkeit - die ja ohnehin nur funktioniert hatte, weil die Produkte der DDR-Industrie zu einem Viertel ihres ostzonalen Gestehungspreises in harter Westwährung auf den Markt gebracht werden konnte - und damit waren die VEBs in der DDR konkurrenzlos günstig. Es bedurfte für uns keiner Globalisierung, die Brüder und Schwestern im Osten waren unsere Werkbank. Klar, sie waren nicht so produktiv wie wir, aber wen störte das, wenn man die ganzen Nebenausgaben einer Firma im Sozialismus wie Betriebskindergärten, Wohnheime, Ferienlager, Betriebsärzte und -zahnärzte, Betriebspolikliniken, Sportgemeinschaften, Theater-, Gesangs- und Kulturzirkel usw. usf. zwar mitbezahlen mußte, diese aber durch den Umrechnungskurs kaum noch ins Gewicht fielen?
Doch als die Kosten mit Einführung der DM 1:1 mit umgelegt werden mußten und auch noch die Rohstoff- und Energiekosten hinzukamen, die ebenfalls 1:1 in DM anfielen (und nicht mehr wie bislang im Waren-Tauschverkehr beim sozialistischen Brudervolk mal eben mit abgebaggert werden konnten), waren die DDR-Produkte auf Weltniveau für den Rest der Welt schlicht zu teuer!
Aber das versteht ja kein Ossi, wenn vorher doch alles so toll war.
Ein halbes Jahr später seien aber Lkw durch den Ort gerollt, um 70 Maschinen zur westdeutschen Konkurrenz zu bringen. Die Anlagen waren von dort importiert worden und noch nagelneu gewesen, die »Margarethenhütte war technisch auf Weltniveau«. Die Hälfte der Produktion wurde in den Westen verkauft.
Siehe oben. Die nunmehrige "Konkurrenz" wird wohl der frühere Kunde gewesen sein, der auch die Maschinen geliefert hat, mit denen dann auf Weltniveau produziert werden konnte. Die Maschinenkosten machen den geringsten Teil der Stückkosten aus. Wenn man jetzt den ganzen Laden für 'nen schmalen Taler bei der Treuhand kauft und dann die Maschinen nach Polen oder in die Tschechei, Slowakei oder Ungarn verfrachtet, wo die Lohnstückkosten ähnlich hoch sind wie in der DDR zuvor, kommt das Weltniveau weiterhin zu gleichen Kosten aus einem anderen Land und dann paßt die Geschichte wieder = Globalisierung.
Im Westen waren diese Arbeitsplätze deshalb bereits über die Jahre sukzessive abgebaut und in Niedriglohnländer wie z.B. die DDR verlegt worden. Lampen, Radios, Fernseher Kasettenrekorder, Waschmaschinen, Staubsauger, Möbel kamen insbesondere über die Versandhäuser vielfach von dort. Selbst unsere Bundeswehrspinde waren für den bitterbösen Klassenfeind in Hellerau gefertigt worden, wie man auf den Rückwänden lesen konnte!
Mit der Einführung der DM war die DDR über Nacht zu einem Hochlohnland geworden, in dem sich solche Fertigungen einfach nicht mehr rechneten. Also blieb nur noch dichtmachen, alles Verwertbare mitnehmen und die Produktion woanders hin verlagern.
Eine Besetzung des Werktores verzögerte die Demontage nur kurz,
Warum auch? Der Zug war mit der Einführung der DM im Osten schlichtweg abgefahren. Das wurde im Westen genauso rigoros gehandhabt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ruhrgebiet
Hier sind zwischen 1980 und 2000 auch mal eben die Hälfte aller Arbeitplätze in der produzierenden Industrie weggefallen - aber da jammert keiner oder es wählt ein Drittel AfD!
die meisten Fabrikgebäude wurden gesprengt."
Das macht man so, auch im Westen, wenn das Zeug obsolet geworden ist. Manchmal läßt sich die eine oder andere Komponente ja noch sinnvoll anders nutzen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gasometer_Oberhausen.