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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Re: Die Verstimmung ist deutlich älter als die Flüchtlingsfrage

Dem "Wirtschaftsstandort Ostdeutschland" tut schonmal nicht gut, dass er nach wie vor eine Sonderwirtschaftszone ist, auch jetzt noch.

Du musst es auch mal so sehen: der durchschnittliche ostdt. Arbeitnehmer verdient ca. 30% weniger als sein westdeutscher Kollege. Jetzt kommt wieder der Spruch von den "geringeren Lebenshaltungskosten" aber das ist unterm Strich Dünnes. Denn es leiden auch die Einnahmen aus Steuern und Sozialabgaben darunter. Anders ausgedrückt: der Ostdeutsche verdient nicht nur weniger, er zahlt auch weniger in den Sozialstaat ein. Gleichwohl gibt's aber eine höhere Arbeitslosigkeit (damit auch höhere Belastungen für die Kommunen bzw. Länder) und die Ärzte verlangen das gleiche Honorar, Krankenhausbetten kosten gleich viel, medizinische Geräte sind im Osten nicht billiger und Arzneien werden auch nicht auf einmal für weniger Geld verkauft. Heißt: ein arbeitsloser oder kranker Ostdeutscher verursacht die GLEICHEN Kosten wie ein Westdeutscher, zahlt aber deutlich weniger ein weil sein Verdienst eben um 30% geringer ist.

Wir dürfen uns nicht wundern, wenn das Sozialsystem in Schieflage gekommen ist bei solchen Situationen. Dieses spezielle Problem ließe sich schonmal durch die Auflösung der Sonderwirtschaftszone Ost beheben.

Jetzt wird sicherlich das Argument kommen, dass dadurch der Wirtschaftsstandort Ostdeutschland -noch- unattraktiver würde: Löhne und Gehälter hoch, Subventionen streichen - wer bleibt dann noch?
Das Problem hierbei ist, dass Subventionen eigentlich nur kurzfristig als Werbemittel eingesetzt werden sollten, um Investoren anzulocken. In Ostdeutschland ist das aber nicht der Fall, da werden bisweilen jahrelang die Unternehmen mit Steuergeldern gefüttert, damit sie keine Arbeitsplätze abbauen und vor Ort bleiben. Die brauchen zwar defakto das Geld nicht, aber nehmen es immer schön mit und drohen eben, den Standort zu schließen, wenn nix mehr fließt. Ich halte das für einen schlechten Deal auf Dauer, denn auch hier zahlt der deutsche Steuerzahler - und insbesondere der Westdeutsche - drauf.

Merkst was?

Das Grundproblem ist am Ende, dass man den Ostdeutschen -nix- zutraut. Und meine Generation (80er) bzw. die 90er-Generation, also jene, die unmittelbar um den Mauerfall herum geboren worden sind, haben nie was anderes kennengelernt, als dass ihnen nix zugetraut wird. Und damit trauen sie sich auch selbst nix zu. Firmengründungen im Osten? Mittelstand? Das gibt's alles nicht, da entsteht nichts. Der Osten braucht die teuer gepamperten Leuchttürme, sonst sähe es noch viel fataler aus, weil eben kein Mittelstand existiert, der irgendwas abfedern könnte. Wenn also Global Foundries, VW und Infineon in Dresden zumachen, sind das auf einmal 100.000 Arbeitslose mehr (Zuliefererbetriebe berücksichtigt) und die Region kannst du dichtmachen. Die drohende Schließung des Dresdner Flughafens, sobald BER in Betrieb geht, wird ebenfalls zehntausende Erwerbsfähige freisetzen.

Effektiv hat die bisher gelebte Politik fünf Bundesländer zu Dauerpflegefällen gemacht, manche mehr, manche weniger, aber keines davon kann allein funktionieren, weil im Kern kaputtgespielt. Die hängen am Tropf, weil ihnen keine andere Wahl gelassen wurde - und auch heute kloppen die Westdeutschen lieber rein, statt dem Osten die Möglichkeit zu geben, auf eigenen Beinen zu stehen. Es hat doch mit den Bayern schonmal geklappt - warum sollte das nicht auch mit z.B. MeckPom auch funktionieren, aus einer Agrar-Gesellschaft einen technologischen Leuchtturm zu machen?
Aber dazu muss eben erst die "Sonderwirtschaftszone" abgeschafft werden.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (04.10.2017 11:54).

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