p2m@ schrieb am 03.10.2017 17:37:
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Die Idee, dass die DDR einen Neuanfang wagt, fand ich gut, aber sie war auch illusorisch.
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Ich habe mir gerade vorhin aus meiner Erinnerungskiste einen Veranstaltungsaufruf rausgesucht, den ich vor ziemlich genau 27 Jahren von einer Hauswand abgepult habe. Darauf steht:
"Mit Wut und Trauer nehmen wir Abschied von unserer
zwar DEUTSCHEN
dennoch unlängst DEMOKRATISCHEN
ehemals so hoffnungsvollen REPUBLIK
(geb. Herbst 1989 - gest. 3.10.1990)
Wir verlieren damit viele unserer eben erst gewonnenen Freiheiten. unsere Identität und den Willen zum Hierbleiben, nicht aber die Hoffnung auf einen wahrhaft demokratischen, sozialen, toleranten, entmilitarisierten und geheimdienstlosen, friedvollen deutschen Staat.
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DIE TRAUERFEIER FINDET AM 3.10.1990, 18:00 UHR AN DER GEBURTSSTÄTTE UNSERER DDR, DEM PLATZ VOR DER NIKOLAIKIRCHE, STATT.
LEIPZIG"
Ich war (auch) nicht bei der Veranstaltung, vermute aber, dass nicht viele dort waren. Jedenfalls ist zu diesem Zeitpunkt keine besondere Veranstaltung an diesem Ort in den Geschichtsbüchern vermerkt.
Den hier betrauerten, verschenkten, Neuanfang hätte auch ich mir gewünscht. Aber am 3.10.1990 war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Insofern muss ich Dir, schweren Herzens, zustimmen.
Rückblickend bemerkenswert finde ich, dass alles, was in dem Aufruf als Verlust angeführt wurde, auch wirklich verlustig ging - hingegen alles, was als "Hoffnung" formuliert wurde, nicht eintrat.