Das ganze Thema ist weit komplexer als nur "die USA sind schuld" oder "Russland ist schuld" oder "der Krieg in der Ukraine ist schuld" oder ... oder ... oder ...
Trotz aller Komplexität lässt sich dennoch einiges herauslesen und der wichtigste Indikator ist mE nach für Deutschland in Berlin zu suchen. Die Bundespolitik der letzten zwei Jahrzehnte hat Deutschland nicht vorbereitet auf schlechte Zeiten und Wohlstandsreserven aufgebaut, sondern immerzu vom Bürger gefordert, den Gürtel enger zu schnallen. Indikatoren dafür gab es früh: im Westen schrumpfte der Mittelstand, im Osten konnte er sich gar nicht erst richtig ausbilden. Sparquoten sanken, die Vermögen nahmen ab, die Einkommen stagnierten bei steigenden Lebenshaltungskosten. Insbesondere der Fixkostenanteil im Monatsbudget nahm und nimmt überproportional zu, so dass, je nach Lebensmittelpunkt und Einkommensverhältnissen teilweise deutlich mehr als die Hälfte des Nettoeinkommens für Fixkosten verplant sind.
Ein weiterer Indikator für eine dauerhaft fehlerhafte Weichenstellung bei der Politik ist die Zunahme der Einkommensverteilung: die Unterschicht wächst, die Mittelschicht schrumpft, die Vermögen der obersten 0,1% stark angestiegen sind (Armutsschere, Armutsbericht). Die Menschen, die der Unterschicht zugeordnet werden, werden an drei Indikatoren bemessen: wie hoch ist ihr Einkommen im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt, wie viel können sie sparen (Sparquote) und können sie eine plötzlich auftauchende Rechnung über 1000,- Euro sofort begleichen.
Die als eigenständige Thema behandelte so genannte "Kinderarmut" ist Augenwischerei: da Kinder kein eigenständiges Einkommen haben und auch keine Lebenshaltungskosten, sondern von den Eltern unterhalten werden, ist es faktisch die Armut der Eltern, die sich auf die Kinder auswirkt.
Obwohl all diese Effekte bereits seit Einführung der Hartz-Gesetze unter Rot-Grün bekannt (und im Rahmen der "Agenda 2010" auch so einkalkuliert worden sein mögen) hat sich in der Regierungszeit Merkel nichts daran geändert. Man ließ weiter die Bevölkerung um ihren Wohlstand bringen, teils durch Unterlassung, die ungerechten Hartz-Gesetze anzupassen, teils durch direkte Eingriffe über die Fiskalpolitik (vulgo: mehr Steuern) und natürlich durch die Energiewende & Klimapolitik: die wird letztendlich vom Nettosteuerzahler allein getragen, egal, wie hoch die "Verpflichtungen" von Industrie und Wirtschaft bemessen wurde.
Am Ende forcierte man zwei wirtschafts- und gesellschaftliche Probleme: durch die gestiegenen Stückkosten wurde der Wirtschaftsstandort Deutschland unattraktiver gemacht, so wie auch heute wieder sichtbar: Unternehmen gehen bankrott, große Konzerne wandern ab, weil die Energiekosten zu stark ansteigen und es keine Perspektive auf Besserung gibt. Das zweite Problem ist aber, dass kein einziges Unternehmen tatsächlich auch Nettosteuerzahler ist: Steuern werden eingepreist an den Endkunden weitergegeben. Das Gefasel von der sozialen Gerechtigkeit, weil Unternehmen an der Belastung "beteiligt" würden, kann sich die Regierung sparen, solange Steuern am Ende immer beim Endkunden ist, der auch sonst alle anderen Steuern zahlen muss.
Im Grunde stehen wir vor dem Scherbenhaufen eines seit fast einer ganzen Generation (25 Jahre) permanenten Wohlstandsraub durch falsche, entweder fahrlässige oder bewusste Weichenstellung zugunsten der Systemkrise, die wir heute erleben dürfen. Die Menschen können sich nicht mehr das Leben in Deutschland leisten. Die arbeitende Bevölkerung will immer weniger Zahlemeister sein. Die Autofahrer haben die Schnauze voll, Melkkuh spielen zu müssen. Immer mehr Menschen denken drüber nach, das Land zu verlassen oder, wenn das Bürgergeld dann endlich sanktionsfrei Hartz IV ablöst, das Werkzeug für immer aus der Hand zu legen ... weil seit 20 Jahren gilt: arm trotz Arbeit. Dabei sollte gelten: Arbeit muss Wohlstand schaffen. Das ist nur möglich, wenn die Steuerlast sinkt, gleichzeitig aber auch entweder das Einkommensniveau steigt oder die Lebenshaltungskosten sinken. Letzteres wiederum wäre wieder möglich, wenn die Steuerlast von Unternehmen reduziert würde, so dass diese dann die Steuern nicht eingepreist an die Kunden weiterreichen. Am Ende muss das Steuerniveau in Deutschland insgesamt sinken, denn das hohe Niveau ist eine von vielen Ursachen des Abwürgens unserer Volkswirtschaft.
Erst durch wohlstandsschaffende Arbeit kommt dieses Land auch wieder aus der Abwärtsspirale raus und damit auch aus der Rezession.
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Der KÜRZERE Teil kommt hier: unsere Außenpolitik ist ein einziger Scherbenhaufen. Nachdem man aus für mich nicht nachvollziehbaren Interessen mit Russland gebrochen hat, weht nun auch noch ein anti-chinesischer Wind durch unsere Gesellschaft. China ist aber nunmal Hauptexporteur für viele Produkte in die Welt, auch in die EU und damit auch Deutschland. Das gilt sowohl für fertige Produkte wie auch Rohstoffe, z.B. Stahl, Aluminium, Seltenerden. Auch unsere Solarzellen kommen aus China, die Microchips und Bauteile für die Elektronikindustrie. Ohne Chips auch keine Elektromobilität, keine Computer, keine Smartphones. Wir brauchen sicher auch keine Stahlträger für den Gebäudebau und ohne Aluminium gibt's weder Karosserien noch Windräder.
Wenn wir schon in erhebliche wirtschaftliche Schieflage kommen, weil wir einige Rohstoffe aus Russland nicht mehr importieren wollen und auf andere Lieferanten ausweichen müssen, teilweise mit Katzbuckelei, dann frage ich mich, wie gut unsere stark von chinesischen Importen abhängige Restindustrie noch funktionieren soll, wie die Mobilitäts- und Energiewende noch realisiert werden oder auch nur die Gesellschaft mit den Gütern täglichen Bedarfs versorgt werden wollen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (09.12.2022 11:59).