Natuerlich ist es so dass die Eliten die Regeln des Spiels bestimmen und manipulieren wollen. Aber wer darauf einfach nur bloede antwortet "also brauchen wir einen starken Staat" ist entweder bloed oder er ist ein Luegner und Betrueger der aus Eigeninteresse handelt.
Die Linken muessen endlich mal ueber das grundsaetzliche Problem nachdenken wie verhindert werden soll dass der Staat selbst von der Elite uebernommen wird. Ich bin jemand der gern ein Marktsystem haette. Aber wenn man einen Moment darueber nachdenkt dann versteht man natuerlich auch dass nicht klar ist wie ein Marktsystem langfristig tragfaehig sein kann. Denn das System wird erfolgreiche Akteure produzieren die viele Ressourcen akkumulieren und diese Ressourcen dann dazu nutzen werden um die Regeln des Marktes zu ihren Gunsten zu aendern. Kurzum, ein bisschen Nachdenken reicht um zu verstehen dass der Markt mit den "Kapitalisten" (wenn man die erfolgreichen Marktteilnehmer so bezeichnen will) seine eigenen Feinde und Totengraeber produziert. Wenn ich also die guten Seiten des Marktes retten will muss ich mich fragen wie man verhindern kann dass das passiert.
So und jetzt kommen die Linken und sagen dass man das Problem ganz ganz leicht loesen kann. Man muss nur dem Staat genug Macht geben um den Kapitalisten auf gleicher Hoehe begegnen zu koennen. Aber das ist voelliger Schmarrn. Es muss doch jeder sehen dass ich damit zwei Dinge erreiche: a) Je mehr Macht ich der Politik gebe umso mehr erhoehe ich den Anreiz der Elite die Staatsbuerokratie und die Politik zu korrumpieren. Und wenn die Elite nicht nur die Kontrolle ueber grosse Mengen an Ressourcen hat, sondern auch noch das Instrument "maechtiger Staat" in der Hand hat, dann wird es noch viel schwerer diese Elite zu kontrollieren und einzuhegen.
Das muss doch jeder sehen: Erst haben wir Ende des 19Jh/Anfang 20Jh angefangen die Staatsbuerokratie massiv auszubauen. Und weil das am Anfang ganz gut geklappt hat ist der Staat dann ab den 30ern ueberall explodiert. Weil wir dann diesen Konflikt mit den Kommis im Osten hatten haben sich unsere Westeliten einigermassen zusammengerissen und haben es nicht gewagt ihre eigene Unterschicht allzusehr auszuquetschen. Aber sobald in den 80ern klar war dass der Laden der Russen bald auseinanderfliegen wird, haben sie ihre Zurueckhaltung abgeworfen und haben angefangen ihre Kontrolle ueber die maechtigen Staatsapparate immer unverschaemter fuer ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Es ist schon ironisch dass die Praesenz der Kommis im Osten dem Westen die beste Phase geschenkt hat weil er die Eliten davon abgehalten hat die eigene Bevoelkerung fertigzumachen damit die sich nicht auch die Kommunisten herbeiwuenschen.
Heute sind wir in einer Situation wo die Eliten derart unverschaemt geworden sind dass sie nicht nur versuchen auf die ihnen traditionell eher nahestehenden eher rechten Parteien Einfluss zu nehmen, nein sie haben sogar noch fast alle linken Parteien des Westens zu Vertretungen von Eliteninteressen umgebaut.
Und obwohl das eigentlich jeder sehen sollte und daher skeptisch auf den Vorschlag den Staat noch maechtiger zu machen, reagieren muesste, halten die Anhaenger der Linken an der Idee unverdrossen fest.
Wir brauchen aber neue Vorschlaege. Das was ich im Moment als einzige nicht offensichtlich zum Scheitern verurteilte Idee sehe, ist dass wir endlich von der repraesentativen Demokratie wegkommen. Ganz kann und sollte man sie nicht abschaffen weil es natuerlich schon Sinn macht den Job der Politik an Leute zu delegieren die sich damit Vollzeit beschaeftigen. Es kann ja nicht funktionieren wenn sich jeder jeden Tag nur um Politik kuemmern muesste. Aber wir brauchen maechtige Instrumente der direkten Demokratie bei grossen Fragen. Der Brexit fuehrt uns grad vor wie sehr die Entscheidung die Elite getroffen hat und wie sehr sie sich dagegen zu wehren versucht. In solchen Referenden sehe ich im Moment das einzige Instrument der Einhegung der Elite. Natuerlich gibt es auch noch das autokratische Modell a la Russland. Aber das ist halt ein sehr gefaehrliches System. Wenn in so einem Land die falsche Person an die zentralen Schaltpositionen geraet dann kann das sehr boese enden. Ausserdem war der Putin wohl selbst nur einer der von den Eliten des Jelzin-Raubritterum im Russland der 90er dorthingesetzt wurde. Dass er dann aus Russland dann nicht sowas gemacht hat wie die Ukraine es heute ist haben sie wohl einfach nicht erwartet. Kurzum, ich sehe auch beim Putin-Modell nicht wie es langfristig funktionieren kann und nicht in eine totale staatliche Despotie oder in eine Oligarchendespotie abgleiten soll.
Bevor man nicht ueber diese grundsaetzlichen Fragen nachgedacht hat sind alle Diskussionen ueber Steuern und Transfers reiner Bloedsinn. Denn solange ich durch Marktregulierung mehr Ungleichheit schaffe als ich durch Besteuerung und Transfers ausgleiche, ist das ganze Umverteilungstrara nur ein von den Eliten inszenierter Zirkus. Wenn ich zulasse dass die Elite die relativen Preise im Marktsystem durch die Regulierung von Zinsen (Nullzinspolitik), Energiemarkt, Zuwanderung, Regulierung des Handels etc massiv zu ihren Gunsten manipulieren kann, wird diese natuerlich dann leicht mit dem einen oder anderen Prozent hoeheren Steuern leben koennen. Und das werden sie dann inszenieren als grossen Gewinn der von ihnen kontrollierten linken Partei die dafuer "gekaempft" hat.
Wir haben die groessten Staatsquoten die man je in der Geschichte gesehen hat und trotzdem ist ueberall im Westen die Ungleichheit massiv am steigen. Wie kann man angesichts dieser Tatsache sagen "wir brauchen noch mehr von der Medizin die nicht funktioniert"?