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mehr als 1000 Beiträge seit 01.12.2023

Re: Machbarkeit und Kosten sollten Maßstäbe sein, keine Wunschträume.

Knackpunkt ist, dass Wind & Sonne dann und/oder dort anliegen, wenn man sie nicht unbedingt braucht.

Die Dampfmaschine gilt nicht umsonst als Motor der Industrialisierung: bevor es diese gab, war die industrielle Kapazität eines Landes im wesentlichen abhängig von Flussläufen und günstigen Windlagen. Die Niederlande sind bekannt für ihre Windräder, weil Wind eben ganzjährig anliegt und damit auch Arbeit verrichten kann. Webstühle, Mühlen, Schmiedehammer usw. gab es im historischen "Deutschland" auch, standen aber wahlweise an Windschneißen oder an Flussläufen. Wo es weder Flüsse noch ausreichend Wind gab, mussten Ochsen die Mühlen antreiben.

Dank Dampfmaschine & später mit Dampf getriebene Generatoren zur Stromerzeugung konnte Energie nun überall dort hingebracht werden, wo zuvor kein Wind & Flusslauf Arbeit abnehmen konnten. Dampflokomotiven fuhren Güter überall dorthin, wo sie verarbeitet werden konnten. Die Industrialisierung machte die Landarbeit einfacher: im Mittelalter versorgte ein Bauer 12 - 15 Personen, in der Industrialisierung waren es bereits über 100. Heute versorgt ein Landwirt 500 Menschen. Die nun nicht mehr gebrauchten Landarbeiter gingen in die Fabriken: die Arbeit war nicht weniger hart, brachte aber innerhalb weniger Jahrzehnte Fortschritt, für den zuvor mehrere Jahrhunderte ins Land gegangen wären (sofern überhaipt möglich). Die menschliche Arbeitskraft wurde ja dank Maschinen auch vervielfältigt.

Wir leben heute vom Erbe derer, die mit harter Arbeit überhaupt erst den Wohlstand ermöglicht haben. Dass wir uns heute über Asphaltstraßen freuen können, über die auch Radfahrer unfallfrei fahren können, liegt eben u.a. an der Industrialisierung, zu der auch die Mobilität per Automobil gehört. Dass es Straßenbahnen gibt, die umweltfreundlich von A nach B fahren können, ist genauso eine Errungenschaft wie Flugzeuge, sauberes Wasser aus der Leitung oder eben PC, Smartphone & co, um Beiträge auf Heise.de veröffentlichen zu können.

Mit einer rein auf Wind & Sonne basierenden Energieversorgung ist das schlichtweg nicht mehr möglich. Beides liegt nicht immer an, ist witterungs- und saisonabhängig, im Falle der Sonne auch noch von Sonnenstand und Tageszeit. Nachts ist halt keine Sonne zu erkennen, ergo sind Solarpanele dann ertragslos. Um die ertragsarmen bzw. ertragslosen Zeiten zu überbrücken und obendrein noch Erzeugungszeit und -ort von der Bedarfszeit und -ort zu trennen, braucht es Investitionen in die Infrastruktur (Nord-Süd-Trassen) aber eben auch in die Speicher.

Haben wir 20 Jahre aber nicht gemacht und wundern uns dann, warum die Rechnung sehr schlecht ausschaut für Wind & Sonne. Auf's Jahr gerechnet tragen beide nicht einmal 20% zur Gesamtbedarfserzeugung bei, obschon zwei von drei installierten Kraftwerksmegawatt entweder aus Wind oder Sonne Energie zu erzeugen versuchen. 140GW installierte Kraftwerksleistung gehen allein auf's Konto für Wind- und Solarparks, liefern im Schnitt aber nur rund 14GW in der jahresdurchschnittlichen Stunde. Das entspricht etwa 20% der Bedarfsdeckung - und eben 10% der installierten Leistung.

Allein mit einem entsprechenden Ausbau der Infrastruktur und modernen Speichermethoden könnte man die Effizienz verdoppeln: von 10% auf 20%. Damit wären bis zu 40% Bedarfsdeckung drin, ohne dass eine einzige Solaranlage zusätzlich installiert werden müsste oder ein neues Windrad aufgestellt werden muss. Aber weder gibt es diese "modernen Speichermethoden", noch sind die bereits verfügbaren Optionen ökologisch oder ökonomisch. Infolge dessen müssen wir Überschussleistung verschenken oder Solarkraftwerke aus dem Verbundnetz schmeißen, wenn die Pumpspeicherwerke voll sind und keine Steuermöglichkeit mehr verfügbar ist, den überschüssigen Strom tagsüber zu speichern oder durch Abregelung anderer Kraftwerkstypen zu nutzen. Und abends, wenn wir Licht brauchen und uns vielleicht am Rechner oder vor dem Fernseher unterhalten lassen wollen, wenn wir in der Küche Essen zubereiten oder die Waschmaschine laufen lassen, ist die Sonne untergegangen und der Wind weht vielleicht an dem Tag nicht, dann fehlen die Speicher, die uns dann versorgen, die tagsüber die Überschüsse hätten speichern müssen.

Tja.

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