"Zumindest in den Medien und auch hier ist es auch zeimlich ruhig geworden zum Thema Gaza."
Ich verfolge die Ereignisse in erster Linie über englischsprachige Medien. Und dort hat sich das Thema "Gaza" auf einem ziemlich intensiven Niveau eingepegelt - nicht zuletzt weil - im Gegensatz zum Ukrainekrieg - es innerhalb eines kl. Teils der Demokraten und bei großen Teilen der genuinen amerikan. Linken, und zahlreicher Bürger die bisher nicht so politisch waren, ein hohes Maß an Solidarität mit der Sache der Palästinenser gibt und damit eine dezidierte Verurteilung Israels einhergeht.
In den USA z.B. berichten massiv Jacobin, Democracy Now, truthout, The Nation, The Intercept, antiwar.com, Electronic Intifada - und zahllose blogs und podcasts (z.B. via Interviews mit ausgezeichneten Historikern) - und meist staatstragend und affirmativ die "Leitmedien", WaPo, NYT, die TV-Sender - dann al-Arabiya, Al Jazeera auf engl., - und via die connection USA-Israel z.B. TIMES of ISRAEL oder HAARETZ - erst vor ein paar Tagen gab es in der NYT einen offenen Brief von Professoren, die eine uneingeschränkte Aufklärung fordern zu den immer noch verbreiteten Lügen über die vermeintlichen Massenvergewaltigungen durch die Hamas.
siehe z.B.
Washington Post Meldung:
"Journalism professors call on New York Times to review Oct. 7 report
A major investigative report into sexual violence in the Hamas attack on Israel has drawn criticism inside and outside the newspaper"
https://archive.is/wucwP
oder:
https://scheerpost.com/2024/05/01/journalism-professors-nyt-risks-credibility-with-inaction-on-oct-7-article/
Zum größeren Hintergrund z.B. :
https://therealnews.com/hasbara-oct-7-and-israels-propaganda-war
dt.
https://therealnews-com.translate.goog/hasbara-oct-7-and-israels-propaganda-war?_x_tr_sl=auto&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=wapp
Von alledem bei uns nichts.
Und das betrifft nur ein einzige Story von Hunderten.
"Welche Realismus-Ideen lösen sich in Gaza grade auf und warum?"
So wie ich es sehe, ist der Sinn und Zweck einer „realist. Schule“ ein System zu begründen, in dem das „Schlimmste“ verhindert wird. Und zum Schlimmsten gehört auch Völkermord. (Sonst ergäbe eine "Schule" keinen Sinn.)
Außerdem wird ein Staat alles tun, was dem Selbstschutz dient (d.h. unnötige nukleare Provokation vermeiden, gutes Verhältnis zu den Nachbarn, berechenbar sein, die Wahrheit sagen hinter verschlossenen Türen usw.).
Mit dieser Idee verbunden ist eine ordnende UN und die mit ihre verbundenen Einrichtungen. Dieses Netzwerk bildet das Fundament für die interstaatliche Ratio. So dass Kampf um Macht nach Regeln geschieht und die schlimmsten Tragödien verhindert werden mögen.
Nun gibt es viele Kritiker, nicht zuletzt auch Mearsheimer selbst, oder Jeffrey Sachs, die die permanente Missachtung der UN und der ICJ-Entscheide, den „Krieg“ den die israel. Regierung gegen das UNRWA führt – all das als Teil einer Deligitimationsstrategie sehen. Als einen Versuch die law-based-UN-order von post 1945 zu ersetzen durch die ominöse rule-based order. Indem ein Akteur, wie hier die Regierung Israels, sich total verrückt verhält und allen Anstand, alle Regeln der intern. „Gemeinschaft“ brutal ignoriert und dabei straffrei bleibt, fügt das der Glaubwürdigkeit des UN-Systems massiv Schaden zu.
Denn wozu soll ein System weiter am Leben erhalten werden, wenn es eine seiner fundamentalsten Aufgaben, die Verhinderung von Genoziden, nicht erfüllen kann.
Und wenn ein nuklearer Staat offenbar alles darf, warum sollen sich andere Staaten an die Regeln halten?
Und welchen Sinn hat die realistische Schule, die MAD zu einem zentralen Baustein gemacht hat, wenn unter dem Schirm der Atomwaffengefahr Massenmorde betrieben werden? Also gemessen an dem was Tag für Tag geschieht auf der Erde (spricht irgendwer noch über die 400.000+ Toten im Jemen?) ergeben diese wohlfeilen Konzepte nicht den geringsten Sinn. Und ich sage "Scheitern" weil im Angesicht der medialen Dauerberichterstattung (weltweit gesehen) der Gaza-Massaker keiner behaupten kann, ich wusste davon nichts - und trotzdem rührt die Bundesregegierung keinen Finger. Und auch unsere Journalisten machen sich mit diesen Massakern gemein und führen sich auf mit einer Scheinheiligkeit, die nur noch beschämend ist.
p.s. (Ich pers. Unterscheide in diesem Zusammenhang zwischen Genozid und Vernichtung, wobei Letzteres als Kategorie in der Genozid-Konvention nicht enthalten ist, weil eine Vernichtung nur postfactum festgestellt werden kann, wenn es also längst zu spät ist. Ein unauflöslicher Widerspruch, den man in der BRD nicht zu verstehen scheint, bei den Diskussionen zum Thema Holocaust-Singularität vs. ICJ-Entscheid zum „plausiblen Fall eines Genozids“.)