Im Gegensatz zu den von Ihnen beispielhaft genannten Schiffen wurden über Nordstream keine Waffen sondern Gas transportiert - das ist ein entscheidender Unterschied.
Das Selbstverteidigungsrecht ermächtigt den Angegriffenen sich gegen all jenes zur Wehr zu setzen, was ihn unmittelbar bedroht. Bei alle dem hat er jedoch stehts die Verhältnismässigkeit zu wahren. Die Ukraine darf selbstredend russische Waffen zerstören, von denen anzunehmen ist, dass sie gegen sie gerichtet werden, sie darf auch auf russsisches Gebiet vordringen, um z. B. Flugplätze zu besetzen, von denen Kampfflugzeuge starten, die die Ukraine mit Gleitbomben angreifen. Gas, das in einer Pipeline transportiert wird, stellt jedoch keine unmittelbare Bedrohung dar, so dass ein Angriff auf eine solche Pipeline zumindest mal sehr umstritten sein dürfte.
Umstritten vielleicht unter russischen Propagandisten. Blättern Sie mal im Seekriegsrecht. Russische Raketen zerstören ausländische Frachter im Hafen von Odessa, die Weizen laden. Ist das ein Angriff auf den Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, dem das Schiff gehört? Wohl eher nicht. Genau so ist es nach dem Seekriegsrecht zulässig fremdes Eigentum zu erbeuten oder zu zerstören, wenn es der Kriegsführenden Nation hilft, den Krieg fortzusetzen. Da Russland mit dieser Pipeline Geld verdienen will, um den Krieg fortzusetzen, ist es eine legitime Kriegshandlung der Ukraine, diese zu zerstören, auch wenn es ausländische Beteiligungen daran gibt. Da haben die deutschen Gesellschaften wohl Pech gehabt, wenn sie ihr Geld einem Verbrecher wie Putin geben.
Ungeachtet der russischen Verbrechen verstösst die Ukraine gegen die UN-Charta, wenn sie Verhandlungen mit Russland verweigert. Die Ukraine hat die Pflicht ausnahmslos alles zu tun, was geeigent ist den Frieden wieder herzustellen. Dazu gehören auch konkrete Verhandlungen mit Russland - ganz gleich ob man diese für aussichtsreich hält oder nicht.
Ihnen ist schon bekannt, dass Russland Verhandlungen mit der Ukraine ablehnt oder nur unter Bedingungen aufnehmen will, die einer Kapitulation gleichkommen? Ob die Ukraine mit der Feststellung, dass sie nicht mit dem Kriegsverbrecher Putin verhandeln will, mit anderen Vertretern Russlands, die keine Kriegsverbrechen begangen haben aber schon, gegen die UN-Charta verstoßen hat, dürfte bei Fachleuten höchst umstritten sein.
Hat nicht auch Russland die Pflicht, ausnahmslos alles zu tun, was geeigent ist den Frieden wieder herzustellen? Die erste Maßnahme wäre doch, gemäß der Charta der UN, die besetzen ukrainischen Gebiete zu verlassen und die Souveränität der Ukraine zu achten.