Ja, doof - wie der Kanzler so schön und treffend sagt.
Es ist bisher anscheinend noch keinem aufgefallen, dass die Fristen so eine ad-hoc Wahl praktisch ausschließen. Vor allem nicht denjenigen, die sie fordern. Das der Wahltag auf einen Feiertag fallen muss hatte ich noch gar nicht berücksichtigt - das macht es nur noch unmöglicher.
Bisher ist dieses Problem in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie aufgetreten. Zwar wurde schon dreimal vorzeitig gewählt, aber noch nie hatte man es damit so eilig wie jetzt. Vielleicht sollte man über die Fristen noch einmal neu nachdenken - ein Wahltermin, der es den Parteien unmöglich macht fristgerecht ihre Wahllisten einzureichen ist absurd. Da liegt eine Bombe, die im Extremfall eine Staatskrise heraufbeschwören könnte.
Hier nochmal kurz der Hintergrund der drei Präzedenzfälle:
Die Regierung Brandt hatte 1972 durch Fraktionsübertritte aus Protest gegen die Ostpolitik ihre Mehrheit verloren. Trotzdem scheiterte im April 1972 ein konstruktives Misstrauensvotum aus nie restlos aufgeklärten Gründen (die Stasi hatte wohl Stimmen gekauft). Im Einverständnis mit der Opposition zögerte Brandt die Vertrauensabstimmung aber bis zum Herbst hinaus, so dass die Wahl dann erst am 19. November stattfand. Da war also dicke Zeit genug.
1980 wurden die Neuwahlen durch ein "künstlich" verlorenes Misstrauensvotum erzwungen, denn die Regierung Kohl hatte nach dem Koalitionswechsel der FDP und dem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Schmidt durchaus eine stabile parlamentarische Mehrheit, wollte sich aber durch die Wahl legitimieren. Dieser Schritt wurde monatelang geplant und vorbereitet.
Auch bei der dritten vorgezogenen Wahl vergingen zwischen der Ankündigung durch Bundeskanzler Schröder nach der verlorenen Landtagswahl in NRW am 22. Mai und dem absichtlich verlorenen Misstrauensvotum am 1. Juli etwa 6 Wochen. Auch Schröder verfügte noch über eine Mehrheit im Bundestag.
Eigentlich ist nur der erste Fall mit dem jetzigen vergleichbar. In den beiden anderen wurden die Neuwahlen durch eine absichtlich verlorene Vertrauensabstimmung quasi künstlich herbeigeführt, der Kanzler hatte seine Mehrheit noch und hätte auch weiterregieren können.
Mittlerweile hat sich die Bundeswahlleiterin Ruth Brand in einem Brief an Scholz zu Wort gemeldet. Darin schreibt es:
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Soweit Termine und Fristen in die Weihnachtszeit oder in den Zeitraum zwischen den Jahren fallen würden, wäre der nur sehr knappe Zeitraum von 60 Tagen maßgeblich verkürzt. Dies könnte zu unabwägbaren Risiken auf allen Ebenen, insbesondere auf Gemeindeebene, führen und Beschaffungsmaßnahmen faktisch kaum realisierbar machen.«
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Ich denke, dass die Forderung der CDU nach einer sofortigen Vertrauensabstimmung eine Schnapsidee ist, die kein gutes Licht auf ihre angeblich der Ampel so überlegene Regierungsfähigkeit wirft. Der Zeitplan von Scholz ist hingegen vernünftig und realistisch. Scholz hat Kompromissbereitschaft angedeutet - ich denke es läuft darauf hinaus, dass er die Vertrauensfrage in der ersten Bundestagssitzung im neuen Jahr stellt und man sich auf einen Wahltermin Anfang März einigt.
Ich verstehe auch nicht, warum das so kriegsentscheidend sein soll. Von September 2017 bis März 2018 gab es schon mal ein halbes Jahr lang eine geschäftsführende Regierung ohne Parlamentsmehrheit, davon ist der Himmel auch nicht eingestürzt. Hauptsächlich verantwortlich dafür: Christian Lindner. Zufälle gibt's.