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  • w-j-s

mehr als 1000 Beiträge seit 24.11.2005

Schwer von Begriff?

Wirtschaftswachstum geht nicht notwendig auf Kosten anderer. Die Menschheit lebt heute weltweit besser als vor 100 oder gar 200 Jahren, trotz eines Vielfachen an Menschen.

Ich habe zudem lang und breit erklärt, dass ich die Idee, Europa zum wachstumsstärksten Wirtschaftsraum der Erde zu machen, für Schwachsinn halte, dummes Geschwätz.

Denn das hieße ja, die Wohlstandskluft zum Rest der Welt zu vergrößern. Die sollte aber kleiner werden, damit der Anreiz, aus wirtschaftlicher Not zu migrieren, kleiner wird und die Leute aus individuellen Gründen migrieren, aus Neugier, Fernweh, Liebe, Streit mit der Verwandtschaft, was weiß ich, aber nicht deswegen, weil die eigene Heimat nur für 5% der dortigen Bevölkerung eine Perspektive bietet.

Das geringere Wachstum in Europa gegenüber dem Rest der Welt hat zur Folge, dass die Rolle Europas in der Welt kleiner wird, werden muss. Das ist eine Zwangsläufigkeit und es ist überhaupt kein Grund zur Klage, so lange die Wirtschaft nicht auch noch schrumpft. Eine Stagnation wird irgendwann ohnehin der Standard sein, ist doch ewiges Wachstum unmöglich.

Auch Deutschland kann und wird nicht die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde bleiben, es würde sich irgendwann mit Platz 20 bescheiden müssen, wenn es dem Rest der Welt mindestens so gut gehen soll wie Deutschland und wir nach Einwohnern auf Platz 20 der Weltrangliste liegen.
In einer Welt mit ähnlichem Wohlstand für alle erwirtschaftet 1% der Weltbevölkerung auch nur 1% des BIP, macht nur 1% des Welthandels aus. Deutschland alleine muss also weltwirtschaftlich relativ bedeutungslos werden, kann nur im Rahmen der EU bedeutsam bleiben, weil es für mehr Bedeutung schlicht im Weltmaßstab zu klein ist.

Das Schrumpfen der Bedeutung sollte es aber nicht dadurch erreicht werden, dass Deutschland einfach verarmt, wie Sie wohl gerne sähen.

Auch das mit der Agenda 2010 anvisierte Ziel, Deutschland zur Wachstumslokomotive in Europa zu machen, hielt ich für daneben. Natürlich muss Osteuropas, muss Südeuropas Wirtschaft schneller wachsen, als die Deutsche, wenn diese Länder eine Perspektive haben wollen.
Sonst wandern die Leute von dort ab. Das ist nicht im Interesse dieser Länder.

Nun ist aber die gegenwärtige Situation so, dass Deutschlands Wirtschaft nicht nur nicht wächst, sondern schrumpft. Das ist nun auch nicht unbedingt ein erstrebenswertes Ziel, die Wohlstandskluft nicht nur durch weniger Wachstum zu verkleinern, sondern durch Schrumpfung bei Wachstum anderswo mittelfristig (so über 20, 20Jahre) sogar umzudrehen.

Daher könnte Deutschland wieder etwas mehr Wachstum vertragen, zumindest kein Schrumpfen mehr. Die restliche EU holt uns nämlich sonst nicht nur ein, sondern läuft uns davon.

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