Das Münchener Abkommen ist eher mit Minsk-2 zu vergleichen. Und zwar in dem Sinne, dass beide Seiten Zeit gewinnen, bzw. die Zeit für sich arbeiten lassen wollten. Hitler war von seinen Generälen gewarnt worden, dass ein Krieg zu früh kommen würde und Wehrmacht und Luftwaffe noch mitten im Aufbau seien. Putin hat darauf spekuliert, dass die Ukraine die Demokratisierung nicht schafft, im Chaos versinkt und Russland dann als Ordnungsmacht seinen Einfluss wieder herstellen kann. Der Westen hielt die Gegenwette, nämlich dass die Ukraine sich stabilisiert, den Anschluss an den Westen sucht und auf den nächsten russischen Angriff besser vorbereitet ist als 2014, bzw. dass dieser dann gar nicht stattfindet.
Ob und ab welchem Zeitpunkt Putin zum Krieg entschlossen war und was hätte passieren müssen, um ihn davon abzuhalten wissen wir, Stand heute, nicht. Das Wissen über die Entschlossenheit Hitlers zum Krieg ist ein Ergebnis der Geschichtsforschung lange nach Hitlers Ende - für die Politiker, die in München am Tisch saßen, war das nicht so klar. Die zeitgenössischen Einschätzungen gingen weit auseinander. Es gibt auch in Putins Texten, Reden und Interviews durchaus Hinweise, die darauf hindeuten, dass er einen Krieg mit dem Westen für unvermeidlich hält und deshalb eher nach einem günstigen Zeitpunkt als nach Vermeidung sucht. Natürlich ist Putin nicht Hitler, alleine der Weg in den Krieg ist bei Putin viel länger (25 Jahre) als bei Hitler (6 Jahre). Hitler blieb in den 12 Jahren seiner Herrschaft eigentlich immer der gleiche, während bei Putin Entwicklungen und Veränderungen zu beobachten sind. Leider nicht in Richtung Frieden und Demokratie, sondern genau in die Gegenrichtung.