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  • Borngasse

408 Beiträge seit 24.10.2001

Links und Rechts und Schubladen

Vielleicht sollte man solch einen Artikel einfach mal lesen und eine
Weile darüber nachdenken. Auch wenn man in bestimmten Punkten mit dem
Autor nicht übereinstimmt, kann man in der Kernaussage trotzdem
zustimmen.

Ein komplettes verreißen des Artikels ist sicher nicht konstruktiv. Und
wer sich mit Journalismus und Medien beschäftigt hat, der müsste
wissen, das es dort eine Objektivität nicht gibt und nicht geben kann.
In jedem Beitrag fließt immer eine persönliche Meinung mit ein. Selbst
eine Sendung wie „No Comment“ ist subjektiv, da es schon allein darauf
ankommt wie und wohin die Kamera gehalten wird. Schon eine kleine
Änderung des Standortes der Kamera kann unter Umständen schon ein ganz
anderes Bild ergeben. Und in der heutigen Zeit kann man sehr deutlich
feststellen, dass es absolute Wahrheiten nicht gibt.

Die Klassifizierung in Links und Rechts ist aus diesem Grund einfach
nur ein Schubladendenken aus welchem wir nicht herauskommen. 

Hier nur mal ein Beispiel: In meinem letzten Wohnort (ein kleines
hessisches Dorf in der Nähe von Frankfurt) wollte ich politisch aktiv
werden, da ich der Meinung bin, dass man nicht nur rummosern darf
sondern auch handeln sollte. Dazu standen mir drei Möglichkeiten offen.
Als erstes eine freie Wählerinitiative, welche diktatorisch (und dies
war wirklich so) von dem Vorsitzenden dieser Initiative geleitet wurde.
Die Mitglieder des SPD-Ortsvereins waren Oberlehrer und Betonköpfe,
welche noch SPD gewählt hätten, wenn der Kandidat ein alter
Kartoffelsack gewesen wäre. Dann war da noch die CDU mit einem relativ
jungen Vorsitzenden und Mitgliedern, mit deren Meinungen ich am ehesten
übereinstimmen konnte. Mit Kohl und Konsorten oder gar Koch wollte ich
überhaupt nichts zu tun haben, bin aber dennoch in die CDU eingetreten.
Und sofort war ich klassifiziert obwohl mich alle meine Freunde (auch
sehr viele Ausländer) als „Links“ einstufen würden. Ich habe mich dort
in der Ortsgruppe wohl gefühlt und wir konnten in der Gemeindepolitik
einiges erreichen. Nach meinem Umzug bin ich sofort aus der CDU
ausgetreten, da in meinem neuen Wohnort ganz andere Verhältnisse
herrschen. Und ich fühlte mich während meiner CDU-Zeit nicht
verpflichtet, auf der Bundes- bzw. Landesebene CDU zu wählen.

Ich würde mich freuen wenn sich der Sprachgebrauch ändern würde und man
in Zukunft zwischen humanistisch und nicht humanistisch denkenden
Menschen unterseiden würde. Extreme Linke unterscheiden sich in meinen
Augen nicht von extremen Rechten.

Ein weiteres Problem bei demokratisch, humanistisch und ökologisch
denkenden Menschen ist weiterhin, dass sie sich in viele kleine Gruppen
und Initiativen Splitten. Auf diese Weise stellen sie keine Gefahr für
die etablierte Politikerkaste dar. Und eine grundlegende Änderung in
der Politik würde nur erfolgen, wenn der alte Apparat komplett ersetzt
würde und die ganze Hierarchie ausgetauscht würde. Mit Schröder und
Stoiber haben wir doch nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Und ein kompletter Wechsel ist illusorisch. Wenn sich Alternativen
finden die dann auch gewählt werden, dann wird es ihnen so ergehen wie
den Grünen.

Also wird es weiter so gehen wie bisher, es werden sich Lager bilden,
die sich weiterhin erbittert mit Polemik bekämpfen werden.

Zum Schluss noch eines, die Haltung und die (Nicht-)Taten der EU in dem
Nahostkonflikt sind einfach nur zum heulen, es ist ein guter Indikator
für den Zustand in Europa und man kann nur hoffen, dass dies uns nicht
irgendwann zum Verhängnis wird.

Andreas

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