auch wenn sie direkt wieder von selbsternannten Fachleuten verunglimpft wird. Was ist falsch daran, wenn Unternehmen aus der Finanzbranche ihr Wissen in eine solche Debatte einbringen? Wer sollte denn gefragt werden, die Müllabfuhr oder ein Heilpraktiker?
Vielleicht vorweg: ich arbeite seit gut 30 Jahren in meinem Beruf daran, das Geld anderer Leute anzulegen sowie deren Altersvorsorge zu gestalten bzw. zu ergänzen. Da diese Debatte wieder einmal mit viel Emotion bei gleichzeitig wenig Fachkenntnis geführt wird, möchte ich aus fachlicher Sicht meine Einschätzung abgeben.
Das Ausgangsproblem sollte allgemein bekannt sein: umlagebasiertes Rentensystem, seit Jahrzehnten fallende Fortpflanzungsquoten, ergo immer mehr Leistungsbezieher bei zuwenig Einzahlern. Im Ergebnis führt das dazu, dass bereits heute Milliardenbeträge aus Steuermitteln jährlich in dieses System fließen müssen, um es stabil zu halten. Gleichzeitig wird politisch festgeschrieben, dass weder die Leistungen gekürzt noch die Beiträge oder das Eintrittsalter erhöht werden sollen. Insofern ist es mehr als nur einen Gedanken wert, Lösungen zu finden und diese Idee des Aufbaus einer zusätzlichen Einnahmequelle in Form eines Anlagekapitals ist keineswegs schlecht. Die Kritiker können sich am Beispiel des norwegischen Staatsfonds mal informieren, wie erfolgreich so etwas sein kann. Außerdem ist der vorliegende Vorschlag ja nur der, dass man die zusätzlichen Mittel dazu verwenden will, damit Kapitalerträge zu generieren, um damit künftige Zuschüsse zu reduzieren. Wer sich jemals ernsthaft mit einer langfristig geplanten Geldanlagestrategie befasst hat, kann zu keiner anderen Meinung kommen, als dass es fahrlässig wäre, diesen Weg auszuschließen. Ohne hier irgendwelche Dinge empfehlen zu wollen, mal folgende gedankliche Übung: 2021, in der Zeit der Negativzinsphase hat die Republik Österreich am Kapitalmarkt eine Anleihe mit einer Laufzeit von 100 Jahren aufgenommen. Der Zins dafür beträgt 0,85 %. Das heißt, dieses Geld steht jetzt 100 Jahre lang nahezu kostenlos zur Verfügung, um damit Erträge zu generieren. Aufgrund des mittlerweile wieder gestiegenen Zinsniveaus könnten sie übrigens heute diese Anleihe auch zu einem Preis von 48% zurückkaufen, und hätten damit einfach mal gut 50% „geschenkt“ bekommen. Den Anlageberater, der es schafft, mit einer sinnvoll strukturierten Anlagestrategie aus Mitteln, die 100 Jahre lang zur Verfügung stehen, KEINEN Profit zu erzielen, muß man vermutlich erst noch erfinden. Deshalb halte ich diesen Vorschlag unter den genannten Vorzeichen auch für alternativlos, es sei denn, wir möchten weiterhin jährlich steigende Steuerbeträge aus dem Bundeshaushalt direkt in die Rentenkasse fließen lassen. Das Hauptproblem unseres Landes ist leider, dass wir von Ideologie und nicht Sachkenntnis abhängen. Deutschland hat übrigens den skizzierten Weg der langlaufenden Anleihen nicht beschritten und auf geschenktes Geld verzichtet, weil zu „risikobehaftet“. Klug war das nicht so besonders...