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  • Mathematiker

mehr als 1000 Beiträge seit 22.02.2014

Der "Harvard-Historiker" und die Kausalität

Kaum ein Land im Globalen Süden hat die Corona-Pandemie bisher so gut bewältigt wie Kuba.

Oder doch eher der globale Norden, wie Nord-Korea?
Das Land ist eine Diktatur. Wie die Diktatur mit der Corona-Pandemie umgegangen ist/ umgeht, beschreibt das AA:

Die Landesgrenzen sind teilweise geschlossen. Seit dem 24. März 2020 dürfen Touristinnen und Touristen grundsätzlich nicht mehr nach Kuba einreisen, jedoch bestehen seit 1. Juli 2020 Ausnahmen für die Cayos. Die Ausreise ist weiterhin möglich. Reisende, die sich noch im Land befinden, sind in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Sie werden in einigen wenigen Hotels konzentriert und dürfen diese nur noch verlassen, um zum Flughafen zu gelangen. Die meisten Hotels sind geschlossen, auch andere touristische Dienstleistungen (Autovermietung, Ausflüge, Überlandreisen) sind nicht mehr möglich. Reisen zwischen Havanna und den Provinzen sind in beide Richtungen untersagt.

Touristische Reisen auf Cayo Coco, Cayo Guillermo, Cayo Largo del Sur, Cayo Santa Maria und Cayo Cruz sind seit 1. Juli 2020 möglich. Reisende müssen per Direktflug auf die jeweilige Insel anreisen und sich bei Einreise einem obligatorischen Corona-Schnelltest unterziehen. Reisende sind in ihrer Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt und können sich nur auf der Insel ihres Aufenthalts frei bewegen. Besuche auf der Hauptinsel sind nicht möglich. Die Möglichkeiten der Botschaft, Reisende bei einem Notfall konsularisch zu betreuen, sind sehr eingeschränkt.

Trotzdem sind die bei Johns Hopkins gemeldeten Zahlen eher durchwachsen. Etliche Länder, auch Inseln der Region, stehen besser da.(Natürlich immer im Bezug auf die Einwohnerzahl) In Anbetracht der großen Einschränkungen der Reise und Bewegungsfreiheit, läuft die Sache sogar eher in der Kategorie Armutszeugnis.

Als Historiker habe ich lange zur Geschichte Kubas und auch seiner Beziehungen zu den USA gearbeitet. ...
Für mich, der seit fünf Jahren fest in Havanna lebt

Damit hier keine Missverständnisse entstehen: Der gute Mann ist nur Doktorand und ist seit seiner Graduierung wohl nicht mehr an seiner Alma Mater gewesen.

Fidel Castro konnte nie verziehen werden, dass seine Regierung nach 1959 umfangreiche Besitztümer von US-Amerikanern enteignete,

Hier wird auch wieder kräftig mit den Hütchen gespielt. Der Castro hatte dann, als er sich dem Sozialismus natürlich alle (Groß-)Grundbesitzer und Firmeninhaber enteignet. Die Familie Barcardi (der praktisch die halbe Insel gehört hatte), wie auch die 1,2 Mio. anderen Exilkubaner, die größtenteils der Ober- und Mittelschicht angehört hatten, haben dann nach ihrer Flucht die US-Staatsbürgerschaft angenommen.

Wobei letzteres auch als eine Konsequenz der sehr früh feindlichen Haltung der USA gegenüber der Revolutionsregierung gesehen werden kann.

Na ja, der Fidel hatte vor der Machtergreifung lang und breit erklärt, sich nach dem Sturz des Diktators sofort zurückziehen zu wollen und freie Wahlen abzuhalten. Für seine Revolution konnte er sich auch auf eine breite bürgerliche Basis, einschließlich der Barcardis stützen. Auch die USA versagten dem Batista ihre Unterstützung.
Nach der Machtergreifung warf der Jefe dann nach und nach die Demokraten aus seiner Anti-Batista Koalition, bandelte mit der UdSSR an und verkündete, dass es keine freien Wahlen in Kuba geben werde. Nüchtern betrachtet, hatte sich der kleine Diktator Fidel eine neue Machtsbasis gesucht. Hätten die Kubaner den Fidel auch unterstützt, wenn der mit offenen Karten gespielt hätte? Wahrscheinlich nicht.

Die US-Sanktionen sind fast so alt wie die Revolution selbst. Sie haben bis heute ihr Ziel - den politischen Wandel auf der Insel - nicht erreicht.

Es gibt da irgendein Beschluss, dass die Exilkubaner nach einer Demokratisierung Kuba ihr Eigentum + Zinsen zurückerhalten sollen. Da hatte irgendjemand Mal ausgerechnet, dass dies mitlerweile dem Wert der ganzen Insel entspräche. So etwas stabilisiert auch ein Regime. Fakt ist, dass die Exilkubaner eine relative große, reiche und einflussreiche Gruppe sind, denen bisher weder die Demokraten noch die Republikaner vor dem Kopf stoßen wollten.

Gegner der kubanischen Regierung sagen, und sie finden damit Eingang in deutsche Regierungsmedien wie die Deutsche Welle, die Ärztemissionen seien eine reine Einnahmequelle für den Staat und die Mediziner würden ausgebeutet...
Natürlich kann man über den Charakter und die Bedingungen der Ärzteeinsätze reden, ..

Aber das tun wir hier lieber nicht. Wir wollen doch die schöne Propaganda damit nicht kaputtmachen.

Als mich dann deutsche Kolleginnen und Kollegen, die auch seit Jahren in Kuba leben und arbeiten, anriefen und fragten, ob wir dagegen nicht etwas tun könnten, war ich sofort dabei.

Wir haben es hier ja auch mehr mit einem Aktivisten, denn mit einem Historiker zu tun.
Ein Aktivist am Sehnsuchtsort der deutschen Linken.
Dort, wo der realexistierende Sozialismus schön im Dunst der Ferne verschwimmt. Mit ein bischen Exotik unter Palmen und dem klar definierten Feind: Die böse USA, der Satan schlechthin.

Das hängt wohl mit der Architektur des globalen Finanzsystems zusammen, das noch wesentlich auf dem US-Dollar und der US-Führung basiert. Für die wenigsten wirtschaftlichen Akteure ist es verkraftbar, Geschäfte mit den USA aufs Spiel zu setzen oder gar Strafen der US-Behörden zu riskieren, um dafür den kleinen und ungewöhnlichen kubanischen Markt zu bedienen.

Na, klar. Da will jemand Historiker für jüngere Geschichte sein und versteht von Wirtschaft nur Bahnhof.
Um das Kind einmal beim Namen zu nennen: Die wesentlichen Exportgüter Kubas sind Zucker, Rum und Zigarren. Die wichtigsten Handelspartner sind China, Spanien und (trommelwirbel) Deutschland.
Schon für die UdSSR und später für Venezuela war der Handel mit Kuba ein Zuschussgeschäft. Das Problem sind weniger irgendwelche Sanktionen, sondern der Umstand, dass die Insel auch nicht viel Wirtschaftskraft hat. Das Hauptimportgut ist Hühnchenfleisch.

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