Zu Wilhelm von Humboldts Bildungsideal gibt es folgendes, interessantes Zitat
Der Mensch soll seinen Charakter, den er einmal durch die Natur und die Lage empfangen hat, beibehalten, nur in ihm bewegt er sich leicht, ist er thätig und glücklich.
Natur = biologische Herkunft,
Lage = gesellschaftliche Stellung (insbesondere die durch die Geburt vorgegebene.)
Für den Adeligen von Humboldt zählte maximal noch das (Groß-)Bürgertum als gleichwertiger Menschenschlag, das einfache Volk stand für ihm geistig kaum über dem Vieh und durfte wie Nutztiere auch kräftig ausgebeutet werden.
Von von Humboldt stammt auch der Murks mit dem Neuhumanismus, der die höheren Bildungsweihen allein im Altgriechisch und Latein sieht. Die Berrschung dieser Sprachen für den Bildungsbürger sollte ganz klar eine Grenze zum Pöbel definieren, denn durch einen Wechsel auf diese "Geheimsprachen", konnte man diesen ganz leicht ausschließen und seine "Grenzen" aufzeigen und banalem Geschwätz dem Anschein geistiger Ergüsse geben.
Na, welche Art von Universität passt ehr zu Wilhelm von Humboldt?
Die Humbug-Uni in Berlin oder eine Privat-Uni?
In seinem Artikel serviert uns der Autor seine kleine Schwarz-Weiß-Welt, in der alles für seine Ideologie passend gemacht wird.
Der Privat-Uni ist elitär und böse. Die Uni Witten-Herdecke hat gar einen faustischen Pakt mit dem Satan Bertelsmann geschlossen. Genau der Konzern, der seiner dummen und naiven Mutter, die sich der Studentin aus den USA nach Deutschland verirrt hatte, die ganzen Bücher aufnötigte. In den USA sind solche Praktiken natürlich völlig unbekannt und Studenten offensichtlich zu blöde solch ein Abo auch wieder zu kündigen. Oder?
Der Pakt mit dem Satan reicht dem Autor völlig aus, um Ausrichtung und sämtliche Positionen und Bildungsinhalte der Universität vom Tisch zu wischen.
Eine "richtige" Universität zeichnet sich in der einfachen Gedankenwelt des Autors durch anderes aus:
Die Initiativen scheinen dabei von oben vorgegeben zu sein. Von wegen also "Freiheit": Und unter den Gelisteten finden sich wenig verwunderlich überhaupt keine gegen die Ökonomisierung der Bildung, gegen die Einflussnahme von Privatunternehmen auf die Universitäten und das Bildungssystem, gegen Bertelsmann oder andere Wirtschaftslobbys, wie das an großstädtischen, staatlichen Universitäten in Deutschland vielfach der Fall ist.
Nun ist die Stadt Witten aber nicht irgendwo auf dem flachen Land, sondern hat direkt an ihrer Stadtgrenze zwei staatliche Großuniversitäten, an denen sich die Studenten der Uni-WH bei solchen Initiativen erkundigen könnten. Und sollten die dort nicht fündig werden, so gibt es im Umkreis von weniger als 150 km 13 große Universitäten und einen Haufen Hochschulen aller Art, wo die Studierenden fündig werden könnten.
Zudem scheint der Autor ein merkwürdiges Bild vom Studium an einer staatlichen Universität zu haben. Natürlich gab und gibt es dort immer irgendwelche Spinner und Bereiche, wie die Genderforschung, wo richtig Steuergelder für ideologischen Murks verbraten werden. Auch sind die Hochschulgruppen der Parteien der Parteienkindergarten und Anknüpfungspunkt für lebenslange Seilschaften und insbesondere bei der SPD auch der Plan B für eine Karriere mit einem hohen Salär, wenn die intellektuellen Fähigkeiten für ein erfolgreiches Studium nicht ausreichen.
Aber locker 95% der Studenten haben mit diesem faulen Zauber nichts am Hut. Durch die Trivialisierung des Studium durch die BA/MA-Umstellung, der unübersichtlichen Flut von Abschlüssen, dem Zwang für fast alle Professoren auch Drittmittel einzuwerben und den Zwang der Studierenden sich durch entsprechende Praktika von der Masse zu differenzieren, findet eine kritische Auseinandersetzung schon lange nicht mehr statt.
Lern-Bulimie heißt das Zauberwort. Sich möglichst viel Stoff in kurzer Zeit für die Prüfungen am Semesterende einprägen, die Prüfung mit einer guten (abschlussrelevanten) Note bestehen und dann den ganzen Kram schnell wieder ausspeichern, um Platz für den nächsten Stoff zuschaffen. Das Verstehen ist nur hinderlich und man legt dieses am Besten auf die Zeit nach dem Studium.
Das ist die Ökonomisierung des Studiums.
Da ist jedes alternative Uni-Konzept interessant.
Aber die unnachgiebige Härte, mit der die Privat-Uni vom Autor eingedeckt wird, ist plötzlich verschwunden, wenn es um die Waldorfschulen geht.
Da stört es nicht, wenn die bösen, reichen Eltern in der Regel quasi die Schule gehört und diese durchaus einen hohen Einfluss auf den Schulbetrieb haben. Nebenbei: Auch in Waldorfschulen können Kinder sitzen bleiben und die Zeugnisse spiegeln (allerdings ohne Noten) auch eine Bewertung der Leistungen des Kindes wieder.
Zum Leistungsniveau der Schulen läßt sich folgendes sagen: Jenseits des musisch-künstlicherischen Teils bewegt sich die Schule bis zur Sek II in der Regel auf Hauptschulniveau. Das Thema Mathematik ist äußerst dunkel und die ganzen Naturwissenschaften werden i.d.R. nur phänomenologisch betrachtet. Wer dort sein Abitur machen möchte, der darf dann in der Sek II richtig pauken, weil die verlorenen Jahre überbrückt werden müssen. Aber auch dann ist es letztendlich nur ein Schmalspur-Abi.
Nebenbei: Die reichen Eltern auf vielen Waldorfschulen nutzen den selben Diskriminierungsmechanismus, der auch gerne auf den "besseren" Gymnasien Verwendung findet: Man macht exorbitante Klassenfahrten und gerne auch jedes Jahr. Skilaufen in den Alpen? Da knallt man doch gerne ein paar hundert Euro für Klamotten heraus, die dem Kind schon im nächsten Winter zu klein sind. Zelten? Klar ein schickes und teures Zelt für den eigenen Nachwuchs indem es dann seinen Wunsch-Klassenkameraden mit einlädt. Und der Hartz'er Roller? Der darf Mal irgendwo im Fundus herumschauen, ob da noch etwas herumliegt, was niemand mehr braucht oder sich kräftig irgendwo einschleimen, damit er nicht mit dem letzten Gerümpel unterwegs ist und quasi den Looser eintätowiert hat.
Fitter kann man die Balgen für die neoliberale Denke kaum machen.