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17. Juni

Trent schrieb am 18. Juni 2003 16:36
> verstehe ich den Zusammenhang "Burschenschaft,DVU und 17.Juni" nicht
> so ganz.
> Auf welche braunen Forderungen oder Verherrlichungen oder was weiß
> ich beziehen die sich denn?

Vermutlich auf gar keine. Aber heutzutage ist es in Mode, jeglichen
Widerstand gegen die Globalisierung und jegliche Befürwortung
irgendwelcher nationalen Traditionen als "braun" einzustufen und von
irgendwelchen linksextremistischen Schlägertrupps, die oft noch als
"Jugendgruppen" staatlich alimentiert werden, "erledigen" zu lassen.

> Soviel ich weiß, galt früher eine Feier des 17.Junis , tag der
> deutschen einheit,teils als nationalistisch, weil eine kritiklose
> Forderung nach Wiedervereinigung den Grund für die Teilung, nämlich
> das Dritte Reich und von D angefangenen WWII ausblendet,

Der Grund für diese völkerrechtswidrige Teilung war, daß sich die
Sowjetunion und die Westalliierten Deutschland aufgeteilt hatten und
sich nicht über die Konditionen einigen konnten, um es wieder
zusammenzuführen. Während die Sowjetunion mit einem neutralen
Deutschland  einverstanden gewesen wäre (wobei nicht klar ist, wie
weit ihnen zu trauen war - es klingt aber durchaus plausibel, da
Deutschland dann in einer Kette neutraler Staaten von Skandinavien
bis Österreich gelegen hätte), haben die Westalliierten und der von
ihnen eingesetzte Kanzler Adenauer auf einer starken Westbindung
bestanden. 

> aber dennoch wurde der 17.Juni doch
> ursprünglich erst von der SPD eingeführt. Aber dieser Vorwurf des
> Nationalismus müßte sich doch mit der Wiedervereinigung eigentlich
> erledigt haben.Also was soll das bitte?

Die Proteste um den 17. Juni gehen eigentlich darauf zurück, daß die
SED die Normen für die Arbeitsleistung der Arbeiter (und nur diese,
nicht für andere Schichten) um 10% erhöht hatte, ohne sie
entsprechend höher zu entlohnen. Daß also der "Arbeiter- und
Bauernstaat" ausgerechnet die Arbeiter sehr ungerecht behandelt
hatte. Dazu kam ein böser Rechtfertigungsartikel dafür in einem
SED-Parteiorgan, das am 16.6. erschien. Daraufhin sind Bauarbeiter am
16. von der Stalinallee, Block 40, zum Haus der Ministerien gezogen,
um zu protestieren, wobei sich ihnen viele andere angeschlossen
haben. Als RIAS darüber berichtet hat und ein Interview mit einem
West-Gewerkschafter geführt hat, der Streikandeutungen gemacht hatte
(womit man das Verbot der Amerikaner, zu einem Streik aufzurufen,
umging), kam es am nächsten Tag an mehr als 200 Orten in der DDR zu
einem Generalstreik, dem sich sicherlich insgesamt anderthalb
Millionen Menschen anschlossen. Die Sowjetregierung ließ diesen
Aufstand von der Roten Armee niederschlagen. Mehrere tausend
DDR-Bürger wurden zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. Wieviele
Todesopfer es gab, ist bis heute nicht bekannt, weil die DDR offenbar
die Informationen darüber vernichten ließ. Allein in westberliner (!)
Krankenhäusern sind acht schwer verletzte Arbeiter gestorben, sodaß
man hunderte von Todesopfern vermuten kann.

Der 17. Juni war das erste Mal in der Geschichte, daß es zu einem
Aufstand gegen den Sozialismus/Kommunismus kam, lange vor dem Prager
Frühling oder ähnlichem. Deshalb ist er in mehrfacher Hinsicht sehr
wichtig. Er belegt, daß daß die Menschen damals bereit waren, für
Freiheit und die deutsche Einheit ihre Freiheit und ihr Leben aufs
Spiel zu setzen. Gleichzeitig haben sie damit die These widerlegt,
daß die Deutschen besonders anfällig dafür wären, sich totalitären
Regimen unterzuordnen. 

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