hdwinkel schrieb am 01.04.2024 22:22:
Ihre beiden Grundaussagen sind,
1 - dass Menschenleben nicht wichtiger sind als Freiheit
Das ist gar keine Prämisse von mir. Das ist nur eine logische Grundannahme, ohne die dieser Krieg, wie die meisten Kriege, gar nicht möglich wären.
2 - der Krieg auf der Angst der russischen Führung vor einer demokratischen Ukraine basiert
Ob es eine "Angst" ist, sei dahingestellt. Es ist einfach eine von der russischen Führung gesehene Problematik, welche per Krieg gelöst werden soll.
Beides ist falsch, weil Ihre Prämissen falsch sind:
1 - tote Menschen sind nicht frei, sondern wirklich nur tot.
Nur die Toten sind tot. Es bleiben ja auch welche am Leben.
Es gibt selbstverständlich das Recht auf Selbstverteidigung, heroisiert aus amerikanischen Filmen mit entsprechendem Happy End. In der Realität, noch dazu angewandt auf Staaten anstatt auf Individuen ist das ganze i.d.R. wesentlich weniger prosaisch.
Ich bin mir nicht sicher, ob es das Recht auf Selbstverteidigung für Staaten wirklich gibt. Schließlich beruft sich auch Russland darauf, dass es sich nur "aktiv", in der Ukraine, selbst verteidigt.
Es gibt einen einzigen Grund zu kämpfen - wenn ein Nichtkämpfen dieselben Resultate erzeugt, wie das Kämpfen selbst, man also ohnehin stirbt. Das ist bei Vernichtungskriegen der Fall, aber keineswegs bei einem späten lokalen Erbfolgekrieg der untergegangenen Sowjetunion.
Dort kämpfen vor allem Nationalisten beider Seiten um die 'richtige und wahre' Geschichte der Ukraine. Kein Grund auch nur einer Seite einen Sieg zu wünschen.
Nun, das ist ganz sicher falsch. Die Ukraine. bzw. die Ukrainer kämpfen um die eigene Identität.
Selbst wenn es eine junge Identität wäre, so haben sie natürlich das Recht dazu. Und innerhalb Russlands würde ihnen diese Identität genommen werden.
2 - Dieser Kampf um die Geschichte ist denn auch der tatsächliche Grund für den Krieg. Es ist ein Mythos, dass die Ukraine die westliche Freiheit verteidigt. Sie verteidigt weder Freiheit noch Demokratie, genauso wenig wie Russland einen Überfall durch die Nato fürchtet.
Die globale Dimension dieses Krieges wird zwar durch den Drang des Westens dominiert, Russland anhaltend zu schaden, aber das erklärt nicht die russische Motivation und auch nicht die ukrainische.
Die Motivation BEIDER Seiten habe ich ausreichend dargestellt.
Man macht sich lediglich etwas vor, wenn man ein episches Gut gegen Böse in den Krieg in der Ukraine hineininterpretiert. Diese Begründungen gab es schon in allen Kriegen aller Epochen, um den eigenen Unterstützerblock bei der Stange zu halten.
Ich habe nicht von "Gut gegen Böse" gesprochen.