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mehr als 1000 Beiträge seit 26.09.2005

Re: Wie viele muss man umbringen?

Hauke Laging schrieb am 5. September 2014 01:27

> bauernseppl schrieb am 4. September 2014 22:13

> > Auf jeden ermordeten kommen mindestens zwei die Blutrache wollen.

> Gibt es ein historisches Beispiel dafür, dass eine Armee sich zu
> einem nennenswerten Anteil aus Freiwilligen rekrutiert, deren
> Motivation Blutrache an einem nur abstrakt bekannten Feind für
> getötete Freiwillige einer blutrünstigen Invasionsarmee ist? Das
> sollte mich doch sehr wundern.

Der Feind ist sehr konkret, und er droht mit Völkermord.
Die IS gegen die Schiiten nämlich.

> > die Beliebtheit der US-Amerikaner ist also eher begrenzt.

> Kein neues Phänomen.

Durchaus neu. Die Amis haben es sich mit den Schiiten verscherzt, als
sie die Schiiten erst zum Aufstand ermuntert haben und danach
tatenlos zugesehen haben, wie sie massenhaft von Saddam Husseins
Armee umgebracht wurden (auch Zivilisten).
Seither trauen die Schiiten nicht mal amerikanischem Engagement gegen
den IS über den Weg, und verdenken kann man es ihnen nicht.

> > - Das Gelände ist genauso unübersichtlich wie etwa in Afghanistan
> > oder Indochina, eine Guerillaarmee kann sich da gut verstecken.

> Mal angenommen, das wäre so:

Geht so - es gibt auch im IS-Gelände eine Menge Gelände, wo man sich
gut verstecken kann.
Die IS ist allerdings in Ansätzen eine klassische Armee. Solang sie
nicht gegen die Amis kämpfen muss, dürfte sie der irakischen Armee
gut standhalten.

> Die IS-Truppen leben doch bisher von
> ihrem Ruf, eine kaum zu stoppende Invasionsarmee zu sein. Wie viel
> tiefer kann man sinken, als von einer Invasionsarmee zu einem
> peinlichen Guerillahaufen zusammengeschossen zu werden, der sich
> verstecken muss?

Den irakischen Offizieren war das wohl egal, die sind immer wieder
geflüchtet.
Mit Geld kann man halt keine Risikobereitschaft kaufen.

> Eine Guerillaarmee kann einen Besatzer ärgern, aber
> kein Land erobern.

Die IS ist teils Guerilla, teils regulär.
Letzteres, seit sie irakische Waffenbestände erobern konnte.

> Außerdem würde die Bevölkerung in den Gebieten,
> die IS-Horde entstanden ist, einen hohen Preis dafür zahlen. Diese
> Wilden wollten ein Kalifat errichten. Ganz sicher wollen sie nicht,
> dass ihre Familien auf afghanischen Lebensstandard zurückfallen und
> sie selbst für arabische Verhältnisse zur Lachnummer werden.

Die Bevölkerung wird durch Brutalität eingeschüchtert.
Manch einer glaubt auch die islamistische Propaganda.
Und etliche schließen sich der IS an, denn als Kämpfer wird man gut
versorgt.

Wie's halt immer läuft, wenn eine Armee eine Bevölkerung zur
Kooperation bewegt, obgleich die Bevölkerung tendenziell eigentlich
kein Interesse haben sollte - die Kunst der Landnahme ist es eben,
auch von Unwilligen Hilfe zu erhalten. Und das kriegt die IS mit
einer Mischung aus Drohung und Versprechen offenbar ganz gut hin.

Es gibt allerdings auch Gegenwehr. Hättest du den verlinkten Bericht
gelesen, wüsstest du, dass z.B. flüchtende schiitische Soldaten von
der schiitischen Restbevölkerung aus dem IS-Land geschmuggelt werden.

> > - Die Glaubwürdigkeit der USA als friedenschaffende Instanz gibt es
> > nicht mehr,

> Geschenkt, aber kommt es darauf an?

Wer sonst sollte denn das von dir geforderte Programm umsetzen?

> > auf Menschenrechte nach US Vorbild wie in Abu Ghuraib
> > wollen die Menschen des Zweistromlandes sicher verzichten.

> Das ist wohl eher US-Bashing als eine realistische Betrachtung. Die
> USA sind kein Vorbild, aber deren zivilisatorisches Niveau hat der
> Irak etwa 1.000 Jahre lang nicht gesehen.

Da schmeißt du verschiedene Sorten Niveau durcheinander.
Technologisch und Lebensstandard - sicherlich. Aber das kriegen die
dort auch dann nicht, wenn es sie sofort eine Demokratie nach
US-Muster einführen, schließlich verkaufen die Amis nur gegen Geld,
und bei einer Demokratie nach US-Vorbild bliebe für das einfache Volk
wohl nur der derzeitige Lebensstandard übrig, weil die korrupte Elite
schon mit größerem GINI-Vorsprung anfängt.
Politische Teilhabe? Das ist in Amiland vielleicht besser, aber da
sind auch die Amis weit vom Ideal entfernt. Und die irakischen Eliten
würden sich auch in einer Demokratie nach US-Stil gut einrichten und
ihre Macht sichern können. Sie müssten das nur bei den Kennedys, den
Rockefellers und Halliburtons abschauen.

> Das dürfte den meisten dort
> klar sein.

Gibt's dafür Belege?
Ich halte so eine Vorstellung nämlich für Wunschdenken. Die irakische
Presse ist zwar frei, aber die Mordrate an Journalisten ist wohl
ziemlich hoch und die Inhalte sind auch schon wieder relativ schmal
geworden.
In solchen Situationen würde ich erwarten, dass die Presse mehr oder
weniger die etablierten Denkgewohnheiten bestätigt, und nach denen
sind die Amis wohl eher nicht ein Vorbild.

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