Um zu entscheiden, wer die Fakten verdreht, lohnt es sich, diese einmal auf zu listen:
1. Fakt: Es ist Krieg in der Ukraine.
Trotz ganzer Armeen von NATO-Generälen und Soldaten, die die Ukraine seit Jahren aufrüsten als Bollwerk gegen Russland, trotz Rüstungsausgaben von 1,5 Billionen Dollar im Jahr hat die NATO es nicht geschafft, Russland zu überzeugen, dass eine Invasion Selbstmord wäre.
Die Abschreckungsstrategie die NATO ist gescheitert.
2. Fakt: Die Ukraine ist der große Verlierer.
Egal, wie der Krieg ausgeht: Selbst bei einem glorreichen Sieg über Russland hätten zehntausende Ukrainer ihr Leben verloren, hunderttausende Haus und Heimat, die Infrastruktur liegt in Trümmern. Mag sein, das die NATO hinterher besser da steht, mag sein, dass einzelne NATO-Länder Vorteile haben. Der Ukraine liegt trotz NATO-Schutz in Trümmern (und nein, die Haarspalterei, ob eine volle NATO-Mitgliedschaft etwas geändert hätte, ist müßig. Glaubt wirklich irgendjemand allen Ernstes, dass die USA Selbstmord begehen und Atomraketen einsetzen, um die Ukraine/Finnland/Schweden/Litauen zu retten?)
Die NATO hat es nicht geschafft, die Ukraine zu schützen.
3. Die NATO kämpft nur für die NATO
In früheren Kommentaren hatte ich geschrieben, dass die NATO bislang sämtliche Kriege verloren hat. Mitforisten sahen das anders und haben darauf hingewiesen, dass Gaddafi, Hussein, Bin Laden tot seien, die NATO habe ihre Ziele erreicht und die Welt sei ein bisschen besser geworden. Was korrekt ist. Allerdings den Menschen in Libyen, Irak, Afghanistan und anderen Ländern, die wir "befreit" und "demokratisiert" haben, wenig weiter hilft, wenn sie jetzt von lokalen Warlords terrorisiert werden statt vom fiesen Diktator. Von der zerstörten Infrastruktur und die vielen Opfern des Krieges ganz zu schweigen.
Die NATO kämpft für sich selbst, nicht für die Länder, die sie "beschützt".
Und was die Putinversteher angeht: NATO-Profis erklären uns seit drei Monaten, was Putin alles falsch macht, und warum seine Strategie falsch ist. Trotzdem sieht es so aus, als habe Putin sämtliche seiner Ziele erreicht - und die NATO kein einziges.
Vor allem am wichtigsten Ziel ist die NATO kollosal gescheitert: nämlich den Krieg zu verhindern.
Im Gegenteil: Bis zum Beweis des Gegenteils muss man davon ausgehen, dass die NATO den Krieg mitverursacht (durch ihre aggressive Expansion) oder mutwillig in Kauf genommen hat (indem man die Ukraine ermutigt hat, Russlands Drohungen zu ignorieren und auf Konfrontation zu gehen statt auf Deeskalation).
Die NATO mag das Recht haben, neue Mitglieder auf zu nehmen, die Ukraine mag das Recht haben, zu tun was sie will.
Aber ob es immer schlau ist, seine Rechte maximal aus zu reizen, ist eine andere Frage.
Wenn unsere "Experten" Putin ein bisschen besser verstünden, hätte es keinen Krieg geben müssen.