XYZ_ schrieb am 08.10.2017 22:03:
Realität gibt es vermutlich an sich, aber jedenfalls nicht für uns, weil jeder sie ein wenig anders wahrnimmt und deutet. Wir haben immer nur unsere Sicht der Welt. Ideologie ist die systematische Deutung der subjektiv wahrgenommenen Realität nach einem bestimmten Konzept.
Ideologie findet man auch im Mainstreamdenken. Dort ist sie im Wesentlichen Sozialdarwinismus. Ausgeburten dieser Ideologie sind z.B. Neoliberalismus, Globalisierung, Austerität, Lohnverzicht und Rentenkürzungen. Die unten sparen es sich vom Mund ab, weil die oben den Bauch nicht voll genug kriegen können. Alles Ursache und Ergebnis von Ideologie und Indoktrination derselben.
In ST Discovery begegnet Ideologie z.B. als Freund-Feind-Denken, Kampf ums Dasein, Kriegspropaganda.
*** Eventueller SPOILER ***
Noch dazu scheint die Story darauf hinauszulaufen, dass eine Wunderwaffe gegen die Russen-Nazis, äh, Klingonen entwickelt werden muss, wobei keine Opfer gescheut werden dürfen.
*** Eventueller SPOILER Ende ***
(Am besten gleich dazu noch Frank Capras "Prelude to War" von 1942 gucken - auch auf Netflix -, dann weiß man, wofür bzw. wogegen man kämpft!)
Und da bist Du dem düsteren The Expanse abgeneigt? Weil es die Verlierer der Zukunft zeigt, die ums Überleben und ihre Freiheit kämpfen? Ist das waffenstarrende ST Discovery da schöner mit seiner Kriegspropaganda?
Leider hat mich The Expanse nicht angesprochen (ja, ist etwas film noir, aber eher zu wenig noir, und für meinen Geschmack nicht tiefgründig genug), ST Discovery ist leider wirklich kein Star Trek (Gene Roddenberry wollte eine positive Zukunft zeigen; er muss das zum Glück nicht mehr mit ansehen, denn es zeigt nur die Vergangenheit und/oder Gegenwart verlagert in die Zukunft);
aber wo wir schon bei hell und dunkel sind - sozialpsychologisch interessant fand ich 3%, eine vielschichtige brasilianische Dystopie (auch auf Netflix).
Das mit den "3%" klingt interessant, werde mal reinschauen.
The Expanse ist sicher gut gemacht, kein Thema, hier aber in der Bewertung geht es ja tatsächlich um eine Vorstellung von künftiger Realität, daran wird scheinbar gemessen.
Unabhängig der Prognoseschwierigkeiten (Zufall, absolut Neues sowie durchaus Mögliches, dessen Auftreten aber zeitlich nicht taxiert werden kann, sind die großen Sehhindernisse), warum sollte es so kommen, warum sollte diese Serie die "Verlierer der Zukunft" zeigen? Klar, wenn man a/überwiegend nur die Probleme sieht und b/diese gleich "durch alle Zeiten hindurch rechnet", also pur linear hochschraubt, ergibt das Sinn. Das heißt aber zwingend auch, man geht immer von den gleichen Voraussetzungen aus, von den gleichen menschlichen Eigenschaften, was wiederum bedeutet, Lernschritte finden so gar nicht statt - ist dem so?
Nimmt man Dystopie als Leitbild, dann denkt man wohl auch stark in solche Richtungen, aber da es dann ja auch die Utopie geben muss, gibt es auch die Möglichkeit, Mensch sich als ein etwas ausgeglicheneres Wesen zu denken.
Mal so formuliert, würde man einen Menschen, der vor etwa 300, 400, 500 Jahre lebte die heutige Welt in einigen Ländern beschreiben, würde er das vermutlich mit hoher Wahrscheinlichkeit als eine "unmögliche Utopie" ansehen.
Menschen wollen gut leben - da ist ja schon mal eine ganz elementare Basis da für jede Art von Utopien.
Ich finde jetzt das neue Star Trek bei weitem nicht so schlimm, wie der Autor es hier zeichnet - und nein, die neuen Klingonen sind nicht ganz genauso wie die Alten!
Traut dem Frieden!
Realität an sich? Schwierig! Die Realität einer Hummel oder Biene ist eine andere als meine, überschneiden tun sie sich allenfalls in ein paar physikalisch-chemischen Abhängigkeiten (Masse-Tempo Nahrung-Verdauung usw), aber abgesehen solch universeller Prinzipien sind es wohl zwei arg verschiedene Realitäten.
Denkt man Realität im Plural, was wäre dann das an sich sein? Die Existenz verschiedener Umweltbedingungen für verschiedene Lebewesen, die Mittel bestimmen, was Realität ist? Realität als Mittel-Wahl-Verhältnis, als das was realisiert werden kann?
Ich weiß es nicht, aber die Frage so: Gibt es überhaupt eine Realität an sich, kann es die geben?
Bob
Dem Frieden trauen - können das viele nicht.