Sicherlich sind die Grünen keine pazifistische Partei mehr seit dem Jugoslawienkrieg, aber das linke Mantra, dass die Grünen heute zu den bellizistischsten Parteien gehören, aufgrund ihrer Morallegitimation, halte ich für widersprüchlich, da die Grünen, egal ob Funktionäre, Mitglieder oder Wählerinnen, die ersten sein werden, die vor heimkehrenden Särgen von Soldatinnen zurückschrecken, auch das eben aus moralischen Gründen. Auch wenn sie inzwischen zur Nato stehen, so können sie doch nicht leichtherzig über Völkerrecht hinwegsehen. Auch das gehört zur im Text kritisierten grünen Moral. Ich halte es also für ein Vorurteil, dass die Grünen eher zu Kriegen bereit seien als z.B. die SPD. Die Grünen werden wohl eher auf Waffenexportkontrollen setzen, im Gegensatz zur SPD, eben wegen der Moral. Somit wäre der kriegerische Faktor eher geringer als bei den anderen Parteien. Höher dürften eher die politischen Konflikte sein mit Staaten, die der grünen Moral widersprechen. Diese politischen Konflikte sind aber nicht gleichzusetzen mit militärischen Einsätzen, davor schrecken sie dann doch zurück. Das gleichzusetzen ist nicht adäquat.
Der zweite Punkt betrifft diese außenwirtschaftlichen Einschätzungen : "...ebenso wie die Fähigkeit, andere Staaten zu den entsprechenden Zugeständnissen und Abkommen erpressen zu können." Ich habe jetzt nicht die konkreten Zahlen im Kopf, aber ich denke etwa 90% der Exporte gehen in die EU, USA, China, Kanada, GB, Australien. Meinen Sie diese Staaten lassen sich von Deutschland erpressen? Zudem vertreten die Grünen einen kolonialismuskritischen Ansatz. Denen ohne Grund zu unterstellen, sie werden den reißen, finde ich unseriös, vor allem wenn gleichzeitig das Moralisierende der Grünen so stark betont und kritisiert wird. Widersprüchliche Kritik also. Oder wollen Sie kritisieren, die Grünen machten auf Moral, aber das sei bloß Heuchelei, was Sie allerdings nicht nachweisen können, sondern bloß unterstellen? Dann sagen Sie es doch auch so. Dieses unklare Geraune finde ich jedenfalls heuchlerisch.
Was die Kandidatinnenkritik betrifft, verstehe ich nicht recht den Punkt? Baerbock und Habeck wurden von den Mitgliedern als Parteivorsitzende und Spitzenkandidatinnen gewählt. Auch das Postulat im Zweifel sei eine Frau in Parteiämter vorzuziehen geht auf einen Parteitagsbeschluss zurück. Insofern kann ich nicht erkennen, dass die Erklärung, Frau Baerbock sei nun Kanzlerkandidatin, undemokratisch war. Es gab an der Basis auch keine Stimmen, die das behauptete, was ja ein Indikator wäre für die Behauptung der Autorin. An der Kritik ist also nichts dran. Zudem war die Kanzlerinnenkandidatur eh bloß ein Wahlkampfgang, dass Baerbock gewinnt, haben sie nie geglaubt. Aber es machte die Grünen präsenter, ein Aspekt, der durchaus ausbaufähiger gewesen sein könnte, aber den Wahlkampf haben sie ja komplett vergütet. Baerbock war nun im Widerspruch zur geäußerten Kritik keine erfahrene Politikerin, was ihr ja auch geschadet hatte, meiner Ansicht nach aber weniger, als das Fehlen eines Teams an ihrer Seite.
Die FFF-Bewegung ist kein verlängerter Arm der Grünen. Es gibt radikalere Kleinparteien und Aktionsbewegungen (Ende Gelände, Extinction Rebellion und etliche weitere) in dem Spektrum, auch ist die antikapitalistische Kritik bei den Demos nicht zu übersehen. Wer da wo auf den einzelnen Bühnen präsent oder nicht präsent war, spielt das eine Rolle? Ich habe da von sehr jungen linken Aktivistinnen inhaltlich und formal derartig fremdschämende 'Reden' gehört, dass es mir die Fußnägel kräuselte. Vielleicht war das der Grund, warum manche Leute nicht auf manchen Bühne zugelassen waren? Auch sprechen Vertreterinnen von Ende Gelände, Extinction Rebellion etc dort, das sind nicht per se Grüne. FFF prinzipiell eine grüne Parteivororganisation zu unterstellen, finde ich voll daneben.
Manche antikapitalistischen Strömungen bei FFF gehen davon aus, dass die nötige Transformation nur gegen das Kapital gelänge. So radikal ist noch nicht mal die Linke. Die Grünen meinen, nur mit dem Kapital kann die Energiewende gelingen, auch geschwindigkeitsmäßig und hinsichtlich der Mitnahme der Bevölkerung, die nun mal offensichtlich allergrößtenteils das Kapital nicht abschaffen möchte. Man kann da unterschiedlicher Auffassung sein. Einig sind sich die verschiedenen Strömungen von FFF, zu denen auch die gemäßigten Grünen zählen, dass es einer Transformation bedarf, um den Klimawandel aufzuhalten. Das ist der gemeinsame Nenner.