el_listo schrieb am 02.02.2021 13:30:
Vieles ist im Artikel richtig dargestellt ... aber manches doch wieder falsch.
So zum Beispiel der Punkt "Wie kann man die Stromversorgung wieder zukunftssicherer machen?" Ist eine komplett ireeführende Frage, weil sie impliziert, dass früher die Stromversorgung sicher gewesen wäre.Ich weiß Rechere ist langweillig und wird gerade bei Telepolis nicht so oft gemacht. Aber wenn man hier mal die Stromausfälle in Deutschland in den 60igern, 70igern und 80igern verglichen mit der Gegenwart hätte, hätte man festellen können, dass es früher alles andere als sicher war.
Tatsächlich hat die Anzahl und Dauer von Stromausfällen in den letzten Jahren sogar noch abgenommen, obwohl sie lt. den Apokalyptikern hätte zunehmen müssen.
https://www.feuerwehrmagazin.de/wissen/blackout-stromausfaelle-in-deutschland-99696
Dann die Sache mit der dezentralen Netzregulierung ... ja hört sich schön, aber ein Energienetz ist etwas anderes wie ein Informationsnetz (also das Internet). In einem Informationsnetz kann ich Daten zwischenspeichern und später ausliefern oder ich kann sagen, die daten suchen sich ihren Weg selbst. Das geht nur bedingt. Wenn ich jetzt bei Punkt A mehr Energie brauche, dann brauche ich jetzt mehr Energie, die die anderen Bereich liefern müssen sonst bricht das ganze Netz zusammen.
Den Punkt versucht man auf verschiedene Arten anzugehen. Eine davon sind bidirektionale Stromleitungen nach Norwegen von denen aktuell 2 mit einer Kapazität von jeweils 1,6GW gebaut werden. Die können dazu dienen überschüssigen Windkraftstrom aus Norddeutschland zu Pumpspeicherwerken in Norwegen zu leiten und bei Bedarf wieder zurück nach Deutschland zu holen.
Mehr zu dem Prinzip dahinter hier (ist aber schon etwas älter):
https://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/03/Supergrid/komplettansicht
Übrigens war es die Atom-FDP, die über den damaligen Wirtschaftsminister Brüderle anfänglich die Realisierung des Projekts zu verhindern suchte. Nach Fukushima ging die Genehmigung plötzlich ganz schnell.
Wobei ich dem Artikel wieder Recht gebe, dass eine zentrale Überwachung auch sehr anfällig ist. Vielleicht ist die Lösung irgendwo dazwischen. Mehrere Kontrollzentren, die sich die Macht teilen und weitere Kontrollzentren als Backup die einspringen, wenn ein der Hauptzentren ausfällt.
Darauf wird es hinauslaufen, denke ich.
Und was der Artikel so nicht erwähnt hat (oder ich habe es überlesen). Das Rückgrat ist das Leistungsnetz. Umsomehr Leitungen wir haben, desto dynamischer kann man auf aktuelle Ereignisse reagieren und die Energie von den kleinteiligen Erzeugern zu den kleinteiligen Verbrauchern bringen .... und gerade beim Thema Leitungen scheiden sich in Deutschland ja die Geister.
Das wäre Stoff für einen weiteren Artikel. Ich würde mir da von den Grünen auch eine klarere Kante wünschen, denn auch deren Basis steht an einigen Orten in Verdacht, neue Stromtrassen verhindern zu wollen (wobei es in meiner Region afaik in erster Linie CDU/FDP-nahe Bürgerinitiativen sind, die gegen Hochspannungsleitungen agitieren).
Aber wer mal eine zeitlang in den USA auf dem Land gelebt hat, der weiß, wenn das Dorf nur ein Zuleitung auf ein paar Holzmasten hat und die kippt der Sturm um, dann "is halt over".
Jupp, die sind Leid gewohnt, lernen aber nicht draus.
Flinx