Pnyx (1) schrieb am 24.12.2021 19:52:
Ich weiss nicht, warum man diesen sparsamen Ausführungen einen solchen Bullshit-Titel verpassen muss, der zur gerade auch in der christlichen Kultur verbreiteten Vorstellung beiträgt, es gäbe etwas - gennant Geist -, das unabhängig von Materie existieren könne. Ohne an dieser Stelle inhaltlich darauf einsteigen zu wollen - diese absurde Vorstellung trägt Entscheidendes bei zur Verachtung alles im pysikalischen Sinn Materiellen. Wer sich dem illusionären Ziel der Loslösung von Materie verschreibt, sieht sie als letzlich verzichtbare Krücke und behandelt sie auch so, inklusive eignen Körper. Als blosses Instrument, Mittel zum Zweck. Und schliesslich rächt sich das. Es ist eine Form der Selbstzerstörung.
Der Titel hat in der Tat keinen wirklichen Bezug zum Text über Lem. Und in Ihrem Rant über die Abkopplung des Geistes von der Materie kann ich Ihnen nur zustimmen.
Eine halbe Ewigkeit versucht der Mensch (ein maßgeblicher Teil der Menschheit), bzw. sein Ego schon mit seinem Geist seinen Körper zu beherrschen, zu kontrollieren, zu unterdrücken oder sich eben besser noch loszulösen.
Das wohl aufgrund der geringeren Flexibilität des Körpers gegenüber dem Geist, aufgrund der Beschränktheit, der Begrenztheit und schließlich auch der unzweifelhaften Endlichkeit des Körpers. So unterwirft der Körper des Geistes Ego immer wieder als so empfundenen Demütigungen.
Aber der Mensch ist bisher immer furchtbar darin gescheitert sich vom Körper loszulösen, trotz scheinbarer Teilerfolge. Er hat diese Illusion jedoch nie aufgegeben und kann sie nun mit scheinbaren zukünftigen technischen Möglichkeiten weiter spinnen. Bis auch diese auf vielleicht noch viel furchtbarerer Weise scheitern werden.
Aber was bedeutet es nun dem Körper sein Recht zu lassen, ihn nicht nur "als blosses Instrument und Mittel zum Zweck" zu sehen? Das ist wohl etwas, was der moderne Mensche erst wieder lernen und neu erkunden muss, denn viel davon ist versunken und verloren gegangen. Ich denke jedenfalls, dass die neumodischen Formen des Körperbewusstseins, all diese "Achtsamkeiten" seinem Körper gegenüber: Fitness, Yoga, gute Ernährung, gesundes Aussehen usw. nicht unbedingt etwas damit zu tun haben. Oft sind dies auch nur neue Spielarten des Geistes den Körper zu einem ihm unterworfenen Instrument zu machen.
Denn der Körper will gelebt werden und nicht bloss, nicht nur auf die bestmögliche Weise erhalten werden.
Die Grenze für alle diese Aussagen jedoch ist der Tod. Dass der Geist nicht wirklich vom Körper losgelöst sein kann, bedeutet für mich noch nicht, dass nach dem Tod nichts mehr von dem Menschen übrig bleibt, der er mal war.
Es ist klar, dass nichts vom Körper hinüber gehen kann (jedenfalls können wir uns so etwas nicht wirklich vorstellen), und auch kein Geist im üblichen Sinne, also einer mit Eigenschaften und Persönlichkeit. Doch was wirklich danach ist, ist aus meiner Sicht unwägbar. Der Übergang eines wie auch immer gearteten Geistes scheint mir genau so zweifelhaft zu sein, wie die völlige Auslöschung. Hier stoßen alle modernen oder bekannten Konzepte an eine Grenze.