Comran schrieb am 1. Juni 2006 8:06
...viel Überlegenswertes...
Ich stimme dir im Grundsatz zu - die Umwandlung von Arbeitszeit in
Freizeit mit Lohnausgleich wäre durchaus ein überlegenwerter Umstand.
Aber
(a) Die Qualifikation der Jobs steigt. Die Arbeitslosenrate nimmt
nicht gleichmäßig über die einzelnen Qualifikationsstufen ab, sondern
Arbeitsplätze gehen überproportional in niedrigqualifizierten
Bereichen verloren. Dies ist eine _typische_ Wirkung der
Automatisierung - je höher qualifiziert der Job, desto schwerer ist
die Automatisierung (BWLer sind da die Ausnahme, die die Regel
bestätigen).
Es wäre schön, wenn man aus einem Vollzeitjob zwei Halbzeitobs machen
könnte - aber das funktioniert nicht. Nicht mal unbedingt wegen der
Lohnnebenkosten (die sind überschätzt, dienen eher als politisches
Instrument), sondern wegen der Qualifizierung des Arbeitnehmers (hier
rächt sich übrigens die Ignoranz der Politik gegenüber dem dualen
Ausbildungssystem, das im Grundsatz tatsächlich besser qualifizierte
Arbeitnehmer ausstößt als andere Ausbildungssysteme - aber natürlich
auch das teuerste Ausbildungssystem global ist. Ein Umlagesystem, das
nicht ausbildenden Betrieben entsprechende Ausbildungskosten
aufbürdet, wäre durchaus sinnhaft). Ebenso ist eine exorbitante
Lohnbürokratie zu verzeichnen, die hauptsächlich bei den Unternehmen
liegt und die Arbeitskraft _lohnneutral_ verteuert (du scheinst dir
Gedanken um das Thema gemacht zu haben: Such mal nach, welche
lohnneutralen Kosten ein Unternehmen durch die Beschäftigung von
Arbeitnehmern hat).
(b) Das Reallohnniveau in den meisten Jobs liegt inzwischen am
Existenzminimum. Die Abschneidung von Arbeitsstunden mit
Lohnausgleich würde bedeuten, daß die Leute einen zweiten Job
brauchten, um zum Existenzminimum aufzufüllen. Und nein, ich will
damit nicht sagen, daß das Existenzminimum in Deutschland zu hoch
berechnet ist. In einem Land, wo die Baugenehmigung für eine
Gartenlaube teurer ist als in einem anderen land ein ganzes
EInfamilienhaus kann man die Existenzminima nicht vergleichen - und
man sollte dann auch vergleiche im Lohnniveau meiden (eines der
großen Probleme in Deutschland ist der Wegfall lokaler Märkte,
wodurch der Konsum nicht mit Eigenprodukten und ihrer der lokalen
Kostenstruktur angepaßten Preisstruktur gedeckt wird, sondern die
Preisstruktur der Waren eineer fremden Kostenstruktur entspricht.
Diese Konkurrenz _kann_ der Deutsche nicht gewinnen).
Übrigens sind unsere Politiker mit ihrer Arbeitslosenhetze da nciht
hilfreich. Es ist ziemlich bizarr, HIVer jetzt noch zu Null Euro in
Arbeitsstellen zu setzen, die auch Vollzeitkräfte besetzen könnten.
Oder meint irgendwer, daß das dann jemals wieder
sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen werden und der
Umlagefinanzierung dienen? So wird nur die Kostenstruktur lokal
produzierter Waren an die Kostenstruktur extern produzierter Waren
angepaßt - die Zeche dafür zahlen die Finanziers des Umlagesystems
(nicht fluchtfähige Unternehmer und die letzten armen Schweine in
sozialversicherungspflichtigen Jobs). Der Crash (nämlich die Pleite
derer, die ihre Investitionen aus Fremdmitteln getätigt haben und nun
in der Zinsfalle stecken, also mit niedrigeren Einnahmen aus der
Binnenmarktflaute heraus ihren Kapitaldienst nicht mehr leisten
können) ist absehbar. Das ändert dein Konzept der
Arbeitszeitbegrenzung auch nicht.
(c) as Verhältnis von Einkommen zu Leistung im Dienstleistungssektor
klafft immer mehr auf. Während man sich vor 10, 15 Jahren durchaus
für zwei bis drei Arbeitsstunden eine eigene Leistungsstunde
zurückkaufen konnte, muß man heute branchenabhängig durchaus 10-15
Stunden arbeiten, um eine eigene Arbeitsstunde zu refinanzieren.
Dabei ist es weitgehend uninteressant, ob man selbstständig oder
abhängig beschäftigt ist - die Tendenz ist sichtbar. Insofern ist
eher die Frage: Wo fließt das erarbeitete Kapital ab? Welche Kosten
liegen in Deutschland noch auf der Arbeitsleistung, daß derartige
Differenzen zwischen Einkommen und Marktwert der geleisteten Arbeit
liegen? Und vor allem: Dies ist ein Indikator für (a) - denn je
weiter diese Schere aufklafft, um so teurer ist der _Arbeitsplatz_ in
lohnneutraler Betrachtung, um so sinnvoller ist es für den
Arbeitgeber, die Arbeitszeit seiner Beschäftigten zu _verlängern_
(durchaus mit Lohnausgleich oder gar Überstundenzuschlägen).
Deine Idee ist im ersten Moment bestechend - aber sie funktioniert
nur, wenn man ignoriert, daß an einer Arbeitskraft auch lohnneutrale
Kosten anhängig sind. Rationalisierungseffekte hab ich da noch gar
nicht betrachtet. Ein guter Anfang wäre vielleicht, die gesamte
arbeitnehmerabhängige Bürokratie auch auf den Arbeitnehmer zu
verlagern - dieser ganze Blödsinn mit Arbeitgeberanteil (der nur
verschleiert, daß dem Arbeitnehmer von seinem Bruttolohn nicht nur
1/3, sondern die glatte Hälfte für die Sozialkassen weggenommen
wird), Treuhandkonten und was sonst noch an bürokratischem
Schwachsinn anliegt soll er doch selbst machen. Macht er ja praktisch
sowieso schon, wenn er eine eigenen Einkommenssteuererklärung abgibt.
Wenn die Arbeitsplatzkosten neutralisiert werden, könnte man über ein
solches Modell nachdenken - solange aber zwei 4-Stunden-Kräfte
erheblich mehr als eine 8-Stunden-Kraft kosten, wird dein Vorschlag
nicht durchsetzbar sein. Im Idealfall sollte die Jobaufsplittung
_kostenneutral_ sein.
CU
...viel Überlegenswertes...
Ich stimme dir im Grundsatz zu - die Umwandlung von Arbeitszeit in
Freizeit mit Lohnausgleich wäre durchaus ein überlegenwerter Umstand.
Aber
(a) Die Qualifikation der Jobs steigt. Die Arbeitslosenrate nimmt
nicht gleichmäßig über die einzelnen Qualifikationsstufen ab, sondern
Arbeitsplätze gehen überproportional in niedrigqualifizierten
Bereichen verloren. Dies ist eine _typische_ Wirkung der
Automatisierung - je höher qualifiziert der Job, desto schwerer ist
die Automatisierung (BWLer sind da die Ausnahme, die die Regel
bestätigen).
Es wäre schön, wenn man aus einem Vollzeitjob zwei Halbzeitobs machen
könnte - aber das funktioniert nicht. Nicht mal unbedingt wegen der
Lohnnebenkosten (die sind überschätzt, dienen eher als politisches
Instrument), sondern wegen der Qualifizierung des Arbeitnehmers (hier
rächt sich übrigens die Ignoranz der Politik gegenüber dem dualen
Ausbildungssystem, das im Grundsatz tatsächlich besser qualifizierte
Arbeitnehmer ausstößt als andere Ausbildungssysteme - aber natürlich
auch das teuerste Ausbildungssystem global ist. Ein Umlagesystem, das
nicht ausbildenden Betrieben entsprechende Ausbildungskosten
aufbürdet, wäre durchaus sinnhaft). Ebenso ist eine exorbitante
Lohnbürokratie zu verzeichnen, die hauptsächlich bei den Unternehmen
liegt und die Arbeitskraft _lohnneutral_ verteuert (du scheinst dir
Gedanken um das Thema gemacht zu haben: Such mal nach, welche
lohnneutralen Kosten ein Unternehmen durch die Beschäftigung von
Arbeitnehmern hat).
(b) Das Reallohnniveau in den meisten Jobs liegt inzwischen am
Existenzminimum. Die Abschneidung von Arbeitsstunden mit
Lohnausgleich würde bedeuten, daß die Leute einen zweiten Job
brauchten, um zum Existenzminimum aufzufüllen. Und nein, ich will
damit nicht sagen, daß das Existenzminimum in Deutschland zu hoch
berechnet ist. In einem Land, wo die Baugenehmigung für eine
Gartenlaube teurer ist als in einem anderen land ein ganzes
EInfamilienhaus kann man die Existenzminima nicht vergleichen - und
man sollte dann auch vergleiche im Lohnniveau meiden (eines der
großen Probleme in Deutschland ist der Wegfall lokaler Märkte,
wodurch der Konsum nicht mit Eigenprodukten und ihrer der lokalen
Kostenstruktur angepaßten Preisstruktur gedeckt wird, sondern die
Preisstruktur der Waren eineer fremden Kostenstruktur entspricht.
Diese Konkurrenz _kann_ der Deutsche nicht gewinnen).
Übrigens sind unsere Politiker mit ihrer Arbeitslosenhetze da nciht
hilfreich. Es ist ziemlich bizarr, HIVer jetzt noch zu Null Euro in
Arbeitsstellen zu setzen, die auch Vollzeitkräfte besetzen könnten.
Oder meint irgendwer, daß das dann jemals wieder
sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen werden und der
Umlagefinanzierung dienen? So wird nur die Kostenstruktur lokal
produzierter Waren an die Kostenstruktur extern produzierter Waren
angepaßt - die Zeche dafür zahlen die Finanziers des Umlagesystems
(nicht fluchtfähige Unternehmer und die letzten armen Schweine in
sozialversicherungspflichtigen Jobs). Der Crash (nämlich die Pleite
derer, die ihre Investitionen aus Fremdmitteln getätigt haben und nun
in der Zinsfalle stecken, also mit niedrigeren Einnahmen aus der
Binnenmarktflaute heraus ihren Kapitaldienst nicht mehr leisten
können) ist absehbar. Das ändert dein Konzept der
Arbeitszeitbegrenzung auch nicht.
(c) as Verhältnis von Einkommen zu Leistung im Dienstleistungssektor
klafft immer mehr auf. Während man sich vor 10, 15 Jahren durchaus
für zwei bis drei Arbeitsstunden eine eigene Leistungsstunde
zurückkaufen konnte, muß man heute branchenabhängig durchaus 10-15
Stunden arbeiten, um eine eigene Arbeitsstunde zu refinanzieren.
Dabei ist es weitgehend uninteressant, ob man selbstständig oder
abhängig beschäftigt ist - die Tendenz ist sichtbar. Insofern ist
eher die Frage: Wo fließt das erarbeitete Kapital ab? Welche Kosten
liegen in Deutschland noch auf der Arbeitsleistung, daß derartige
Differenzen zwischen Einkommen und Marktwert der geleisteten Arbeit
liegen? Und vor allem: Dies ist ein Indikator für (a) - denn je
weiter diese Schere aufklafft, um so teurer ist der _Arbeitsplatz_ in
lohnneutraler Betrachtung, um so sinnvoller ist es für den
Arbeitgeber, die Arbeitszeit seiner Beschäftigten zu _verlängern_
(durchaus mit Lohnausgleich oder gar Überstundenzuschlägen).
Deine Idee ist im ersten Moment bestechend - aber sie funktioniert
nur, wenn man ignoriert, daß an einer Arbeitskraft auch lohnneutrale
Kosten anhängig sind. Rationalisierungseffekte hab ich da noch gar
nicht betrachtet. Ein guter Anfang wäre vielleicht, die gesamte
arbeitnehmerabhängige Bürokratie auch auf den Arbeitnehmer zu
verlagern - dieser ganze Blödsinn mit Arbeitgeberanteil (der nur
verschleiert, daß dem Arbeitnehmer von seinem Bruttolohn nicht nur
1/3, sondern die glatte Hälfte für die Sozialkassen weggenommen
wird), Treuhandkonten und was sonst noch an bürokratischem
Schwachsinn anliegt soll er doch selbst machen. Macht er ja praktisch
sowieso schon, wenn er eine eigenen Einkommenssteuererklärung abgibt.
Wenn die Arbeitsplatzkosten neutralisiert werden, könnte man über ein
solches Modell nachdenken - solange aber zwei 4-Stunden-Kräfte
erheblich mehr als eine 8-Stunden-Kraft kosten, wird dein Vorschlag
nicht durchsetzbar sein. Im Idealfall sollte die Jobaufsplittung
_kostenneutral_ sein.
CU