Als Erstes wird hier so getan, als gäbe es eine enge militärische
Zusammenarbeit auf EU Ebene nicht und Berlin wäre jetzt etwas
ganz Neues eingefallen. Das ist natürlich kompletter Unfug. Das
der Autor hier offenkundig keinen Schimmer hat sieht man schon
in der Einleitung.
der für eine Ausweitung der "militärischen Zusammenarbeit unter
den EU-Mitgliedern" plädierte - inklusive Hauptquartier und
EU-Kampftruppen.
Ach. EU Kampftruppen? Dazu gleich was.
Gerade Transatlantiker nutzen diesen Blödsinn ausgiebig, weil
ihnen die CSDP schon seit je her ein Dorn im Auge war. Eben
weil sie nicht unter dem Dach der NATO steht sondern eine
Parallelstruktur darstellt, die von Washington aus nicht wirklich
kontrollierbar ist. Bis vor etwa 10 Jahren war das aber eher ein
Debattierclub und insofern nicht sonderlich relevant. Seit 2005
verfügt die Union aber mit den Kampfgruppen (ja Konicz,
die gibt es schon über 10 Jahre) über mehr oder weniger
eigentständige Reaktionskräfte. Das sind zwar insg. nur gut
30.000 Mann. Allerdings hat der Spaß dadurch einen etwas
anderen Drall bekommen und seit dem ist man an einigen
Stellen darüber am Überlegen, wie man das wieder los wird.
Einige weil sie es als Redundanz sehen. Andere weil sie es
als Gefährdung ihrer Interessen sehen.
Einfach mal Art. 42 der Lisabon Verträge lesen und sich mit der
CSDP befassen. Das sind beides jetzt keine neuen deutschen
Strategiepapiere. Mal gefragt wer eigentlich die EU in den
"aktuellen EU Mission" so ist? Das ist die EU.
Die Behauptung, dass das neu wäre ist genauso faktisch falsch
wie die Behauptung, dass das eine Idee aus Berlin wäre. Die EU
hatte schon immer eine Verteidigungskomponente, seit Jahren
eine konkrete militärische und daran arbeitet auch keineswegs
nur Berlin. Frankreich, Italien, Spanien und einige andere kleinere
ziehen ebenfalls in die Richtung. Nur eben nicht alle. Z.B. nicht
die Insel oder Polen. Und genau aus dem Grund warum die nicht
mitziehen, ziehen die anderen.
Und fast zuletzt: Deutschland ist nicht der "unbestrittene
Entscheidungsträger und Machthaber der EU". Das ist auch
so eine lustige Behauptung, die sich nicht wirklich mit der
Realität deckt. Man könnte zur Zeit durchaus den Eindruck
gewinnen. Das liegt aber nicht an uns sondern an den anderen.
Die EU macht zur Zeit den Eindruck als wäre sie ein komplett
handlungsunfähiger Kindergarten wo Probleme verschwinden,
wenn man nur lange genug die Augen zumacht. Das war in
Griechenland so und das war in der Flüchtlingskrise so. In
keinem der beiden Fällen haben wir uns vorne angestellt.
Beides hat uns nicht die Bohne interessiert bis es 5 nach 12
war.
Wir haben einen Stimmanteil von 8,2%. Das ist etwa die Hälfte
dessen, was wir an Bevölkerungsanteil haben. Damit ist man
der Entscheidungsträger und Machthaber? Und das auch noch
unbestritten? Das sollte man mal der Fraktion der Linken im
Parlament stecken. Es scheint die bleiben hinter ihren Möglich-
keiten weit zurück.
So. Und jetzt das Schlusswort. Das Problem ist schlicht die
alte Querfront in Kombination mit sehr konkreten und etwas
inkompatiblen Vorstellungen.
Auf der einen Seite wollen die USA eine stärkere europäische
Militarisierung. Aber eben unter dem Dach der NATO, wo man
effektiv das Zepter schwingt.
Einige EU Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und Italien,
sehen das grundsätzlich durchaus ähnlich. Man möchte sich
dabei aber nicht zwangsläufig in eine grundsätzlich nicht not-
wendige Abhängigkeit der US geführten Strukturen begeben.
Das Problem für die Transatlantiker besteht darin, dass aus-
gerechnet Deutschland und Frankreich in dieser Variante
im Vergleich zur NATO deutlich an Gewicht zunehmen würden,
während England seinen Backchannel-Sonderstatus verlieren
würde. Gleichzeitig sind Deutschland und Frankreich auch beide
nicht wirklich auf Linie was die Russen angeht. Das ist auch der
Hauptgrund warum Washington gar nicht gut auf die Brexit-Spezies
zu sprechen ist. Wenn die Insel die EU verlässt, gewinnen
Deutschland und Frankreich auch da weiter an Gewicht. Damit
sind dann nur noch Polen und die baltischen Staaten übrig.
Und das ist der Grund warum man in Washington Bremsspuren
in der Hose hat. Es besteht die latente Gefahr den kalten Krieg
gewonnen zu haben und trotzdem hochhaus zu verlieren. Die
USA haben außer der EU nur die 5 Kanadier. Und selbst die
sind ein bisschen wackelig.
Wenn TTIP auch noch schief geht - was nicht unwahrscheinlich
ist; insb. wenn Clinton aussteigen muss - dürfte das für einen
Herzklabaster 1. Klasse sorgen.
Ich sehe da jetzt nicht so die Gefahr aber die USA betrachten
das eben aus einem anderen Blickwinkel. Deshalb sind sie
auch so paranoid und müssen genau wissen mit wem Merkel
und Hollande auf dem Klo telefonieren ... könnte ja Putin sein.