Nützy schrieb am 25. Mai 2012 17:06
> schopy schrieb am 25. Mai 2012 17:00
>
> > Philosophie seit etwa dem Anfang des 20.Jahrhunderts:
> > Eine Wissenschaft, die Selbstmord verübt hat.
>
> Und warum?
Bin mir nicht sicher. Nach meinen Erfahrungen mit der
Kathederphilosophie hat es unter anderem etwas mit Feigheit zu tun.
> Etwa, weil du die Entwicklung der Philosophie seit dieser Zeit nicht
> mehr magst? ;-)
Anders herum:
Ich mag die Entwicklung der Philosophie seit dieser Zeit nicht,
*weil* sie als Disziplin Selbstmord verübt hat. Das unbedingte
Wissenwollen ist nicht mehr vorhanden - inklusive der Bereitschaft,
Fehler einzugestehen, die während des Herausfindens unvermeidlich
sind.
Deshalb will man nicht mehr Herausfinden, "was die Welt im Inneren
zusammenhält". Die aktuelle Philosophie flüchtet sich lieber hinter
ein falsch verstandenes "Letztendlich kann man eh nix wissen!" der
Dummköpfe, die eine Ausrede brauchen, Dummkopf bleiben zu dürfen, und
klärt Begriffe als Verbindungsoffizier!
Kein Philosoph wird die Wichtigkeit von möglichst klar definierten
Begriffen bestreiten. Aber Begriffe sind nur das Transportmittel für
Gedanken und Einsichten. (Jaja, ich weiß schon, ein Transportmittel,
das das Transportierte formt und ein Stück weit bestimmt...)
Nach Kant/Fichte (evtl. sollte man noch Hegel erwähnen) hat sich die
Mainstream-Philosophie Anderem, leichter Zugänglichem zugewendet
(oder hat geheideggert). Es gab keine Weiterentwicklung - auch nicht
in dem Sinne, dass irgendwer einen herben Fehler bei Kant/Fichte
entdeckt hätte und darauf hin was Neues/Besseres gemacht hätte. Das
Wissenwollen kam einfach aus der Mode und hat sich in kleine
erlauchte Kreise zurückgezogen.
Nimm etwa die sogenannte Analytische Philosophie angelsächsischer
Prägung mit z.B. ihren "Analysen" der transzendentalen Argumente
(ausgehend von z.B. Strawson, dann Bennett über Strawson, dann XY
über "Bennett über Strawson" etc.): Das wird von niemandem, der
Transzendentalphilosophie auch nur halbwegs kapiert hat, ernst
genommen. Die haben in weniger als 30 Jahren einen Grad von
Verkrustung erreicht, für den die Scholastik ein paar Hundert Jahre
gebraucht hat. Der Selbstmord einer Teildisziplin. Ähnliches kann man
auch über die Versuche des sog. Wiener Kreises sagen und vielen
andern Strömungen.
Eine "Philosophie", die sich bei der Auseinandersetzung mit Kants KrV
auf Begriffsklärung und auf diese höchst seltsame "Analyse
transzendentaler Argumente" beschränkt, gleicht jemandem, der von
seiner Traumfrau zu einer Liebesnacht eingeladen wird, ihr vor Lust
bibbernd aus den Kleidern hilft, um dann - mit den Kleidern zu
spielen.
Was ich hier für die angelsächsische Analytische Philosophie
angedeutet habe, gilt für den Mainstream der Philosophie insgesamt.
Verdient Sloterdijk die Bezeichnung "Philosoph"? Und Precht? Nur weil
die Massenmedien des 21. Jahrhunderts sie so nennen? Weil wir halt
nichts Besseres mehr haben?
Und in der Universität? Ich habe meinen Magistervater nach einer
längeren Diskussion eines KrV-Details mal gefragt, was denn nun seine
eigene Position hierzu sei. Er hat daraufhin verschiedene - teils
sich gegenseitig ausschließende - Meinungen aus der Sekundärliteratur
referiert. "Ja, ok, und wie sehen Sie selbst das?" Keine Antwort.
Ausweichen. Bloß nicht inhaltlich Position beziehen. Feigheit...
Edit:
Der Typo, den ich selbst entdeckt habe.
> schopy schrieb am 25. Mai 2012 17:00
>
> > Philosophie seit etwa dem Anfang des 20.Jahrhunderts:
> > Eine Wissenschaft, die Selbstmord verübt hat.
>
> Und warum?
Bin mir nicht sicher. Nach meinen Erfahrungen mit der
Kathederphilosophie hat es unter anderem etwas mit Feigheit zu tun.
> Etwa, weil du die Entwicklung der Philosophie seit dieser Zeit nicht
> mehr magst? ;-)
Anders herum:
Ich mag die Entwicklung der Philosophie seit dieser Zeit nicht,
*weil* sie als Disziplin Selbstmord verübt hat. Das unbedingte
Wissenwollen ist nicht mehr vorhanden - inklusive der Bereitschaft,
Fehler einzugestehen, die während des Herausfindens unvermeidlich
sind.
Deshalb will man nicht mehr Herausfinden, "was die Welt im Inneren
zusammenhält". Die aktuelle Philosophie flüchtet sich lieber hinter
ein falsch verstandenes "Letztendlich kann man eh nix wissen!" der
Dummköpfe, die eine Ausrede brauchen, Dummkopf bleiben zu dürfen, und
klärt Begriffe als Verbindungsoffizier!
Kein Philosoph wird die Wichtigkeit von möglichst klar definierten
Begriffen bestreiten. Aber Begriffe sind nur das Transportmittel für
Gedanken und Einsichten. (Jaja, ich weiß schon, ein Transportmittel,
das das Transportierte formt und ein Stück weit bestimmt...)
Nach Kant/Fichte (evtl. sollte man noch Hegel erwähnen) hat sich die
Mainstream-Philosophie Anderem, leichter Zugänglichem zugewendet
(oder hat geheideggert). Es gab keine Weiterentwicklung - auch nicht
in dem Sinne, dass irgendwer einen herben Fehler bei Kant/Fichte
entdeckt hätte und darauf hin was Neues/Besseres gemacht hätte. Das
Wissenwollen kam einfach aus der Mode und hat sich in kleine
erlauchte Kreise zurückgezogen.
Nimm etwa die sogenannte Analytische Philosophie angelsächsischer
Prägung mit z.B. ihren "Analysen" der transzendentalen Argumente
(ausgehend von z.B. Strawson, dann Bennett über Strawson, dann XY
über "Bennett über Strawson" etc.): Das wird von niemandem, der
Transzendentalphilosophie auch nur halbwegs kapiert hat, ernst
genommen. Die haben in weniger als 30 Jahren einen Grad von
Verkrustung erreicht, für den die Scholastik ein paar Hundert Jahre
gebraucht hat. Der Selbstmord einer Teildisziplin. Ähnliches kann man
auch über die Versuche des sog. Wiener Kreises sagen und vielen
andern Strömungen.
Eine "Philosophie", die sich bei der Auseinandersetzung mit Kants KrV
auf Begriffsklärung und auf diese höchst seltsame "Analyse
transzendentaler Argumente" beschränkt, gleicht jemandem, der von
seiner Traumfrau zu einer Liebesnacht eingeladen wird, ihr vor Lust
bibbernd aus den Kleidern hilft, um dann - mit den Kleidern zu
spielen.
Was ich hier für die angelsächsische Analytische Philosophie
angedeutet habe, gilt für den Mainstream der Philosophie insgesamt.
Verdient Sloterdijk die Bezeichnung "Philosoph"? Und Precht? Nur weil
die Massenmedien des 21. Jahrhunderts sie so nennen? Weil wir halt
nichts Besseres mehr haben?
Und in der Universität? Ich habe meinen Magistervater nach einer
längeren Diskussion eines KrV-Details mal gefragt, was denn nun seine
eigene Position hierzu sei. Er hat daraufhin verschiedene - teils
sich gegenseitig ausschließende - Meinungen aus der Sekundärliteratur
referiert. "Ja, ok, und wie sehen Sie selbst das?" Keine Antwort.
Ausweichen. Bloß nicht inhaltlich Position beziehen. Feigheit...
Edit:
Der Typo, den ich selbst entdeckt habe.