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235 Beiträge seit 04.04.2002

Kausalkette

Einen schönen Tag wünsche auch ich,

...
> mediengerechte Präsentation künden, muten die israelischen Berichte
> um die Anschläge zurückhaltend und keineswegs reisserisch an.

Die andernorts erwähnten israelischen Reaktionen auf eine
Übertreibung des Berliner Polizeipräsidenten und auch die israelische
Reaktion auf die Wahlen in Frankreich(packt die Koffer und kommt) ist
sicherlich ebenfalls reisserisch.
Außerdem sind mir die arabischen Bestattungsriten nicht vertraut,
kann also nicht einschätzten, ob das vielleicht normal ist.
Allerdings glaube ich zu wissen, das lauthals wehklagende
Frauen(Klageweiber) Tradition sind und nix reisserisches.
Auch sind Bestattungen von Opfern einer Gewaltherrschaft schon immer
Orte des Protestes gewesen, weil nur ganz wenige Machthaber so weit
gehen und auf Trauerzüge schießen lassen. Ich errinnere mich zu
diesem Punkt an die 80er, wo Bestattungen von Opfern des
Apartheidstaates, des damals besten Verbündeten Israels i.Ü., 
wöchentlich zu Massendemonstrationen führten.
Desweitern ist es in Deuschland z.B. offensichtlich Pflicht, bevor
man offiziell irgendwas zum Thema sagt, daß man sich von den
Attentaten distanziert und sein Mitgefühl mit den israelischen Opfern
ausdrückt.
Eine entsprechende Verpflichtung den palästinensischen Opfern
gegenüber scheint nicht zu existieren. Die beschreibt man immer mit
"Opfer auf beiden Seiten". Analysier doch mal bitte die Äußerungen
all unserer Politiker zum Thema. Falls mal eine der politischen Huren
sich nicht hunderprozentig an dieses Schema hält, wird sie von allen
Seiten abgemahnt und geht auch prompt nach Canossa. (z.B. Möllemann)
Die deutsche politische Klasse ist definitiv proisraelisch.
Allerdings war das in diesem Zweig nicht das Thema....

> Analogien zu My Lai kann ich genausowenig entdecken, wie die zu
> Katyn.
> Während jene beiden Massaker als solche gewertet werden und
> historisch unstrittig sind, hat Racak einen anderen Charakter und
> könnte als Lehrbeispiel für Djenin gedient haben.
Mein letzes Post war kein Widerspruch, sondern eine teilweise
Zustimmung.
In gewisser Weise hat im Konfliktfall jeder ein Interesse an Untaten
des Gegners und besonders daran, daß diese propagiert werden,
unabhängig davon, ob diese frei erfunden sind (z.B. Racak,
tschechische Massaker im Sudetenland usw.), in Wahrheit selbst
begangen wurden(z.B. Katyn aus sowjetischer Sicht, Explosion der
Maine, Tongkingzwischenfall, Sender Gleiwitz usw.), nicht bewiesen
sind (z.B. Dschenin), sie wirklich so passiert sind(z.B. My Lai,
Agent Orange oder der jüdische Holocaust) oder man selbst das selbe
getan hat oder hätte(z.B. Katyn aus deutscher Sicht, Dresden aus
deutscher Sicht, Coventry aus britischer, Pearl Harbour aus
amerikanischer usw.).
Bitte nicht falsch verstehen. Natürlich hatten die Juden kein
Interesse an der Shoa. Selbstverständlich haben sie aber ein
Interesse an der politischen Auswertungen dieses Verbrechens. In
diesem Fall haben sie sogar ein Recht drauf, weil das ja unter meine
Kategorie "so passiert sind" gehört.
Andersherum hat jeder ein Interesse, seine eigenen Untaten zu
vertuschen, zu verniedlichen, zu erklären, zu vergleichen mit anderen
Untaten,  zu verrechnen oder einfach zu leugnen.
(Israel leugnet Dschenin, obwohl vielleicht doch was war;
Stahlbetonnazis leugnen bis heute Auschwitz, Nazis reden sich mit den
Verbrechen der anderen raus, die USA behauptet, die zweite Atombe sei
militärisch notwendig gewesen; die Türkei verbietet
Französischunterricht, weil das französische Parlament den
Armenischen Holocaust als Genozid anerkennt usw.)

Es ist immer das selbe, egal ob es nur eine Radiostation war oder 6
Millionen tote Juden.

Was ich eigentlich sagen wollte:
Nur weil Arafat natürlich ein politisches Interesse daran hat, daß
Dschenin ein Massaker ist, muß es kein's sein. Aber genauso unwahr
ist doch, daß es nur deshalb, weil die Palästinenser
selbstverständlich versuchen Dschenin politisch zu
instrumentalisieren, Dschenin kein Massaker war.
Auch Israel instrumentalisiert den Holocaust. Deshalb kann man doch
nicht behaupten, daß er nicht passiert ist.
Nach Deiner "Wem nutzt es?" bzw. "Wer schreit lauter?"-Lesart könnte
man doch schlußfolgern, daß Israel aufgrund der deutschen Schuld doch
schon einiges an Geld aus Deutschland bezogen hat , also Nutzen
hatte, also der Holocaust eine israelische Erfindung ist. Mit Deinem
Denkansatz komme ich zur Auschwitzlüge.
Aufs WTC bezogen, obwohls da schon wahrscheinlicher wird, könnte man
ja auch ähnliche "Wem nutzt es"-Kausalketten aufbauen.
Wem hat's denn genutzt? Innenminister weltweit können jetzt all das
machen, was sie schon immer mal machen wollten. GI's stehen jetzt da,
wo vor 12 Jahren noch Sowjetunion war und jeder Gangsterstaat dieser
Welt darf inzwischen infolge des 11. September seine inneren Gegner
unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung meucheln.
Außerdem hab ich in meinem Leben noch nie penetrantere Propaganda
ertragen müssen. Wenn Du behauptest, daß die die Berichterstattung
über Dschenin reßerisch sei, was bitteschön war dann der halbjährige
Medienrummel um' s WTC?

> Interessanter als das, was in israelischen oder palästinensischen 
> Geschichtsbüchern stehen könnte ist imo die Frage, 
> wird hier mit Hilfe von 'Anteilnahme' erzeugender Berichterstattung
> erneut (wie eben schon im Jugoslawienkrieg) der Versuch unternommen,
> potente Koalitionäre für die Entscheidungsschlacht zu gewinnen?
Anteilnahme in Hochkomma zu setzen erscheint mir recht inhuman. Im
Kontext kann ich's aber verstehen.
Natürlich ist der Zusammenhang nicht von der Hand zu weisen. Habe
wirklich nie was anderes gemeint.
Aber: Ich glaube Dich beruhigen zu können.
Im Falle Racak war doch die NATO nicht Opfer albanischer Propaganda.
Racak kam der NATO ganz recht oder wurde gar von ihr selbst erfunden.
Die suchten einen Anlaß und fanden ihn.
Auch der erste Weltkrieg wurde nicht geführt, weil Princip auf
ferdinand schoß.
Die Palästinenser scheinen das nicht begriffen zu haben und glauben
offenbar der NATO-Propaganda.
Falls die NATO wirklich Krieg mit Israel wollte, würde es
wahrscheinlich reichen, daß Scharon Arafat verbal beleidigt.
Da sie ihn ganz sicher nicht will, würde sie selbst im Falle
eines(noch unwahrscheinlichen) vollständigen Genozids an den 2Mill
Palästinensern keinen Finger rühren.
Selbst die arabischen Könige und Scheichs haben kein wirkliches
Interesse daran, die Juden wieder in's Meer zu jagen. Im Gegenteil!
Wie ich andernorts schon mal meinte und was zu meiner Untatentheorie
passt, die brauchen doch Israel als Blitzableiter.
Wenn's den Palästinakonflikt nicht geben würde, wäre Saudi Arabien
vielleicht inzwischen eine Republik ergo ein Schurkenstaat.

Teil 2 folgt

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