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  • evl

mehr als 1000 Beiträge seit 08.02.2002

Naja, Frankreich war sehr viel vermögender als Deutschland

4acht schrieb am 11.02.2024 11:08:

Wir sehen eine Art zu kochen, wie es sie heute eigentlich nicht mehr gibt, auf die aber bis heute immer noch einige Küchenchefs schwören. Solche Küchen bekommt man heute nur noch für extrem viel Geld. Im 19. Jahrhundert, in dem dieser Film spielt, waren sie die Regel.

so wollen wir mal ein Blick in die deutsche Küche im 19.Jahrhundert werfen

https://www.grin.com/document/39299#:~:text=Um%201800%20zählten%20ca.,Landhandwerkern%2C%20Heimarbeitern%20und%20Taglöhnern%20betroffen.

daraus

Um 1800 zählten ca. 50% der damaligen Bevölkerung Deutschlands zu den potentiell Armen – gehörten somit der Unterschicht an[8]. Auf dem Lande fristeten gar 70-80% der Familien ein Leben am Existenzminimum. Hier waren hauptsächlich die Familien von Kleinstbesitzern, Landhandwerkern, Heimarbeitern und Taglöhnern betroffen.
In der Stadt hingegen waren neben Bettlern, Vagabunden etc. schwerpunktmäßig Manufaktur- und Heimarbeiter, Tagelöhner, die meisten Gesellen aber auch ein gutes Drittel der zünftigen Meister von der (potentiellen) Armut betroffen.

nicht mal die nötigen Zutaten zur Kunst waren vorhanden

Das Novum am Pauperismus des 19. Jahrhunderts war die Tatsache, dass die Landwirtschaft aufgrund des stetigen Bevölkerungswachstums nicht mehr in der Lage war, die Ernährung der Gesamtbevölkerung abzusichern

der zarte Nietzsche hat es übrigens mit dem Magen

4acht

Danke für den Blick ins Deutschland des 19. Jahrhunderts. Es muss aber gesagt werden dass das Frankreich des 19. Jahrhunderts sehr viel reicher als Deutschland war (welches es eigentlich noch gar nicht gab...). Erstens gibt es viel mehr fruchtbares Land als in Deutschland, besonders mit den damaligen Mitteln, aber wesentlich wichtiger, es gab in Frankreich schon damals sowas wie eine Mittelschicht von größeren Landbesitzern, Händlern und Kunstgewerbe. So lebten im 19. Jahrhundert "nur" etwa ein drittel der Bevölkerung in Armut.

Eben weil es in Frankreich, anders als in Deutschland oder England, eine bedeutende Mittelschicht gab, welche sich bescheidenen Luxus bei der Ernährung sich leisten konnte, ist die französische kulinarische Tradition entstanden: es war für ein bedeutender Teil der Bevölkerung (40-50%) selbstverständlich dass gutes Essen nicht nur der Aristokratie vorbehalten war (obwohl natürlich die Exzesse der Aristokratie für 99% der Bevölkerung unerreichbar war...).

Diese Mittelschicht war a) der Haupttreiber der französischen Revolution, weil es eine große Bevölkerung gab die vom Abstieg gefährdet war durch die französische Politik (eine Warnung an die deutsche Politik!) Und b) eines der Gründe warum die Industrialisierung so schleppend voran ging in Frankreich. Es gab nicht einen praktisch unerschöpflichen Pool von Habenichten für die die sklavenmäßigen Arbeitsbedingen in den Fabriken zum ersten Mal ein sicheres Einkommen bescherte.

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