Es geht doch nicht mehr um Gleich-Berechtigung. Es geht um Privilegien, um Quoten!
Aber auch bitteschön nicht für durch das Patriarchat ohnehin bevorzugte weiße Männer!
Aus Sicht so mancher LGBTQ*-Aktivisten war doch schon die Abschaffung des 175er ein Fehler! Der traf doch nur die Privilegierten, weil weiß und männlich.
Jetzt müssen erstmal noch die cis-Lesben aus den Gremien vertrieben werden zugunsten der trans* und inter* sowie non-binären*. Cis-irgendwas ist immer privilegiert und damit verdammungswürdig.
Außerdem gilt es noch die Nonkonformisten unter den "sexuell Deprevierten", diesen aufmüpfigen Lustmolchen, einzuhegen und ihnen ihre dämlichen Freiräume zu beschneiden. Die stören doch die Anpassung an die Gesellschaft.
Wegen derem Verhalten hat das auch mit der Anerkennung und der Ehe so lange gedauert. Wenn die ihre Sexualität im stillen Kämmerlein und hinter verschlossenen Türen, im Dunkeln, wie jeder anständige (Spieß-)Bürger ausleben würden, anstatt in Saunen, Clubs und Parks, wenn sie damit gegenüber anderen Bürgern endlich mal die Klappe halten würden, anstatt hausieren zu gehen, dass sie daheim eine/n Partner/in gleichen Geschlechts sitzen haben, dann wären sie und wir* doch schon längst völlig in der Gesellschaft akzeptiert und verankert. Dann hätten wir auch endlich die so dringend herbeigesehnten Gender-Quoten an den Fleischtöpfen des Kapitals...
Dieser innere Konflikt der "Bewegung" ist mindestens so alt wie "Stonewall". Spießbürgerliche Schrankschwule gegen offene Aktivismusschwule. Nur, dass sich das ganze inzwischen genau umgedreht hat und die neo-konservativen "Bewegungsschwestern", so noch nicht durch die oben angeführten Interessengruppen, die sich in der Vergangenheit nicht gerade durch Solidarität und Teilnahme hervorgetan haben, sondern lieber ins warme Nest gehüpft sind, fordern mit schrillem aktivistischem Geschrei, die anderen in den Schrank zu sperren.
Dass du sie evtl. stärker wahrnimmst, liegt dabei eher daran, dass sie gleichzeitig aus ihrer "Identität" Privilegien schöpfen wollen (s.o.) und dafür natürlich die bunte Bühne nutzen, von der sie die anderen, welche selbige für einen echten Kampf um Grundrechte nutzten, geschubst haben.
Der durchschnittliche Schwule ist im normalen Leben kein Paradiesvogel, dem man seine sexuelle Orientierung auf Kilometer ansieht oder -hört. Er ist der ganz normale Typ von nebenan. (Trifft auch auf Lesben zu, hab da aber weniger eigene Erfahrung und will mich nicht zu deren Sprachrohr machen...) Er lebt seine "Orientierung" genau so primär im Privaten aus, wie jeder Hetero, hat sich aber zusätzlich Freiheiten geschaffen, an die Heten nie gedacht haben. Wo der Familienvater im Bordell ordentlich blechen muss, hat der Schwule (bisher) den Club, den Cruisingspot oder die Sauna, um unentgeltliche Sexualkontakte zu knüpfen. Das alles soll ja, den neuen LGBTQ*-Aktivisten und Corona sei Dank, in der "neuen Normalität" nicht mehr vorkommen. Gleichberechtigung auch in der Sexualität bedeutet dann, die Freiheiten zu streichen und dass der Schwule künftig auch für Sex bezahlen soll, der ansonsten nur noch in der Ehe (wofür haben wir* die denn "erkämpft"?) stattzufinden hat, wie bei Ehepaar Meier von nebenan.
Poliamouröse oder offene Beziehungen - lange in der schwulen Welt vorherrschend - soll es, darf es da nicht mehr geben. Ist doch "Sodom und Gonnorhoe"...
Homo-Ehe kommt immer im Paket mit Homo-Scheidung...
Das was jetzt kräht und schillert ist das Partyvolk, das den §175 nicht mehr selbst erlebt hat und für das einmal im Jahr der Geburtstag von Christopher Street gefeiert wird als rauschende Ballnacht ohne unnötigen politischen Ballast. *fp* Die verachten die "alte Garde" nicht nur sexuell sondern auch politisch und haben für die einstigen "Frontkämpfer" um Freiheitsrechte nur Spott und Häme übrig.